Ausgabe 1/02, 9 Februar
Home            

 

Der georgische Kandidatenkreis: Schewardnadses mogliche Nachfolger

Kein Thema ist derzeit beliebter in Tbilisi als die Frage, wer wird denn der Nachfolger von Eduard Schewardnadse als Prasident Georgiens, wenn dieser in drei Jahren verfassungsgemass sein Amt niederzulegen hat, sofern er diese Zeit politisch uberhaupt ubersteht. Jeder nennt seinen Favoriten, die Zeitungen uberschlagen sich mit Geruchten, in diplomatischen Zirkeln wird gleichermassen analysiert wie spekuliert.

Auch in den Hauptstadten der Welt, insbesondere in Moskau und Washington soll, so wird in Georgien gerne berichtet, das Thema eine gewisse Bedeutung haben. Denn in beiden Hauptstadten sei man daran interessiert, dass Georgien von einem "eigenen" Mann regiert wird. Wenn es denn wirklich eine Konstante uber einige Jahrhunderte georgischer Politik gibt, dann die: Aufgrund seiner geopolitisch wichtigen Lage ist Georgien fur fremde Machte, Freund oder Feind, immer von besonderem Interesse. Und die Georgier wissen dies zu schatzen.

Mindestens zehn Namen werden immer wieder genannt:

Zurab Schwania, der routinierte ehemalige Parlamentsprasident , ein ausgewiesener Reformer:; Aslan Abaschidse, der adharische Autokrat, ein Mann der alten Schule mit Beziehungen nach Moskau; Michael Saakaschwili, der junge Populist und Reformer, der Liebling Amerikas; Niko Lekischwili, der fruhere Staatsminister, ein moglicher Kompromisskandidatfur alle; Wascha Lordkipanidse, ein Schewardnadse-Vertrauter und der Mann Moskaus; Nino Burdschanadse, die junge Parlamentsprasidentin mit Newcomebonus; Irakli Menagharischwili, der respektable Aussenminister; Mamuka Khacharadse, der Erfolgsbanker und Prasident der "Neuen Bewegung"; Gia Tschanturia, der einflussreiche Prasident der georgischen Olgesellschaft; Lado Tschanturia, der integre Prasident des Obersten Gerichtshofes von Georgien.

Soweit man heute Prognosen stellen kann, durfte der kunftige Fuhrer Georgiens in dieser Liste vertreten sein, wobei man heute noch keinen echten Favoriten erkennen kann.

Weitaus wichtiger allerdings als die Personalie ist die Frage nach der kunftigen Fuhrungsstruktur Georgiens. Bis heute hat der Prasident nahezu unumschrankte Vollmachten, regiert er trotz demokratischer Grundzuge in der Verfassung das Land im Stil eines absolutistischen Fursten, was allerdings der durchaus vorhandenen Neigung der Georgier zu patriarchalischen und feudalistischen Strukturen entgegenkommt. Sieht man sich die Liste der Kandiaten an, wird schnell deutlich, dass nicht einer der potentiellen Nachfolger Schewardnadses das Gewicht mitbringt, das Land in den vorhandenen Strukturen zu fuhren, weder im Innern noch nach aussen. Diese Verfassung ist auf den Ausnahmepolitiker Schewardnadse zugeschnitten. Sie muss zunachst geandert werden, wenn alle Diskussionen um die Nachfolge Schewardnadses einen Sinn haben sollen.

Diese Erkenntnis scheint sich durchzusetzen, denn die Diskussionen sind in vollem Gange. Parlamentarische Republik ist das Stichwort oder die Einfuhrung eines Ministerkabinetts. Was ist darunter zu verstehen? Nach der heutigen Verfassung ist der Prasident sowohl der Reprasentant des Landes nach aussen als auch de facto Chef der Regierung. Der Prasident ernennt und entlasst alle Minister, das Parlament hat lediglich ein Vetorecht bei der Ernennung. Der prasident ernennt die Gouverneure, Landrate und Burgermeister. Der Prasident leitet die Kabinettssitzungen, der sogenannte Staatsminister ist nicht mehr als das, was man bei uns Staatssekretar im Kanzleramt nennen wurde. Er koordiniert die Arbeit der Ministerien und ubernimmt Protokolltermine der zweiten Kategorie. Mehr nicht. Was fehlt ist ein politisch verantwortlicher Regierungschef, ein Kanzler oder Ministerprasident, der allein vom Parlament eingesetzt wird und diesem gegenuber auch verantwortlich ist. Das soll jetzt geandert werden, wenn die seit Monaten andauernden Diskussionen in Parlament und Presse endlich ein Resultat zeitigen. Das wurde dann auch bedeuten, dass sich die Macht vom Prasidenten zum Regierungschef und damit auch ins Parlament verlagert. Der neue Prasident wurde dann uber eine reprasentative Funktion kaum hinauskommen. Der weitaus wichtigere Posten ware der des Regierungschefs.

Sollte diese Verfassungsanderung Realitat werden, wird es fur die georgischen Parteien zunachst einmal darum gehen, im Parlament regierungsfahige Koalitionen zu schmieden und eine Regierung parlamentarisch abzusichern. In zwei Jahren sind Parlamentswahlen, in drei Jahren erst Prasidentenwahlen. So gesehen ist die Frage nach dem Nachfolger Schewardnadses nicht mehr ganz so bedeutend wie sie heute vielen erscheinen mag.

 

 


Eduard Schewardnadse

 

 

Nachrichten Magazin

Service

Land und Leute

Linkliste

Slide Show
Georgien Versand Shop
 

Hier konnte Ihr Werbebanner stehen. Wenn Sie Interesse an einer Werbung in Georgien-News haben, mailen Sie uns. Wir schicken Ihnen gerne unsere Preisliste mit vielfaltigen Werbemoglichkeiten.
Senden Sie eine email

{

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ERKA-Verlag ©2002