Im
nächsten Frühjahr jährt sich zum 50. Mal der Tod
eines Mannes, der als Josif Wissarionowitsch Dschugaschwili in
Gori geboren wurde und als Sowjet-Führer Stalin in die Weltgeschichte
eingegangen ist. Bei den Dreharbeiten zu einer grossen, dreiteiligen
ZDF-Dokumentation über Stalin, den Mythos, den Kriegsherren
und den Diktator, die das GN-Team in Georgien organisatorisch
begleitet hat, haben wir eine private Sammlung von Stalin-Devotionalien
entdeckt, die bisher relativ unbekannt war. Es ist die Sammlung
eines vor wenigen Jahren verstorbenen Mannes, die von dessen Witwe
und ihrem Sohn mehr schlecht als recht gepflegt wird. Sie liegt
im kleinen Dorf Ossiauri bei Chaschuri und beherbergt auf drei
Etagen die wohl reichhaltigste Kollektion an Stalin-Büsten
und Gemälden in Georgien.
In dieser
Fotoreportage präsentieren wir diese aussergewöhnliche
Sammlung, nicht um uns an irgendeinem Stalin-Kult zu beteiligen.
Die Stalin-Verehrung, die in Georgien immer wieder zu beobachten
ist, ist jeute nicht viel mehr als eine folkloristische Randnotiz
im Leben des Landes. Politisch sind die Anhänger Stalins
mit gutem Grund kaum wert, beachtet zu werden.
Aber es gilt
auch: Der Mann gehört zur Geschichte Georgiens und diese
Sammlung zeigt vor allem, wie der Kremlherr seinen eigenen Mythos
pflegte. Denn alle Motive der vielen grossformatigen Ölbilder
oder Plastiken wurden vom Diktator selbst genehmigt. Ohne seine
Zustimmung durfte kein einziges Stalin-Abbild der Öffentlichkeit
präsentiert werden. Dafür gibt es, auch das zeigt die
Sammlung, von jedem Stalin-Genre alle Arten von Kopien.
Die Sammlung
ist in einem einfachen Landhaus untergebracht und reichlich unkonzeptionell
zusammengestellt. Aber, wenn man sich mit der Person des grossen
Georgiers in seinem Geburtsland beschäftigen will, dient
sie als wertvolle Ergänzung zum Stalin-Bild, das im Gori-Museum
gezeigt wird. Wer dem Phänomen dieses Mannes näher kommen
will, wird hier einen einzigartigen Zugang finden.
Ein kleiner
Geheimtipp: Auf die landesüblich recht einfach gehaltene
Toilette des Bauernhauses hat der Sammler die einzigen Bilder
zweier Stalin-Nachfolger verbannt: die Portraits von Nikita Chruschtschow
und Michael Gorbatschow.
Fotos:
Rainer Kaufmann
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