USAID:
Schabige Steuerquote beim Mineralol
Nicht kassierte Benzinsteuer macht 1/3 des heutigen Budgets aus
Wurde die georgische Regierung von jedem Liter Benzin oder Diesel,
der im Lande verbraucht wird, die ihr zustehenden Steuern und
Gebuhren kassieren, hatte sie rund 1/3 des heutigen Staatshaushaltes
mehr in ihren Kassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die
im Auftrag von USAID (US Agency for International Development)
erstellt wurde. Der Mioneralolmarkt in Georgien wird in dieser
Studie mit etwa 800 Millionen US-$ pro Jahr beziffert. Er konnte
eine solide Einnahmequelle fur den georgischen Fiskus sein, der
allerdings von nur etwa 20 % des weitgehend privatisierten Benzinhandels
Steuern abschopft. Der Rest spielt sich im Schwarzmarkt ab.
Rund 50 Millionen $ kassiert der Staat jahrlich an Mineralolsteuer,
etwa 200 Millionen $ verschenkt er durch seine Nachlassigkeit.
Das ist, so die USAID-Studie, das zwanzigfache dessen, was der
georgische Staat fur die Bildung ausgibt. Und diese hat, folgt
man den Toasts einer jeden georgischen Tafel, einen sehr hohen
Stellenwert im Lande.
Diese Ergebnisse beunruhigt vor allem die Geberinstitutionen,
die das georgische Budgetdefizit mit Krediten ausgleichen. Eine
Studie des EURASIA-Fonds kommt zum Ergebnis, dass die georgische
Regierung unfahig sei, ihr finanzielles Haus in Ordnung zu bringen,
sich aber daruber Sorgen mache, wie sich die Situation verschlechtere,
wenn sie finanzielle Hilfe verlore. Die USAID-Studie mit dem etwas
umfangreichen Titel "Ol- und Gasbewertungsmodell fur Georgien
und Auswirkungen fur die Steuereinnahmen der Regierung",
die auf mehrjahrigen Recherchen beruht, offenbart zwei Probleme
der georgischen Regierung: einerseits ihr lasches Management,
andererseits ihre Verstrickung in die Korruption.
Dabei ware das Eintreiben der Benzinsteuer relativ einfach: Ein
Grossteil des in Georgien verbrauchten Benzins muss importiert
werden, meist aus Russland oder Aserbaidschan. Ungefahr drei Viertel
der nicht eingesammelten Steuern konnte man durch die Einfuhrumsatzsteuer
und die Akzisen bei der Einfuhr abkassieren, sagt die Studie.
Der jahrliche Benzinverbrauch liegt nach zuverlassigen Schatzungen
bei rund 650.000 t. In den Statistiken des Zolls sank die Benzineinfuhr
von 428.000 t im Jahr 1998 allerdings auf 132.000 t im Jahr 2000.
Der Dieselimport sank in der Zollstatistik von 303.600 t im Jahr
1998 auf 60.000 t im Jahr 2000. Gleichzeitig hat sich angesichts
des Booms in einigen Bereichen der Schwarzwirtschaft und der steigenden
Kaufkraft der georgischen Bevolkerung das Verkehrsaufkommen signifikant
gesteigert.
Einen Teil dieser frappierenden Entwicklung fuhrt die USAID-Studie
darauf zuruck, dass das georgische Benzinkartell erfolgreich neue
Importeure abgeblockt und gleichzeitig die Kapazitat an illegalen
Klein-Raffinieren im Lande ausgebaut habe. Wie die Schmuggler
verkaufen die illegalen Raffinierien ihren Sprit zu ahnlichen
Preisen wie offiziell arbeitende Anbieter, ohne ihrerseits den
Staat an ihrem Geschaft zu beteiligen. Ein hoherer georgischer
Beamter, dessen Namen nicht genannt wird, schatzt, dass rund 40
solcher kleiner, nicht zugelassener Raffinerien im Betrieb sind,
mit minderwertigen Produkten gewaltige Geschafte machen und daruberhinaus
ein ernstes Problem fur die Umwelt darstellen. Diese Raffinerien
zahlen keine Steuern und arbeiten im vollig unregulierten Raum,
sie bringen hochsten Profit bei einem ausserst geringen Investment,
erklart die USAID-Studie.
Wenngleich die Ergebnisse der Studie sich mit fruheren Arbeiten
decken und keineswegs uberraschen, werden jetzt endlich scharfere
Massnahmen der Regierung erwartet. Die amerikanische Handelskammer
AmCham installierte eine Petroleum-Berater-Gruppe, die Vorschlage
ausarbeiten soll fur ein legalisiertes Benzingeschaft mit legitimierten
Investoren, die ihre Steuern bezahlen. Ob das offizielle Tbilissi
diese Vorschlage in die Tat umsetzen wird, ist unter Beobachtern
eine offene Frage, da dem georgische Benzin-Kartell nicht zu Unrecht
ausgezeichnete Beziehungen zu hochsten Regierungskreisen nachgesagt
werden.
So werden Weltbank und Wahrungsfond, die hauptsachlichen Geldgeber
Georgiens, nicht umhin kommen,mit sanftem Druck das Augenmerk
von Eduard Schewardnadse auf den eigentlichen Punkt der Budgetkrise
seines Landes zu richten, der mehr als schabigen Performance seiner
Steuerbehorde. Ohne die direkte Unterstutzung der internationalen
Donor-Organisationen in dieser Frage, werde sich in Georgien nichts
andern, zitiert EURASIA einen georgischen Insider, der anonym
bleiben mochte. Die Befurworter einer ernsthaften Veranderung
wollen im Februar mit einem Workshop, an die gesamte Branche teilnehmen
soll, in die Offentlichkeit. Bis dahin soll diese Studie fur sich
sprechen und Wirkung zeigen.
Quelle: Eurasia insight, Ken Stier
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