Im kleinen Foyer dreht sich über einer kleinen Wasserfläche
eine eigenartige Installation, die man bei näherem Betrachten
als Filmkamera erkennen kann. Rechts darüber, an der Verkleidung
einer kleinen Veranda, klotzen ein grosser Scheinwerfer und eine
überdimensionale Kinoklappe - alles Anspielungen auf die Lokalität
des Restaurants "Das verlorene Paradies". Es ist im "Haus
des Kinos" untergebracht, bei der Metro-Station Rustweli direkt
gegenüber dem amerikanischen Hackfleisch- und Frittenparadies,
dessen Namen nicht zu nennen einen keineswegs vor der Gefahr von
Schleichwerbung schützt. Der Eingang zum verlorenen Paradies
liegt gleich neben dem Eingang zum kleinen Kinosaal, in dem jeden
Mittwoch gute internationale Filme im englischen Originalton gezeigt
werden. Ein Ambiente also, das seine Forderungen an die Gestaltung
eines Restaurants stellt.
Und denen sind die Betreiber der Themenkneipe, die im März
2001 eröffnet wurde, gerecht geworden. Schon der Name erinnert
an einen wichtigen georgischen Film der 30-er Jahre "Das
verlorene Paradies". Der Film erzählt vom schweren Leben
des Dorfadels nach der Abschaffung des Leibeigentums. Ihrer traditionellen
Lebensgrundlage beraubt, benehmen sich die Herren nach wie vor
so, als ob sie wohlhabend wären, während sich der neue
Wohlstand bei den befreiten Bauern ansammelt - eine Tragikkomödie,
deren Grundthema auch dem heutigen Georgien nicht ganz fremd zu
sein scheint.
Die Dekorationselemente des verlorenen Paradieses zitieren -
mit Ausnahme der einem Schiff nachempfundenen Bar - allesamt bekannte
georgische Filme: Ein Balkon von "Romeo und Julia",
ein Meer von Rosen für die Angebetete des Malers "Pirosmani"
oder der wundersame
Flugapparat der "Komischen Käuze", den diese in
einer Irrenanstalt unbehelligt bauen durften. Der Apparat funktionierte
und die beiden konnten ihren Traum, den Dädalus und Ikarus
schon einmal vorab geträumt hatten, verwirklichen. Irgendwelche
Parallellen zu georgischen Träumen von heute sind nicht angebracht.
Mit der Zeitgeschichte hat dafür der Film "Die Reue"
zu tun, mit dem in den 80-er Jahren die Perestroika geistig vorbereitet
wurde.
Eine Vitrine ist dem unbekannten Drehbuchautor gewidmet, eine
weitere Charly Chaplin, der Filmlegende. Und ganz nebenbei wird
der bekannte Regisseur Sergo Paradschanow, ein Armenier aus Tbilissi,
mit einer
kleinen Ecke, der Nachahmung seines Wohnzimmers, geehrt. Ein Rundgang
durch das verlorene Paradies birgt also viele Erinnerungen an
eine Kunstsparte, die Georgien einst international bekannt gemacht
hat, jetzt aber ebenso zur Abteilung verlorenes Paradies gehört
wie vieles andere. Das Fast-Food-Paradies auf der anderen Seite
des Platzes gibt heutzutage die Marschrichtung vor.
Im georgischen Paradies, einer verspielten Innenwelt eines Teils
georgischen Kulturschaffens, hat man dem kulinarischen Grossangriff
der internationalen Ess- und Geschmacksnormen widerstanden und
setzt auf eine breite Karte an georgischen wie internationalen
Spezialitäten. Vorspeisen von 1.90 bis zu 4 GEL, eine Portion
gekochten Störs kostet 12 GEL, alles plus 10 % Bedienung.
Die Hauptgänge liegen bei 3.50 bis zu 10 GEL für eine
Forelle in der Folie gebacken.
Anspielungen auf Filmthemen bilden auch den Hintergrund zu den
grossen Platten der Speisekarte, etwa die Platte "Verlorenes
Paradies" mit viel Stör und viel Gemüse. Sie kostet
incl. Bedienung knapp 40 GEL und ist für vier Personen ausgestattet.
Die Weine liegen zwischen fünf und 100 GEL pro Flasche, letzterer
Preis für einen trockenen roten Usachelauri, den Lieblingswein
Stalins, wie versichert wird.
Adresse: Dzmebi Kakabadzestr. 2
gegenüber McDonalds an der Metrostation Rustaweli
Telefon: 999207
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