In erster Lesung hat das georgische Parlament nach langem Hin und
Her endlich ein neues Steuergesetz verabschiedet. Es fasst die bisher
12 nationalen und 6 lokalen Steuern zu ingesamt vier Steuern zusammen,
drei nationalen und einer lolaken. Ausserdem soll die Mehrwertsteuer
von 20 auf 15 % reduziert und ihr Abrechnungsverfahren wesentlich
vereinfacht werden. Die Initiatoren dieser Steuerreform - die Fraktion
der "Industrialisten" mit Unterstützung der Stiftung
"Open Society - Georgia" und der Gogi Topadse Stiftung
- versprechen sich von dieser Reform eine wirkungsvolle Massnahme
gegen die allgegenwärtige Korruption, deren Hauptquelle viele
in dem unübersichtlichen Steuerrecht des Landes sehen.
Die nationalen Steuern sind:
1. Einkommenssteuer für physische Personen (egal ob Geschäftspersonen
oder Privatpersonen)und für juristische Personen,
2. Mehrwertsteuer,
3. Akzisen
Die Kommunen können nur nur noch eine Steuer erheben und
zwar die Vermögenssteuer.
Alle anderen Steuern, etwa Werbungssteuer und Strassensteuer
u.ä. entfallen künftig, wobei einige bisherige Kommunalsteuern
wie Glücksspielsteuer oder Kurortsteuer in einfache Gebühren
umgewandelt werden.
Das Gesetz sieht auch vor, die bisherigen Sozialabgaben, die
vom Arbeitgeber an die staatlichen Fonds abzuführen waren,
umzuwandeln in eine persönliche Versicherung. Dabei räumen
die Autoren des Gesetzesentwurfes allerdings ein, dass die Reform
des Versicherungswesen derart schleppend vorangehe, dass möglicherweise
die bisherigen Sozialabgaben vorerst beibehalten werden müssten.
Dies würde dann aber die erwünschten Effekte der Steuerreform
infrage stellen. Es sind nämlich auch die für viele
Menschen angesichts der kaum erkennbaren Gegenleistung als viel
zu hoch empfungendenen Sozialabgaben, die viel Geschäfte,
vor allem kleinere in die Schattenwirtschaft treiben. Die Mitarbeiter
werden lieber schwarz bezahlt, um einerseits Einkommenssteuer
und andererseits Sozialabgaben zu umgehen. Georgische Arbeitnehmer
handeln ihre Gehälter meist brutto für netto aus,d.h.
alle Steuern und Sozialabgaben müssen vom Arbeitgeber getragen
werden. Ein effektives Pflicht-Versicherungssystem, das die Grundrisiken
hinreichend absichert, soll nach Ansicht der Steuerreformer die
bisherigen staatlichen Sozialfonds ersetzen.
Der Gesetzesentwurf vereint die bisherigen Einkommens- und Gewinnsteuern
zu einer einheitlichen Einkommenssteuer. Physische Personen können
zwischen zwei Steuersätzen wählen: 15 % für eine
Steuer auf den Gewinn ihrer Geschäftstätigkeit, also
auf die Summe, die zwischen Einnahmen und Ausgaben übrig
bleibt, oder eine zehnprozentige Steuer auf die reinen Geschäftsumsätze
ohne die Möglichkeit, Kosten und Ausgaben abzusetzen. Die
bisherige Steuer auf Unternehmensgewinne betrug 20 %, die Einkommenssteuer
war progressiv gestaltet von 12 - 20 %. Die Buchführungspflicht
besteht für Steuerzahler, die sich für die 15-%-Gewinnsteuer
entscheiden.
Im Gegensatz zur derzeitigen Regelung werden künftig alle
Unternehmen mit der Mehrwertsteuer belegt. Derzeit können
sich Unternehmen mit weniger als 24.000 GEL Jahresumsatz von der
Mehrwertsteuer befreien lassen. Dafür wird die Mehrwertsteuer
von 20 % auf 15 % reduziert, die bisher bürokratisch aufwendigen
Mehrwertsteuerformulare entfallen, das Finanzamt akzeptiert einfache
Geschäftsrechnungen und Belege. Damit entfällt nach
Ansicht der Autoren eine der wesentlichen Quellen der Schattenwirtschaft
und Korruption, da es bisher nahezu unmöglich war, die vorgeschriebenen
Mehrwertsteuerformulare als beleg für bereits bezahlte Vorsteuern
im täglichen Geschäftsbetrieb zu verwenden. (Sie Georgien
News vom )
Exporte können auf den Mehrwertsteuersatz von 0 % reduziert
werden, die Rückerstattung der Mehrwertsteuer erfolgt allerdings
erst nach Vorlage der Export-Dokumente. Der Import und Handel
mit Computer sowie Internet-Dienstleistungen werden von der Mehrwertsteuer
ausgenommen.
Die Vermögenssteuer ist eine lokale Steuer, sie soll das
Haupteinkommen der kommunalen Selbstverwaltung darstellen. Zu
besteuern sind: Land- und Grundbesitz, Vermögensgegenstände,
die kommerziell genutzt werden, Kraftfahrzeuge und andere Eigentumsgegenstände,
die einer Registrierungspflicht unterliegen. Der Gesetzesentwurf
sieht insbesondere für die Vermögenssteuer auf Grundbesitz
unterschiedliche Höhen für städtische oder ländliche
Gebiete vor, die über ein Koeffizientensystem von den kommunalen
Selbstverwaltungsorganen bestimmt werden können. Die Obergrenze
wird aber mit 1 GEL pro Quadratmeter landesweit festgelet.
Erhebliche Erleichterungen sind auch auf dem Gebiet der Sanktionen
vorgesehen, die von den Finanzbehörden gegen säumige
Steuerzahler eingesetzt werden können. Die bisherigen Instrumentarien
sind dermassen streng, dass auch sie eine der wesentlichen Grundlagen
für Korruption darstellen. Die verspätete Abgabe von
Steuererklärungen darf nur noch bestraft werden, wenn daraus
ein Schaden für das Budget entstanden ist, ausserdem wird
nicht mehr jede einzelne Steuer mit einer besonderen festen Strafsumme
beweht, Säumniszuschläge dürfen nur noch auf die
gesamt ausstehende Steuerschuld ausgesprochen werden.
Ebenso werden die Steuerzahler nach dem neuen Recht besser vor
Übergriffen der Finanzverwaltung geschützt. So muss
künftig zum Beispiel die Steuerverwaltung Klage vor Gericht
einreichen, wenn ein Steuerzahler mit einer Frist von 12 Tagen
einen begründeten Widerspruch gegen einen Steuerbescheid
eingelegt hat. Damit geht das neue Steuerrecht bis zum Beweis
des Gegenteils von der Ehrlichkeit der Steuerzahler aus, das heisst,
künftig liegt bei Steuer-Streitigkeiten die Beweislast beim
Staat und nicht mehr beim Steuerzahler.
Die gesamte Steuersumme eines Steuerzahlers soll veröffentlicht
werden.
Das neue Steuerrecht hat somit die erste Hürde der Gesetzgebung
genommen. Staatspräsident Sdchewardnadse hat den Entwurf
im Grundsatz begrüsst, jedoch bemängelt, dass er vor
der Einbringung im Parlament nicht in einer Sitzung der Regierung
hat behandelt weren können. Diese wird sich jetzt wohl auch
mit ihren internationalen Kreditgebern abzutimmen haben, die ein
gewichtiges Wörtchen mitreden. Bislang scheiterten viele
Initiativen, das Steuerrecht zu vereinfachen, an den Einsprüchen
von Währungsfond und Wekltbank.
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