Ausgabe 8/02, 5. Juni
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Adscharische Extrawurst
Autonome Provinz verschiebt Kommunalwahlen auf einen späteren Zeitpunkt

Die Autonome Republik Adscharien hat die für den 2. Juni vorgesehenen Kommunalwahlen ausgesetzt und für den 16. Juni ausgeschrieben. Als Begründung für diese einstimmige Entscheidung der Provinzregierung wurden unzählige ungelöste Organisationsprobleme genannt. Der Beschluss wurde trotz einer gegenteiligen Position der Zentralregierung von Tbilissi durchgesetzt, ein erneuter Nadelstich des adscharischen Präsidenten Aslan Abaschidse gegen die Zentralgewalt in Tbilissi. Dabei geht es um einen Grundsatzstreit zwischen Tbilissi und Batumi. Während Tbilissi davon ausgeht, dass Landesgesetze über denen der Autonomen Republik stünden, reklamiert Aslan Abaschidse aufgrund der adscharischen Gesetzgebung eine ganze Reihe von Hoheitsrechten für sich. Trotzdem beteiligte sich Abaschidses Partei an den Wahlen in Tbilissi und ist im nationalen Parlament anscheinend in der neuen Mehrheitskoalition Schewardnadses vertreten (siehe auch: Frontwechsel).

Trotzdem macht diese Wahlverlegung einen Verfassungskonflikt zwischen Tbilissi und Batumi deutlich. Nach der Verfassung und einigen georgischen Gesetzen hat allein der Präsident das Recht, Wahltermine für die Parlamente aller Verwaltungsebenen anzusetzen. Die Adscharen berufen sich allerdings auf ihre eigene Gesetzgebung, die dieses Recht der Führung der Autonomen Republik zuspricht.

Normalerweise sollte Landesrecht über dem Provinzrecht stehen. Aber die Führung Adschariens hat bereits die Kommunalwahlen 1998 an einem besonderen Termin abgehalten wohl nur um, wie einige Beobachter meinten, zu demonstrieren, dass man in der Lage sei, nationales Recht zu ignorieren.

Wahlbeobachter kritisieren die Verlegung der adscharischen Kommunalwahlen aber auch aus einem anderen Grund. Bei den letzten Kommunalwahlen waren unabhängige Wahlbeobachter wie zum Beispiel die georgischen NGO`s nicht zugelassen, obwohl dieses Recht in der georgischen Gesetzgebung verankert ist. Damit, so die Vorwürfe der NGO`s, seien Wahlmanipulationen Tür und Tor geöffnet. Bei den vergangenen Kommunalwahlen in Adscharien wurden erhebliche Vorwürfe hinsichtlich der Fälschung von Wahlergebnissen laut. In diesem Jahr allerdings hat der Vertreter Adschariens in Tbilissi, Hamlet Chipaschwili, zugesagt, dass alle Organisationen die Möglichkeit hätten, die Wahlen zu beobachten. Die NGO`s sind allerdings skeptisch, ob diese Zusage auch eingehalten wird.

Damit ist der grundsätzliche Verfassungskonflitk zwischen der nationalen und der lokalen Gesetzgebung allerdings noch nicht gelöst. Die Verfassung sieht nur zwei Wege vor: Entweder der adscharische Gesetzgeber passt seine Bestimmungen denen der georgischen Zentralgewalt an oder der Präsident oder ein Fünftel der Mitglieder des nationalen Parlaments rufen in dieser Angelegenheit das Verfassungsgericht an, das dann die lokale Gesetzgebung aufheben müsste. Bis heute hat sich weder der Präsident noch eine Parlamentsminorität zu diesem Schritt durchringen können. Deshalb wird Aslan Abaschidse auch weiter keine Gelegenheit auslassen, seine Unabhängigkeit von der Tbilisser Zentralverwaltung zu demonstrieren. Solange er im georgischen Parlament gebraucht wird, um Mehrheiten für die Regierung zu organisieren, wird sich an dieser Situation wenig ändern. Und derzeit braucht Eduard Schewardnadse seinen eigensinnigen Rivalen aus Batumi nötiger denn je.

 

 

 

 

 

 

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