Ausgabe 6/02, 24. April
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Steht die Region vor einem 100-Jahre-Boom?

Die Investitionen ins grosse Öl- und Gasgeschäft rund um das Kaspische Meer steigen. Nahezu 20 Milliarden US-$ sind in den letzten Jahren investiert worden. Sollten die in Aussicht gestellten weiteren 60 Milliarden US-$ tatsächlich investiert werden, dann ist die Kaspi-Region eine der letzten grossen Gebiete der Welt, das von westlichem Kapital erobert wird. Zu diesem Schluss kommt die in Baku erscheinende Caspian Business News (CBN) in einer Sonderbeilage über die Regionalen Energie Perspektiven in der Kaspi-Region. GN veröffentlich die wesentlichen Informationen aus diesem Artikel. Regelmässige Wirtschaftsinformationen aus der Kaspi -Region und dem Kaukasus finden Sie unter: www.caspianbusinessnews.com

Georgien schaut seit seiner Unabhängigkeit in zwei Richtungen: einmal ostwärts zu den grossen Energiereserven des Kaspischen Meers und gleichzeitig westwärts, wo diese verkauft werden sollen. Dabei findet sich Georgien selbst in einer recht komfortablen Situation, von beiden Seiten gebraucht zu werden. Die alte Seidenstrasse als Transportachse zwischen Ost und West entsteht neu, diesmal nicht als transkontinentaler Pfad für Kamel-Karawanen, diesmal in Form von Pipelines (GN berichtete darüber in seiner Ausgabe 4/02). Noch in diesem Jahr soll mit dem Bau von zwei neuen Pipelines für Gas und Öl begonnen werden, die von Baku über Georgien in die Türkei führen. Mehrere Milliarden US-$ sollen dafür investiert werden. Georgien profitiert nicht nur während der Bauphase. Für die Betriebsdauer dieser Pipelines erhält Georgien anständige Entschädigungen in Form von kostenlosen Gas- und Öllieferungen. Die Zukunft der Energieversorgung des Landes ist damit gewährleistet. In nur drei oder vier Jahren dürften die Schlagzeilen von den Gas- oder Stromabschaltungen in Georgien wohl der Vergangenheit angehören. Nicht umsonst wollen israelische und holländische Investoren rund 75 Millionen $ allein in den Ausbau des Tbilisser Gasnetzes investieren. (siehe GN 5/02) Mit einer unsicheren Gasversorgung, bei der der russische Monopollieferant den Preis bestimmt und jederzeit nach politischer Laune den Hahn abdrehen kann, wäre wohl kein Investor bereit, über solche Summen nachzudenken.

Die Energieressourcen der Kaspi-Region sind beachtlich. CBN beziffert die gesamten Ölreserven rund um das Kaspische Meer mit über 251 - 268 Milliarden Barrel. Davon sind 17 - 34 Milliarden Barrel mit 90 % er Sicherheit förderbar, für den Rest wird eine Wahrscheinlichkeit von 50 % angenommen. Bei einer geplanten Ölfördermenge von 3.7 Millionen Barrel pro Tag im Jahr 2010 (heutige Fördermenge in der Kaspi 1,1 Millionen Barrel pro Tag) würden die angenommenen Ölreserven im schlechtesten Szenario, bei also nur 17 Milliarden Barrel, immerhin zwölf Jahre halten. Bei einer Reserve von 34 Milliarden Barrel könnte man 25 Jahre lang täglich 3,7 Millionen Barrel fördern. Rechnet man die erwarteten 250 Milliarden Barrel mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % und legt die geplante Fördermenge des Jahres 2010 zu Grunde, dann kann der Ölboom im Kaspi knapp einhundert Jahre dauern. Von den 3,7 Millionen Barrel, die täglich gefördert werden sollen, sind 3,15 Millionen für den Export bestimmt.

Den grössten Produktionszuwachs progostiziert CBN für Aserbaidschan und Kasachstan, die ab dem Jahre 2010 bis zu 2,7 Millionen Barrel Öl pro Tag allein für den Export zur Verfügung stellen können. Das ist das Öl, das nach Westen drängt. Von den gesamten Ölreserven von 251 - 268 Milliarden Barrel, die in der Kaspi-Region vermutet werden, entfallen 102 - 110 Milliarden auf Kasachstan, 81 Milliarden auf Turkmenistan, 36 - 45 Milliarden auf Aserbaidschan, 17 Milliarden auf Russland und 15 Milliarden auf den Iran, wobei für den Iran lediglich die Reserven am und im Kaspischen Meer bewertet wurden.

Beim Gas ist die Situation ähnlich. Insgesamt werden in der Kaspi Gasvorräte von 15,6 - 15,8 Milliarden cbm vermutet, von denen 6 Milliarden cbm mit 90 % er Sicherheit erschlossen und vermarktet werden können. 9,7 Milliarden cbm werden mit 50 % Fördermöglichkeit bewertet. Wenn man die derzeitige Fördermenge von 66 Millionen cbm pro Jahr nimmt, dann reichen auch hier die Reserven für einige Jahrzehnte.

Diese Zahlen belegen, dass die georgischen Hoffnungen auf ein dauerhaftes Geschäft als Energie-Transitland nicht unrealistisch sind. Ein guter Teil dieser Energiereserven wird über die Landenge zwischen Kaspischem und Schwarzem Meer in Richtung Türkei transportiert werden. Der erste Betriebskontrakt für die Gaspipeline ist für 40 Jahre abgeschlossen worden.

Die Baku-Tbilissi-Ceyhan Ölpipeline soll pro Tag 1 Million Barrel Öl durchleiten, die Kapazität der Baku-Supsa-Pipeline soll von heute 100.000 auf bis zu 600.000 Barrel Öl pro Tag aufgestockt werden. Die Kosten für den Bau und Unterhalt von Pipelines sind enorm. Je nach geologischer Situation kostet eine Meile zwischen 120.000 und 200.000 $ im Bau und zwischen 30.000 und 50.000 $ Unterhaltung und Betrieb pro Tag. Das macht reine Transportkosten von zwischen zwei und vier $ je Barrel.

Die Strecke durch Georgien ist dabei die weitaus teuerste. Die Ölpipe soll nach Informationen der CBN knapp 3 Milliarden $ kosten, die Gaspipe 1 Milliarde. Fachleute schätzen, dass die Alternativen über den Iran in die Türkei oder Russland nach Europa um rund 50 % preiswerter zu bauen gewesen wären als die jetzt festgelegten Pipelines von Baku über Tbilissi in die Türkei. Es waren vor allem die USA, die sich gegen Abhängigkeiten von Russland oder dem Iran ausgesprochen und die Route über Georgien durchgesetzt haben. Sie haben jetzt auch anscheinend die Aufgabe übernommen, die Sicherheit in dieser Region zu gewährleisten. Anders können die politischen Ereignisse der jüngsten Zeit nicht interpretiert werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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