Opposition
droht mit Amtsenthebung
Dschorbenadse
muss für Haushaltsdefizit gerade stehen
Staatsminister
Awtandil Dschorbenadse wird sich nur ungern seiner Worte erinnern,
die er anlässlich der Verabschiedung des Haushalts 2002 vollmundig
abgegeben hatte. Er persönlich garantiere dafür, erklärte
er, dass die im Haushaltsgesetz vorgesehenen Einnahmen auch tatsächlich
eingesammelt werden. Und Staatspräsident Eduard Schewardnadse
nickte wohlgefällig dazu. Nach nur neun Haushaltsmonaten ist
klar, dass der oberste Minister dieses Ziel nicht erreichen kann
und die Opposition fordert deshalb den Rücktritt von Schewardnadses
Regierungschef, der sich in dieser Woche dem Parlament stellen muss.
Doch bei allem Hickhack um Zahlen und Fakten geht es beiden Seiten
wohl eher um einen Einstieg in den kommenden Parlamentswahlkampf.
Dschorbenadse ist seit einiger Zeit auch Vorsitzender der Bürgerunion
und die Opposition wirft ihm vor, sein Regierungsamt für Parteizwecke
zu missbrauchen.
Zunächst
geht Dschorbenadse aber einen schweren Gang, wenn er in diesen
Tagen dem Parlament erklären muss, warum ihm bis September
rund 118 Millionen GEL im Staatssäckel fehlen. Die Opposition
erwartet bis Jahresende ein Minus von 177 Millionen, wobei sie
sich auf die offiziellen Daten des Haushaltsbüros des Parlaments
bezieht, die allerdings vom Finanzminister Mirian Gogiaschwili
angezweifelt werden. Er errechnet für die ersten neun Monate
des Haushaltsjahres 2002 lediglich ein Einnahmeminus von 47 Millionen
GEL und macht dafür hauptsächlich die fehlenden Steuerzahlungen
aus Adscharien und eine Kürzung der EU-Finanzhilfe wegen
der Entführung des britischen EU-Beraters Peter Shaw verantwortlich.
Die Opposition
will sich von diesen Zahlenspielereien nicht beeindrucken lassen
und wirft der Regierung vor, das Parlament mit falschen Informationen
zu täuschen. Statt der vorgesehenen 697 Millionen GEL habe
die Regierung in den ersten neuen Monaten nur 596 Millionen GEL
an Steuern, Zöllen und anderen Einnahmen eingetrieben. Auch
die Kontrollkammer bestätigt diese Position, nach ihrer Information
wurden bis Ende September die Budgetziele auf der Einnahmenseite
nur zu 88,3 % erfüllt. Deshalb besteht die Oppositionskoalition
auf der Entlassung nicht nur des Staatsministers, sie will gleichzeitig
auch die Minister des Wirtschaftsblocks, das heißt den Wirtschafts-
und den Finanzminister ihrer Ämter enthoben sehen. Die Opposition
besteht aus den Fraktionen der "Neuen Rechte", "Vereinigte
Demokraten", "Bewegung für Demokratische Reformen",
den "Traditionalisten" und den "Christlichen Demokraten".
Beobachter
sehen in der Auseinandersetzung um die Haushaltlage allerdings
auch wahlkampftaktische Spielchen auf beiden Seiten. Die Opposition
wirft Staatsminister Dschorbenadse vor, Staatsgelder zu missbrauchen,
da er seine offiziellen Regierungs-Besuche in den Provinzen stets
dazu benutze, den Parteiapparat der dahindümpelnden Bürgerunion
zu reanimieren. Dabei sei auffällig, dass immer die Regionen
mit Geldüberweisungen aus Tbilissi rechnen könnten,
die Dschorbenadse gerade besuche, was den besten Traditionen einer
kommunistischen Partei entspreche. Regionen, in denen die Opposition
stärkeren Einfluss besitze, würden von der Regierungszentrale
in finanzieller Hinsicht stiefmütterlich behandelt.
Der Verlauf
dieser Debatte und der damit zusammenhängenden Impeachment-Anträge
wird Aufschluss darüber geben, ob Eduard Schewardnadse noch
in der Lage ist, im Parlament Mehrheiten zu organisieren.
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