Ausgabe 5/03
3. April
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In erster Lesung hat das georgische Parlament nach langem Hin und Her endlich ein neues Steuergesetz verabschiedet. Es fasst die bisher 12 nationalen und 6 lokalen Steuern zu ingesamt vier Steuern zusammen, drei nationalen und einer lolaken. Ausserdem soll die Mehrwertsteuer von 20 auf 15 % reduziert und ihr Abrechnungsverfahren wesentlich vereinfacht werden. Die Initiatoren dieser Steuerreform - die Fraktion der "Industrialisten" mit Unterstützung der Stiftung "Open Society - Georgia" und der Gogi Topadse Stiftung - versprechen sich von dieser Reform eine wirkungsvolle Massnahme gegen die allgegenwärtige Korruption, deren Hauptquelle viele in dem unübersichtlichen Steuerrecht des Landes sehen.

Die nationalen Steuern sind:

1. Einkommenssteuer für physische Personen (egal ob Geschäftspersonen oder Privatpersonen)und für juristische Personen,
2. Mehrwertsteuer,
3. Akzisen

Die Kommunen können nur nur noch eine Steuer erheben und zwar die Vermögenssteuer.

Alle anderen Steuern, etwa Werbungssteuer und Strassensteuer u.ä. entfallen künftig, wobei einige bisherige Kommunalsteuern wie Glücksspielsteuer oder Kurortsteuer in einfache Gebühren umgewandelt werden.

Das Gesetz sieht auch vor, die bisherigen Sozialabgaben, die vom Arbeitgeber an die staatlichen Fonds abzuführen waren, umzuwandeln in eine persönliche Versicherung. Dabei räumen die Autoren des Gesetzesentwurfes allerdings ein, dass die Reform des Versicherungswesen derart schleppend vorangehe, dass möglicherweise die bisherigen Sozialabgaben vorerst beibehalten werden müssten. Dies würde dann aber die erwünschten Effekte der Steuerreform infrage stellen. Es sind nämlich auch die für viele Menschen angesichts der kaum erkennbaren Gegenleistung als viel zu hoch empfungendenen Sozialabgaben, die viel Geschäfte, vor allem kleinere in die Schattenwirtschaft treiben. Die Mitarbeiter werden lieber schwarz bezahlt, um einerseits Einkommenssteuer und andererseits Sozialabgaben zu umgehen. Georgische Arbeitnehmer handeln ihre Gehälter meist brutto für netto aus,d.h. alle Steuern und Sozialabgaben müssen vom Arbeitgeber getragen werden. Ein effektives Pflicht-Versicherungssystem, das die Grundrisiken hinreichend absichert, soll nach Ansicht der Steuerreformer die bisherigen staatlichen Sozialfonds ersetzen.

Der Gesetzesentwurf vereint die bisherigen Einkommens- und Gewinnsteuern zu einer einheitlichen Einkommenssteuer. Physische Personen können zwischen zwei Steuersätzen wählen: 15 % für eine Steuer auf den Gewinn ihrer Geschäftstätigkeit, also auf die Summe, die zwischen Einnahmen und Ausgaben übrig bleibt, oder eine zehnprozentige Steuer auf die reinen Geschäftsumsätze ohne die Möglichkeit, Kosten und Ausgaben abzusetzen. Die bisherige Steuer auf Unternehmensgewinne betrug 20 %, die Einkommenssteuer war progressiv gestaltet von 12 - 20 %. Die Buchführungspflicht besteht für Steuerzahler, die sich für die 15-%-Gewinnsteuer entscheiden.

Im Gegensatz zur derzeitigen Regelung werden künftig alle Unternehmen mit der Mehrwertsteuer belegt. Derzeit können sich Unternehmen mit weniger als 24.000 GEL Jahresumsatz von der Mehrwertsteuer befreien lassen. Dafür wird die Mehrwertsteuer von 20 % auf 15 % reduziert, die bisher bürokratisch aufwendigen Mehrwertsteuerformulare entfallen, das Finanzamt akzeptiert einfache Geschäftsrechnungen und Belege. Damit entfällt nach Ansicht der Autoren eine der wesentlichen Quellen der Schattenwirtschaft und Korruption, da es bisher nahezu unmöglich war, die vorgeschriebenen Mehrwertsteuerformulare als beleg für bereits bezahlte Vorsteuern im täglichen Geschäftsbetrieb zu verwenden. (Sie Georgien News vom )

Exporte können auf den Mehrwertsteuersatz von 0 % reduziert werden, die Rückerstattung der Mehrwertsteuer erfolgt allerdings erst nach Vorlage der Export-Dokumente. Der Import und Handel mit Computer sowie Internet-Dienstleistungen werden von der Mehrwertsteuer ausgenommen.

Die Vermögenssteuer ist eine lokale Steuer, sie soll das Haupteinkommen der kommunalen Selbstverwaltung darstellen. Zu besteuern sind: Land- und Grundbesitz, Vermögensgegenstände, die kommerziell genutzt werden, Kraftfahrzeuge und andere Eigentumsgegenstände, die einer Registrierungspflicht unterliegen. Der Gesetzesentwurf sieht insbesondere für die Vermögenssteuer auf Grundbesitz unterschiedliche Höhen für städtische oder ländliche Gebiete vor, die über ein Koeffizientensystem von den kommunalen Selbstverwaltungsorganen bestimmt werden können. Die Obergrenze wird aber mit 1 GEL pro Quadratmeter landesweit festgelet.

Erhebliche Erleichterungen sind auch auf dem Gebiet der Sanktionen vorgesehen, die von den Finanzbehörden gegen säumige Steuerzahler eingesetzt werden können. Die bisherigen Instrumentarien sind dermassen streng, dass auch sie eine der wesentlichen Grundlagen für Korruption darstellen. Die verspätete Abgabe von Steuererklärungen darf nur noch bestraft werden, wenn daraus ein Schaden für das Budget entstanden ist, ausserdem wird nicht mehr jede einzelne Steuer mit einer besonderen festen Strafsumme beweht, Säumniszuschläge dürfen nur noch auf die gesamt ausstehende Steuerschuld ausgesprochen werden.

Ebenso werden die Steuerzahler nach dem neuen Recht besser vor Übergriffen der Finanzverwaltung geschützt. So muss künftig zum Beispiel die Steuerverwaltung Klage vor Gericht einreichen, wenn ein Steuerzahler mit einer Frist von 12 Tagen einen begründeten Widerspruch gegen einen Steuerbescheid eingelegt hat. Damit geht das neue Steuerrecht bis zum Beweis des Gegenteils von der Ehrlichkeit der Steuerzahler aus, das heisst, künftig liegt bei Steuer-Streitigkeiten die Beweislast beim Staat und nicht mehr beim Steuerzahler.

Die gesamte Steuersumme eines Steuerzahlers soll veröffentlicht werden.

Das neue Steuerrecht hat somit die erste Hürde der Gesetzgebung genommen. Staatspräsident Sdchewardnadse hat den Entwurf im Grundsatz begrüsst, jedoch bemängelt, dass er vor der Einbringung im Parlament nicht in einer Sitzung der Regierung hat behandelt weren können. Diese wird sich jetzt wohl auch mit ihren internationalen Kreditgebern abzutimmen haben, die ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Bislang scheiterten viele Initiativen, das Steuerrecht zu vereinfachen, an den Einsprüchen von Währungsfond und Wekltbank.

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