Ausgabe 06/04
15. April
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Gemeinsame Justizstandards
GTZ-Konferenz der obersten Gerichte Georgiens, Armeniens und Aserbaidschans

Anfang Dezember haben die hochsten Richter der drei sudkaukasichen Lander in einer Konferenz, die von der deutschen GTZ veanstaltet wurde, gemeinsame Empfehlungen fur die "Endgultigkeit der richterlichen Entscheidung und die Durchsetzung ihrer Rechtskraft" beschlossen. Hinter diesem etwas droge anmutendten Titel verbirgt sich nichts anderes als der endgultige Abschied vom Justizsystem der Sowjetunion. In diesem unterlagen selbst hochstrichterliche Entscheidungen der Revision durch den Prasidenten des Verfassungsgerichts oder den Generalstaatsanwalt und damit der politischen Willkur. In den drei sudkaukasischen Landern ist die Reform des Justizsystems unterschiedlich fortgeschritten, wobei Georgien auf diesem Gebiet eine fuhrende Rolle in allen Staaten der ehemaligen Sowjetunion einnimmt.

Die Empfehlungen der Konferenz, an der auch Experten aus der Bundesrepublik, u.a. der ehemalige Prasident des BGH Dr. Geiss Karlmann und der ehemalige Vizeprasident des BGH Burkhard Jahnke teilnahmen, sehen vor, dass Prozesse in nicht mehr als drei Instanzen zu einer endgultigen Entscheidung gebracht werden sollen. Die Entscheidung der letzten Istanz hat Rechtskraft, sie darf keiner keiner weiteren Kontrolle unterliegen.

Die Verhandlung vor der dritten Instanz, also dem oberste Gerichtshof, sollte auch als kontradiktorisches Verfahren ablaufen, sich allerdings nur auf die Beurteilung von Rechtsfragen beschranken. Die dritte Instanz sollte das Recht haben, ein Urteil zu fallen, wenn festgestellt wurde, dass die Vorinstanzen in ihrer Beweiserhebung keine Fehler begangen haben und die Tatsachenlage eindeutig ist. Ein Verweis an ein unteres Gericht zur Neuverhandlung widerspricht dem Grundsatz der Prozessokonomie und soll vermieden werden.

Eine klare Definition der Rolle des Richters, die sich deutlich von der des fruheren Rechtssystems unterscheidet, wurde ebenfalls gemeinsam festgelegt. Danach ist es die selbstverstandliche Aufgabe des Richters, das Gesetz in eigener Verantwortung und nach seiner inneren Uberzeugung auszulegen. Diese Auslegung muss sich wahrend des Prozesses bilden. Eine Unterscheidung zwischen offizieller und nicht-offizieller Rechtsauslegung, wie sie im sowjetischen System ublich war, und die Delegation dieser Auslegung an Gremien ausserhalb des prozessualen Vorgehens, widersprechen den Grundsatzen einer rechtsstaatlichen Gewaltenteilung und sollten deshalb aufgegeben werden.

Desweiteren fordern die Richter, dass die Gerichtssysteme in einer angemessenen Frist zu endgultigen Entscheidungen zu kommen hatten. Dies wird als wichtiger Beitrag zum Rechtsfrieden bewertet. Zudem musse der Staat dafur Sorge tragen, dass armen Bevolkerungskreisen der Zugang zu den Gerichten nicht aus finanziellen Grunden verbaut werde.

Ein Gro?teil dieser Reformen ist in Georgien bereits umgesetzt, wie Lado Tschanturia, der Prasident des Obersten Gerichtshofes Georgiens, in einer Stellungnahme erklarte. Die gemeinsame Konferenz sollte, wie die Experten der GTZ erklarten, die Integration der drei Kaukasus-Lander auch auf juristischem Gebiet voranbringen.


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