Ausgabe 1/02, 9 Februar
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Super-Zensus

Eines muss man den georgischen Statistikern lassen: Sie arbeiten superschnell. Nicht einmal 14 Tage nach Beendigung der Volkszählung präsentierten sie ein erstes Ergebnis. Danach leben nur noch 4,4 Millionen Menschen in Georgien. 1989, beim letzten Zensus waren es noch 5,4 Millionen.

Volkszählungen, das weiss man im christlichen Abendland wohl ziemlich genau, gibt es seit mehr als 2.000 Jahren. Und seit mehr als 2.000 Jahren verlassen sich die Verwaltungen auf die Ehrlichkeit der Befragten und die Qualifikation ihrer Zähler. Anders als bei der bekanntesten Volkszählung der Menschheitsgeschichte, die uns die Zeitenwende bescherte, konnten die georgischen Statistiker heute dank internationaler Hilfe auf die modernsten Methoden der Datenverarbeitung zurückgreifen. Trotzdem ist die Rasanz, mit der die Million neuer Auslandsgeorgier präsentiert wurde, verblüffend. Mehr als eine erste Hochrechnung oder Bevölkerungsschätzung kann das wohl nicht sein, so schnell arbeiten auch in Georgien die Scanner und Computer nicht.

Trotzdem kann die Million an Georgiern, die ihr Land im letzten Jahrzehnt verlassen haben, nicht allzu rasch übergangen werden, denn die Zahl ist einigermassen glaubwürdig. Das sind rund 20 % der Gesamtbevölkerung, mehr als ein Viertel der Menschen im arbeitsfähigen Alter. Ein gewaltiger Aderlass, den die Wirtschaft nicht verkraftet hat. Es gibt aber auch eine positive Kehrseite der Migrationsmedaille. Mit dieser Million Georgier im Ausland erklärt sich recht schnell, warum die georgische Volkswirtschaft, die ohne nennenswerte Produktion oder gar Exporte dahindümpelt, trotzdem funktioniert. Es sind die unendlich vielen kleinen Transfersümmchen, die die Auslandsgeorgier ihren Lieben daheim zum Überleben zukommen lassen, die zusammengerechnet einen enormen Kaufkraftschub auslösen . Natürlich ist das volkswirtschaftlich völlig ungesund. Der wachsende Konsum, der steigende Wohlstand steht auf völlig wackeligen Füssen. Das Land ist verwundbar, das russische Visaregime für Georgier sollte den Pressionshebel gerade an dieser Stelle ansetzen. Erfolglos, wie wir mittlerweile wissen, die Geldströme aus Russland sind nicht versiegt.

Bei aller berechtigten Kritik an dieser ungesunden wirtschaftlichen Situation sollte man gerade in Deutschland daran denken, wie wir ab den 60-iger Jahren mit den Transferleistungen unserer Gastarbeiter die Zahlungsbilanzen zum Beispiel der Türkei oder Portugals, Griechenlands und Jugoslawiens aufgepeppt haben. Diese Länder haben über viele Jahre hinweg von den Solidarbeiträgen ihrer in Deutschland arbeitenden Landsleute gelebt. Und dank Cornelia Froboess und Udo Jürgens ging diese Art von Entwicklungshilfe sogar in die deutsche Schlagergeschichte ein. Viele der „kleinen“ Italiener, Kroaten, Türken oder Griechen oder jetzt deren Kinder und Kindeskinder haben mit dem in Deutschland zusammengesparten Geld mittlerweile zu Hause eine eigene kleine Existenz aufgebaut. Wenn dieses Beispiel Schule macht und die Auslandsgeorgier neben dem derzeitigen Konsumwachstum auch noch etwas für Investitionen in kleine und mittlere Unternehmen in Georgien erübrigen, dann könnte es durchaus sein, dass ein Teil der Migranten in wenigen Jahren schon wieder nach Georgien zurückkehren kann und will. Der nächste Zensus in zehn Jahren wird es zeigen.

 
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