Ausgabe 3/02, 11. März
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In der Krise gestärkt

Eduard Schewardnadse feiert seinen zehnten Jahrestag als Staatsoberhaupt Georgiens

Vor zwei Wochen noch schien es, als würde Eduard Schewardnadse den 7. März, den zehnten Jahrestag seiner Rückkehr nach Georgien, vielleicht nicht einmal in seinem Amt überleben. Da tobte die internationale Medienschlacht um das Pankisital und um den unmittelbar bevorstehenden Einsatz russischer oder amerikanischer Kampfeinheiten. Die abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien reagierten auf die verstärkte amerikanische Militärpräsenz mit Assoziierungsanträgen an Russland und luden russisches Militär zur Verteidigung gegen eine amerikanisch-georgische Invasion ein. Die Moskauer Staatsduma schloss sich dem an und in Tbilissi erschoss sich der Sektretär des Nationalen Sicherheitsrates, ein enger Vertrauter Schewardnadses und eine der Schlüsselfiguren der georgischen Politik. Gegen ihn war eine ungeheure Verleumndungskampagne lanciert worden, die sogar eine Mitwisserschaft Schewardnadses an politischen Morden einschloss. Für einige Stunden stellte Schewardnadse die Teilnehmahme am GUS-Gipfel in Alma Ata infrage, wo ihn nach Meinung vor allem vieler Moskauer Korrespondenten ausser einem Strafgericht Putins wenig Gutes erwartete. Und die Opposition in Georgien bereitete sich auf den raschen Fall des Alten vor, die georgischen Medien sowieso. Sie schreiben seit Monaten den Rücktritt Schewardnadses herbei und müssen sich jetzt damit auseinandersetzen, dass er fester im Sattel sitzt denn je.

Zunächst einmal konnte Schewardnadse seinen russischen Kollegen Putin angesichts der amerikanischen Militärberater, die er sich ins Land holen möchte, beruhigen. Ein Kampfeinsatz der Amerikaner im Pankisital stand nie zur Debatte, die US-Hubschrauber für die georgische Armee waren bereits seit Monaten geliefert, das Pilotentraining in vollem Gange. Alles Dinge, über die Russland längst unterrichtet war. Und gegen die zusätzliche Ausbildung von Spezialeinheiten zur Bekämpfung von Kriminaltität und Terrorismus durch Amerika hatte der russische Präsident nichts einzuwenden. „Keine Tragödie“ beschied er seinen aufgeregten Medien und Politikern in Moskau, Georgien sei ein selbständiges Land und könne sich Hilfe bei jedermann holen. Schewadnadse hörte es mit sichtlicher Freude, sein Coup, sich auch militärisch enger nach Westen zu orientieren, war perfekt. Schewardnadse ist im Dualismus um eine West- oder Nordorientierung seines Landes das Kunststück gelungen, sich dem Westen anzunähern und gleichzeitig das Einverständnis seines nördlichen Nachbarn zu holen, zumindest dessen Präsidenten. „Was Putin mir zugesgagt hat, hat er immer gehalten“ lobte ein sichtlich souveräner Schewardnadse seinen Moskauer Kollegen bei seiner Montags-Pressekonferenz gleich nach Alma Ata. Und selbstbewusst goss er einiges an Öl ins Feuer, als er sagte, Georgien sei das einzige Land der ehemaligen Sowjetunion, dem Russland kein Kriegsgerät aus dem Erbe der Roten Armee hinterlassen habe. Einigen in Russland sei wohl an ein wehrlosen Georgien gelegen, damit man es besser bevormunden könne. Damit ist jetzt Schluss. Georgien ist dabei, seine Armee besser auszurüsten und besser auszubilden. Und Hilfe dafür sei nur aus den USA zu erwarten, nicht aus Russland.

Das neue Einverständnis zwischen Putin und Schewardnadse ging noch weiter. Im Gegensatz zur allen Moskauer Turbulenzen in der Abchasienfrage liess Putin keinen Zweifel an seiner Absprache mit Schewardnadse aufkommen, dass Russland die territoriale Integrität Georgiens achte und ein selbständiges Abchasien niemals anerkennen werde. Der georgische Präsident konnte draufhin deutlich werden wie schon lange nicht mehr, als er sagte: „Abchasien und Südossetien bleibt nichts anderes übrig, als einen Staat mit Georgien zu bilden. Und das sollen sie sich merken!“ So spricht keiner, der politisch angeschlagen ist. Trotzdem, das weiss auch Schewardnadse zu genau, wird er seinen eigenen Leuten noch schwer verdaubare Kompromisse verkaufen müssen, wenn es zu einer Lösung in Abchasien kommen soll. Aber der Weg ist vorgegeben, solange sich Putin an seine Zusage erinnert.

Zu Hause angekommen setzte der Präsident, der zum ersten Mal seit Monaten im eigenen Lande wieder Sympathien erfuhr, gleich nach. Zunächst einmal strich er die Diskussion um die Einführung eines dem Parlament verantwortlichen Premierministers von der politischen Tagesordnung. Avtandil Jorbenadse, der von ihm eingesetzte Staatsminister erfülle seine Aufgabe im Stile eines Premierministers und zwar so gut, dass man sich eine Änderung der Verfassung vorläufig sparen könne. Dabei konterte Schewardnadse den Einwand, er selbst habe ja diese Verfassungsänderung vor einem Jahr vorgeschlagen, mit der Bemerkung, dass er sich bei der Unterschrift unter den entsprechenden Gesetzesantrag schon damals nicht sonderlich wohl gefühlt habe. Die alte und neue Opposition, die über die Verfassungsänderung die Machtfülle des Präsidenten beschneiden wollte, musste sich von diesem wieder einmal schulmeistern lassen.

Den Schlusstrich unter Schewardnadses Rückkehr zur alten Souveränität setzte er dann mit der Ernennung des neuen Sekretärs des Nationalen Sicherheitsrates. Den hoch sensiblen Posten im Sicherheitsapparat erhielt der bisherige georgische Botschafter in Washington Tedo Tschaparidse. Bevor dieser 1994 seine Position in den USA angetreten hatte, war er zwei Jahre lang Mitarbeiter im Nationalen Sicherheitsrat Georgiens. Sein Nachfolger in Washington wird der bisherige OSZE-Botschafter Georgiens. Auch diese Personalie zeigt, dass Eduard Schewardnadse jetzt endgültig den Joker Amerika gezogen hat. Und die USA haben jetzt im Zentrum der georgischen Sicherheitsdienste einen Mann postiert, den sie jetzt acht Jahr lang kennen lernen und vermutlich auch in ihrem Sinne beeinflussen konnten. Es wird ohne Frage ihr Mann sein.

Eduard Schewardnadse kann sein kleines Jubiläum als Staatschef also durchaus mit einiger Gelassenheit begehen, wenngleich ihm in den Medien der Welt das Gegenteil prophezeit wurde.

 

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