Ausgabe 3/02, 11. März
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Nur noch Zynismus: Modeschau im Pankisital

Das hat gerade noch gefehlt. Die georgische Modedesignerin Maka Asatiani hat angekündigt, am Sonntag eine Modeschau im Pankisital zu veranstalten, in dem Tal, in dem schon in Kürze amerikanische Eingreiftruppen Ruhe und Ordnung herstellen sollten; in dem Tal, das für den Kollaps ganz Georgiens steht. Und CNN will darüber berichten genauso wie BBC, Reuters, AP und die georgischen Medien. Sie alle wollen live dabei sein, wenn im Tal des Bösen die neueste Fashion georgischer Kreation gezeigt wird, alle, die bis gestern noch auf der Suche nach afghanischer Al Qaida, tschetschenischen Banden und georgischen Drogenbaronen waren.

Unterstützt wird die Aktion vom georgischen Innenministerium, derselben Behörde also, die es bisher nicht geschafft hat, das gesetzlose Tal unter seine Kontrolle zu bringen. Das Innenministerium machte Journalisten sogar das Angebot, sie mit eigenen Fahrzeugen ab Achmeta nach Duisi und zurück zu bringen, the show must go on. Am Tag zuvor noch hat das Innnministerium, Ausländer an den Strassenposten abgewiesen, weil man nicht für deren Sicherheit garantieren konnte. Die Mode, das unschuldige Wesen, machts möglich.

Selten wurden die Journalisten der Welt schlimmer verarscht - Entschuldigung, aber es gibt eben kein treffenderen Ausdruck - als im Fall Pankisi. Ohne die Fakten zu überprüfen, haben sie bereits die dritte amerikanische Front im Antiterrorkrieg im Kaukasus aufgemacht und sind danach erst vor Ort gefahren, um nachzusehen, ob das auch stimmt, was sie an Schlagzeilen zuvor produziert hatten. Die meisten von ihnen sind abgezogen mit der Bemerkung, eigentlich ist das alles stinklangweilig. Und einige von ihnen werden Probleme bekommen, ihre Geschichten überhaupt abzusetzen, wenn sie die langweilige Wahrheit über die Situation im Pankisi schreiben. Denn die Wahrheit ist selten schlagzeilenträchtig, auch nicht die im Pankisi.

Den Mediengöttern sei`s gedankt, dass jetzt Maka Asatiani die einmalige Chance erkannt hat, sich und ihre durchaus interessanten Textilkreationen der Welt bekannt zu machen. Über 50.000 $ soll die Fashion-Show im Pankisi kosten, wieviel sie für die Live-Werbung in den Kanälen der Welt zusätzlich noch berappen muss, wird niemand berichten. Ein zynisches Spiel, das da getrieben wird, zynisch mit den Einwohnern und vor allem den Flüchtlingen vom Pankisi, die erst die Invasion Al Quaida-geiler Journalisten aller Herren Länder über sich ergehen lassen mussten und jetzt die Glamourwelt provinzieller Modestars, die ein einziges Mal im Rampenlicht der Welt stehen wollen. Morgen sind sie vergessen, die Models ebenso wie die Menschen vom Pankisi. Und der Krieg im benachbarten Tschetschenien, ohne den die Welt das Pankisital nie kennengelernt hätte, wird kaum noch eine Schlagzeile wert sein. Auch nicht das Sterben, das dort weitergeht. Aber sie will halt betrogen werden, diese Welt der schnellen Nachrichten und des glitzernden Flimmers. Die wirklich Betrogenen dieser unglaublichen Seifenoper, die da inszeniert wurde, sind die Menschen vom Pankisital. Und die Blattmacher und Leitartikler der Welt sind nichts anderes als betrogene Betrüger, die es wohl nie kapieren und sich schon bald über einen anderen Ort irgendwo in einem anderen Seitental der Welt hermachen. Pankisi ist schliesslich überall.

Rainer Kaufmann

 

Internationale Schlagzeilen zum Thema

TIME europe
Jihad Comes to Georgia

TAZ
Georgien als Al-Qaida-Hort

Independent
Collapse of Georgia Ignored by the World

Guardian
US targets al Qaida in Georgia

Neue Züricher Zeitung
Al Kaida Kämpfer nach Georgien geflüchtet?

FAZ
Al Qaida-Kämpfer nach Georgien geflüchtet

Der Spiegel
Anti-Terror-Krieg: US-Spezialtrupp sucht Bin Laden im Kaukasus

Solange Osama Bin Laden nicht gefasst ist, ist für die USA der Feldzug gegen den Terror nicht vorüber. Nun ist ein amerikanisches Vorauskommando in Georgien eingeflogen, um al-Qaida-Terroristen zu jagen.

Moskau/Washington - Der Trupp ist für einen möglichen Anti-Terroreinsatz in der Kaukasusrepublik eingetroffen, berichtete die russische Zeitung "Nesawissimaja Gaseta" am Mittwoch ohne Angabe von Quellen. Die Soldaten sollen danach eine Operation im Pankisi-Tal an der Grenze zu Russland vorbereiten. Es handele sich um Militärberater oder Fernmeldetechniker.

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