Ausgabe 4/02, 24. März
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Kriegsängste in Abchasien und Südossetien?
Wie "Die Welt" sich und ihre Leser informiert

In der Ausgabe vom 23.3. berichtet "Die Welt" über die Zunahme von Kriegsängsten in Südossetien und Abchasien, wobei sie einseitig nur die Politiker der abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien zitiert, die angesichts der amerikanischen Militärberater in Georgien die Forderung nach verstärkter russischer Militärpräsenz in ihren Gebieten erhoben. So hat der neue südossetische Präsident Eduard Kokejew erklärt, "Russland sei der einzige Garant für Frieden und Stabilität im Kaukasus" während der abchasische Präsident Adzinba erklärte, er erwarte einen Überfall Georgiens auf seine Republik noch Ende April.

Beide Statements sind nichts anderes als vordergründige Propaganda der beiden sezessionistischen Präsidenten, die derzeit einsehen müssen, dass Wladimir Putin dem Grundsatz zugestimmt hat, dass die Regelung der beiden Konfliktfragen nur innerhalb des georgischen Staatsverbandes möglich ist. Einem Wunsch nach Anschluss oder Assoziierung beider Gebiete in die Russische Föderation hat er eine klare Absage erteilt.

Ebenso klar ist in Tbilissi auch, dass es nicht im Interesse der amerikanischen Ausbilder ist, georgische Einheiten für einen Kampf in Südossetien oder Abchasien fit zu machen. Niemand, weder Russland noch Georgien noch Amerika hat ein Interesse an einer solchen Entwicklung. Alle drei Länder, einschliesslich Russland, sind vielmehr an einer intensiven Kooperation in Sachen Transportkorridor für Öl und Gas interessiert, als dass sie eine militärische Eskalation in Abchasien und Südossetien erlauben würden. Eine der Pipelines soll von Noworossisk über das abchasische Suchumi und Supsa nach Ceyhan führen. Der UN-Sonderbevollmächtigte Dieter Boden hat gerade vor zwei Tagen erklärt, dass er ungeachtet aller militärischen Rhetorik, die angewachsen sei, von beiden Seiten, von Tbilissi und Suchumi, die verbindliche Zusage erhalten habe, dass militärische Operationen nicht geplant seien. Das georgische Aussenministerium hat dies in einer Stellungnahme ebenfalls deutlich gemacht. Es gäbe für Georgien nur den Weg einer friedlichen Lösung. Und der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates der russischen Föderation hat erklärt, es gäbe zwar die theoretische Möglichkeit einer Eskalation in Abchasien, dies sei aber nicht im russischen Interesse und Russland würde alles tun, dies zu verhindern. All diese Informationen sind überall auf der Welt im Internet zugänglich. Man muss nur die täglichen Nachrichtenagenturen aus Georgien, das sind zwei oder drei, aufmerksam verfolgen. Und man sollte sie zitieren, wenn die Statements der Gegenseite schon eine Schlagzeile wert sind.

Aber "Die Welt" muss sich um all dies überhaupt nicht kümmern und darf offensichtliche Propaganda-Statements von ebenso offensichtlich unserösen Separatisten-Chefs, die mit ihren Querelen UNO, OSZE und andere internationale Institutionen beschäftigen dürfen, für bare Münze nehmen. Die Statements von Politikern, deren Wahlen von UNO, Europarat und OSZE regelmässig als illegal und nicht akzeptabel eingeschätzt werden, gelten mehr als die Statements von UN-Vermittlern oder georgischen Regierungsvertretern. Und "Die Welt" ist sich dabei noch nicht einmal zu schade, sich auf eine georgische Zeitung, die "Georgian Times", zu berufen, dessen verantwortlichem Redakteur dieselbe Welt-Autorin, die diesen Artikel geschrieben hat, noch vor einigen Wochen in einer Gegendarstellung jede "journalistische Ethik" abgesprochen hat. Der Text der nie veröffentlichen Gegendarstellung liegt GN vor. Was gilt jetzt für die "Georgian Times": Keine journalistische Ethik oder einer seriöse Informationsquelle? "Die Welt" wird diese Frage beantworten müssen.

 

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