Ausgabe 6/02, 24. April
Home            

 

Kommunalwahlen - Muster ohne Wert
Niederlage der Reformer bei Abstimmung über neues Kommunalwahlgeset
z

Die für den 2. Juni anberaumten Kommunalwahlen werden der georgischen Opposition nicht den erhofften Gewinn bringen. Das Parlament konnte sich bei seinen Abstimmungen am 10. April nicht zu einer wirklichen Reform des Kommunalwahlrechts durchringen, sodass es vorerst nichts wird mit der erhofften kommunalen Selbstverwaltung. Ein Antrag, nachdem Bürgermeister und Gouverneure direkt vom Volk gewählt werden sollten, erhielt nur 110 statt der erforderlichen 118 Stimmen. Damit hat das Reformerlager um den früheren Parlamentspräsidenten Schwania eine herbe Niederlage erlitten. Schwania erklärte nach dieser Entscheidung auch, das Parlament befinde sich in einer tiefen Krise.

Sieger des Machtkampfes um ein neues Kommunalwahlgesetz ist eindeutig Eduard Schewardnadse. Er hatte sich vehement gegen eine Direktwahl der Bürgermeister und Gouverneure gewandt. Allerdings wurde auch der - wohl vor allem taktisch gedachte - Änderungsvorschlag, dass der Präsident die Bürgermeister und Gouverneure aus der Mitte der gewählten Kommunal- oder Regionalparlamente auszuwählen habe, ebenfalls abgelehnt.

So bleibt es bei der alten Regelung, dass der Präsident die Gouverneure und Bürgermeister nach eigenem Belieben auswählen und einsetzen kann. Die Wähler können zwar ihr Kommunalparlament bestimmen, die Verwaltungsspitzen werden aber vom Präsidenten besetzt. Die Kommunalwahlen werden so zu Mustern ohne Wert. Schewardnadse braucht sich in den letzten drei Jahren seiner Amtszeit nicht mit aufmüpfigen Regionalfürsten herumzuschlagen. Bei einer Direktwahl der Bürgermeister und Gouverneure hätte er um seinen direkten Einfluss auf die Kommunal- und Regionalverwaltungen bangen müssen. Ausserdem befürchtete er, dass die Oppositionsparteien nach Erfolgen bei den Kommunalwahlen die lokalen Verwaltungen dann für ihre Oppositionspolitik instrumentalisieren würden.

Das Parlament akzeptierte nur eine einzige Änderung am Kommunalwahlgesetz. Demnach werden in grösseren Städten und bei den Wahlen zu Regionalparlamenten Parteienlisten zugelassen, während bei den Wahlen in Dörfern und Gemeinden nur persönliche Kandidaturen erlaubt sind. Ein paar Änderungen gab es auch bei der Zusammensetzung der Zentralen Wahlkommission. Demnach dürfen nur die acht Parteien, die bei der letzen Wahl die 4-%-Hürde übersprangen, einen Vertreter in die Wahlkommission entsenden, aussderm entsenden der Staatspräsident und die Autonomen Republiken Abchasien und Adscharien je einen Vertreter. Diese Neuregelung erhält allerdings erst ab Oktober Rechtskraft.

Werden die Wahlen wieder vertragt?

In den georgischen Medien werden unterdessen Befürchtungen geäussert, dass die Kommunalwahlen wie bereits im letzten Herbst noch einmal verschoben werden. Zuviele Kräfte hätten im Augenblick kaum Interesse an einer Wahl der Gemeinde- und Provinzparlamente. Den meisten Parteien mangele es an Geld, die Nationale Bewegung von Michael Saakaschwili hat sich noch nicht etablieren können und der Bürgerunion steht erst am 15. Mai der alles entscheidende Kongress bevor. Da stehen sich der Reformerflügel um Schwania und der konservative Flügel um den Schewardnadse-Vertrauten Levan Mamaladse gegenüber. So wie die Dinge stehen, wird nur einer der Flügel den Machtkampf überleben. An eine Vorbereitung von Kommunalwahlen ist also kaum zu denken, wenngleich aus dem Schwania-Lager die Information kommt, man werde auf alle Fälle in Form einer unabhängigen Gruppe an den Wahlen teilnehmen. Wie das bewerkstelligt werden kann, erklärt niemand.

Ein Szenario geht davon aus, dass man die Kommunalwahlen vielleicht um zwei Jahre vertagt, um sie dann zusammen mit den nächsten Parlamentswahlen abzuhalten. Das wäre für alle Beteiligte, für Parteien und Verwaltung, billiger, würde aber insbesondere vom Ausland nicht besonders geschätzt, wo man immer wieder Fortschritte in der Demokratisierung der georgischen Institutionen anmahnt. Der Vorsitzende der zentralen Wahlkommission hat gerade jetzt mit dem Finanzminister über die Finanzierung der Wahlen verhandelt. Nach einem Dekret des Präsidenten soll die Kommission 4,1 Millionen GEL erhalten, um die Wahlen zu organisieren. Jetzt erst, rund sechs Wochen vor dem Wahltermin, hat der Finanzminister zugesagt, das Geld bereitzustellen. Wie in dieser kurzen Zeit eine einigermassen überprüfbare Organisation von Kommunalwahlen sichergestellt werden kann, ist eines der vielen Rätsel georgischer Innenpolitik und Verwaltung.

Trotz aller harten Arbeit an Kandidatenlisten und Wahlkampfplattformen, die einige der Parteien jetzt erst beginnen, deutet vieles auf die Fortsetzung des Eiertanzes um die Kommunalwahlen hin, bis die Zeit möglicherweise zu knapp wird und alle notgedrungen in eine Absage einstimmen. Und keiner wirds dann gewesen sein.

 

Nachrichten Magazin

Land und Leute

Linkliste

Slide Show
 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ERKA-Verlag ©2002