Ausgabe 4/02, 24. März
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Der Bevölkerung die Wahrheit sagen
Interview mit Tedo Tschaparidse, dem neuen Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates

Mit dem künftigen Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats von Georgien, dem bisherigen georgischen Botschafter in Washington, Tedo Tschaparidse, sprach Zeyno Baran, Direktorin des Kaukasus-Projekts im amerikanischen Institut für Internationale Strategische Studien. Das Interview wurde veröffentlicht in www.eurasianet.com . GN veröffentlicht eine Übersetzung. Dabei versprach der neue Sicherheitschef von Eduard Schewardnadse, sowohl seinem Präsidenten als auch der Bevölkerung die Wahrheit zu sagen. Er kündigte an, den Sicherheitsrat in Tbilissi nach amerikanischem Vorbild umzustrukturieren, und bezeichnete sich selbst als jemanden, der die "amerikanische Denkweise" kenne.

Präsiden Eduard Shewardnadse ernannte am 5. März Tedo Tschaparidse zum neuen Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates (NSC). Er folgt Nugsar Tsadschaja, der am 25. Februar infolge eines Kopfschusses gestorben war. (weitere Informationen unter www.eurasianet.com, Eurasia Insight archive). Tschaparidse ist gegenwärtig Georgiens Botschafter in den Vereinigten Saaten, Kanada und Mexiko. Er ist seit November 1994 in Washington akkredidiert. Vorher war er zwei Jahre nationaler Sicherheitsberater von Schewardnadse. Von 1989 bis 1992 war er stellvertretender Aussenminister Georgiens. Tschaparidse arbeitete von 19972 bis 1989 im USA-Kanada-Institut in Moskau.

Die Nachricht von der Ernennung Tschaparidses am 5. März wurde in Georgien überwiegend begrüsst. Tschaparidse wird seine Tätigkeit zu einer Zeit aufnehmen, da Georgien verschiedene Herausforderungen bezüglich seiner nationalen Sicherheit gewärtigt, inklusive die Instabilität im Pankisital und der Friedensschluss mit der separatistischen Region Abchasien. Tschaparidse dürfte auch in einer Position sein, in der er mithelfen kann, die Aktivitäten der US-Berater zu koordinieren, die in Kürze in Georgien erwartet werden, um georgische Truppen in Anti-Terror-Operationen auszubilden. Tschaparidse sprach mit EurasiaNet-Mitarbeiterin Zeyno Baran am 6. März über die Herausforderungen an die georgische nationale Sicehrheit.

EurasiaNet: Watum, denken Sie, hat Sie Präsident Schewardnadse als neuen Chef des NSC ernannt?

Tschaparidse: Wie der Präsident erklärte, bin ich besonders eng in die Diskussion und die Planung der US-Militärhilfe für die Anti-Terror-Ausbildung in Georgien involviert. Der Präsdent hatte ein Treffen im Weissen Haus im Oktober und seither habe ich mehrere Briefe von ihm an die US-Administration überbracht. Angesichts der Einstiegs in eine neue Qualität der Kooperation mit den Vereinigten Staaten wollte der Präsident einen neuen NSC-Chef, der die amerikanische Denkweise kennt.

EurasiaNet: Welches Signal bedeutet Ihre Ernennung für die Welt?

Tschaparidse: Shewardadse hat als NSC-Chef einen Mann ernannt, der für mehr als sieben Jahre sein Botschafter und Hauptgesprächspartner mit den Vereinigten Staaten und dem Westen war. Dies zeigt, dass Georgien um eine Orientierung zum Westen bemüht ist, um westliche Werte, um Demokratie, Marktwirtschaft und regionale Kooperation.

EurasiaNet: Wie wollen Sie die Balance mit den Beziehungen zu Russland gestalten?

Tschaparidse: Ich versichere Ihnen gerne, das wir nicht über anti-russische oder pro-amerikanische Politik sprechen. Nebenbei würde ich gerne anfügen, dass Russland selbst ja einen schmerzhaften Prozess der Transformation in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft durchmacht. Ein friedliches und stabiles Russland ist im Interesse der Weltgemeinschaft, auch in Georgiens Interesse. Aber dies kann nicht geschehen, bevor Georgien und andere Nachbarn Russlands ebenfalls friedlich sind.

Wir erklären noch einmal, die georgische Aussenpolitik bemüht sich um westliche Werte und Orientierung. Das ist das Beste für Georgien. Natürlich wollen wir normale Beziehungen mit allen unseren Nachbarn und werden ihre Interessen berücksichtigen. Aber worüber wir sprechen, ist der strategische Preis, den Georgien nicht zu zahlen bereit ist, und das ist unsere Unabhängigkeit, Souveränität und das Bemühen um eine West-Orientierung. Das ist ja auch, was Russland für sich selbst will. Die Umwandlung unseres Landes ist wirklich sehr schmerzhaft und es gibt jede Menge Stolpersteine auf dem Weg.

EurasiaNet: Wie wollen Sie das NSC führen?

Tschaparidzse: Es ist zuerst einmal notwendig, dass ich zunächst einmal mit meinem Präsidenten über die Details spreche, wenn ich zurück bin. Aber soweit ich das verstehe, erwartet er von mir, dass ich ein nues Konzept der nationalen Sicherheit entwickle. Unter Sadschaja hatte das NSC eine Übersichts-Funktion über die Sicherheitsministerien, das neue Modell wird eher so wie in den Vereinigten Staaten sein. Da wir eine gemeinsame Mission im Kampf gegen den Terrorismus mit den Vereinigten Staaten beginnen, wird es leichter sein, wenn wir mit ähnlichen Systemen arbeiten. Unser NSC kann natürlich nicht exakt eine Kopie des amerikanischen NSC werden, da wir andere Probleme und andere Prioritäten haben. Aber das Konzept wird ähnlich sein.

EurasiaNet: Was ist der grösste Unterschied?

Tschaparidse: Ich denke, ich werde ein sehr ungewöhnlicher NSC-Berater sein, da ich nicht nur auf dem Gebiet der Aussenpolitik und Sicherheit arbeiten werde sondern auch in internen Fragen. Derzeit sind die heimischen Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, die grösste Gefahr für Georgien und sie sind direkt verbunden mit unserer Aussen- und Sicherheitspolitik.

EurasiaNet: Die Korruption wird als eines der grössten innenpolitichen Probleme Georgiens angesehen. Wird der NSC in den Anti-Korruptions-Kampf eingebunden?

Tschaparidse: Wenn ich die grösste Gefahr für Georgien als eine interne Gefahr bezeichnet habe, dann hatte ich natürlich die Korruption im Auge. Das ist heute das Problem Nr. 1, das wir zu lösen haben. Das ist kein unbekanntes Konzept, da gibt es Personen, die wir fassen und vor Gericht stellen müssen. Wir werden einige unpopuläre Massnahmen ergreifen müssen. Aber es gibt keinen anderen Weg. Das Überleben meines Landes hängt von diesem Kampf ab.

EurasiaNet: Wie ist Ihre Position bezüglich Abchasien?

Tschaparidse: Ich möchte, das das NSC in die Diskussionen mit allen Parteien eingebunden wird. Wir müssen eine politische Lösung finden, da gibt es keinen anderen Weg. Dieser Prozess beginnt langsam, und da wird es noch eine Meng an Zick-Zack geben und Hindernissen. Aber wir müssen ein Modus Vivendi zu einer friedlichen Koexistenz finden.

EurasiaNet: Wie denken Sie über die anderen separatistischen Regionen?

Tschaparidse: Ich will in verschiedene Teile Georgiens reisen und dort mit den Leuten sprechen. Nicht nur, um meine Neugierde zu befriedigen sodern um diese Fragen zu verstehen, damit ich meinem Präsidenten Ratschläge für eine gute Politik geben kann. Wie ich sagte, die interne Situation Georgiens wird eine der obersten Prioritäten des NSC sein.

EurasiaNet: Das georgische Volk hat in den letzten Jahren viel durchgemacht und muss jetzt an eine bssere Zukunft glauben. Denken Sie daran, dass Beziehungen zur Öffentlichkeit ein Gebiet seien, in das der NSC involviert sein soll

Tschaparidse: Unbedingt. Einer meiner Freunde fragte mich, was ich in dem Job denn leisten wolle, und ich sagte ihm: Ich will die Wahrheit sagen und das Volk nicht manipulieren. Es ist nötig, dass ich meinem Präsidenten die Wahrhet sage, wenn ich ihm politische Optionen vorlege. Ebenso ist es notwendig, dass ich den Leuten die Wahrheit sage. Das ist kein leichter Job und wird mich nicht beliebt machen. Aber so habe ich meine Aufgabe verstanden.

EurasiaNet: Was sind einige der Wahrheiten, die Sie Sie vermitteln wollen?

Tschaparidse: Die Wahrheit ist, dass wir nach wie vor ein schwacher Staat sind. Wir haben über die Jahre einiges erreicht, was die Menschen oft vergessen. Ich will unsere Versäumnisse nicht entschuldigen, aber ich denke es ist wichtig, den Leuten eine Idee von der Gechichte zu geben. Ich will den Leuten vermitteln, dass der Aufbau eins Staates ein schmerzhafter Prozess ist und lange Zeit in Anspruch nimmt. Die Leute müssen den Sinn ihres Opfers besser verstehen, der heisst, die Ziele unserer Unabhängigkeit, Souveränität und West-Orientierung zu erreichen. Diese Botschaft ist schwer zu kommunizieren, da wir gleichzeitig vor der Notwendigkeit stehen, uns in kurzer Zeit zu entwickeln.

EurasiaNet: Dies führt mich dazu, über die Baku-Tbilissi-Ceyhan und Schah Deniz Pipeline-Projekte zu reden. Georgien selbst hat diese Projekte als strategisch besonders wichtig eingestuft, manchmal zum Preis eines kurzfristigen Nutzens.

Tschaparidze: Ich war in die Pipeline-Projekte von Anfang an eingebunden zusammen mit meinem guten Freund Giorgi Tschanturia, dem Präsidenten der GIOC (Georgian International Oil Corporation - Anm. d. Übersetzers). Diese Pipeline-Projekte werden nicht nur Gas und Öl transportieren, sie sind für uns strategisch wichtig. Sie werden unsere Unabhängigkeit und Souveränität stärken und weniger abhängig machen von Russland. Das wird Russland helfen, seine wahren Interessen in Georgien herauszufinden. Georgien ist nach wie vor ein schwacher Staat und ohne diversifizierte Energieversorgung gibt es keine starke Aussen- und Sicherheitspolitik. Es wäre leichter gewesen, Verträge mit Russland zu bekommen, aber wir waren willens, den Preis für unsere Unabhängigkeit und eine langfristig sichere Energieversorgung zu zahlen und haben entschieden, auf das aserische Gas zu warten, was, nebenbei gesagt, eine Kooperation mit Russand in verschiedenen Energieprojekten nicht ausschliesst

 

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