Ausgabe 18/02, 23. Nov. Archiv
 Home
  :: Impressum
Tbilisi Tourist Center
Tbilisi Tourist Center
ERKA-REISEN
Last Minute Hotels
Low Budget Trips & Tipps
Der Weg wird lang
Georgien auf NATO-Kurs

Nimmt man die georgischen Medien als Massstab, dann gibt es auf dem Prager NATO-Gipfel nur ein Thema: den baldigen Eintritt Georgiens in die NATO. Und im Verteidigungsministerium ist man sogar davon überzeugt, dass dies in den nächsten zwei bis drei Jahren bereits geschehen werde.

Etwas gelassener hat Eduard Schewardnadse den Antrag seines Landes auf volle NATO-Mitgliedschaft kommentiert. Er erklärte, dass ein oder zwei Jahre wohl nicht ausreichten, das Land auf NATO-Standards zu trimmen, aber man habe Zeit und die Geduld zu warten. Der Weg zum Ziel werde für sein Land lang sein, aber nicht so lange, wie es vor einigen Jahren noch erschien.

Der georgische Staatspräsident sieht im der jetzt offiziell angepeilten NATO-Mitgliedschaft nichts anderes als die grosse historische Wende. Über Jahrhunderte sein Georgien von der westlichen Zivilisation abgeschnitten gewesen, obwohl es seinen Platz immer dort gesehen habe. Und einer seiner engsten Mitarbeiter ergänzte gar, dass mit dem Prager Gipfel endlich Perestroika seinen Abschluss gefunden habe, die Politik der Veränderung, für die Schewardnadse als früherer Aussenminister der UdSSR gestanden hat.

"Die Mitgliedschaft in der NATO bedeutet für Georgien die letzte Sicherheitsgarantie" erklärte Schewardnadse in Prag. Dabei denkt der georgische Staatspräsident wohl kaum daran, dass ihm die NATO bei der Lösung seiner territorialen Probleme in irgendeiner Art beispringen werde. Aber an die Richtungsentscheidung Georgiens zur NATO und die gleichzeitige Richtungsentscheidung der NATO zu Georgien knüpft man hierzulande die Hoffnung, dass die NATO wenigstens ihren Einfluss in Moskau benutzen werde, um Russland zu einer positiveren Rolle im Friedensprozess vor allem in Abchasien zu bewegen. Der Satz der Prager Gipfelerklärung, wonach die NATO auf die Einhaltung der Istanbuler Vereinbarungen in Georgien und Moldawien besteht, also auf den Rückzu der russischen Militärbasen in Georgien, wird als deutliches Signal verstanden, dass man jetzt auch ohne volle militärische Integration in die NATO einen wichtigen neuen Verbündeten gewonnen hat.

Dass die NATO in ihrer Gipfelerklärung direkt die Länder der strategisch wichtigen Regionen des Kaukasus und Zentralasiens ermutigt hat, alle Anstrengungen zu unternehmen, näher an die NATO heranzukommen, wurde in Georgien mit besonderem Interesse notiert, wobei die Vorgaben der NATO ganz erhebliche Anstrengungen Georgiens erfordern, will es dieses Ziel erreichen. Die NATO erwartet von weiteren Beitrittskandidaten, "die Lösung aller internationalen, ethnischen oder externen territorialen Probleme mit friedlichen Mitteln; einen wirkungsvollen Beitrag zur Entwicklung des Rechtsstaats und der Menschenrechte; Aufbau einer demokratischen Kontrolle der Streitkräfte; Garantie von Stabilität und Wohlfahrt durch wirtschaftliche Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Verwantwortung für die Umwelt."
Unabhängig von den gewaltigen finanziellen Anstrengungen, die Georgien erbringen muss, will es seine Armee auf NATO-Standards trimmen, gibt es also viel zu tun, wenn die Ziele der historischen Zäsur von Prag auch wirklich erreicht werden sollen.

Unterstützung erhielt Schewardnadse vom amerikanischen Präsidenten Bush. Auf einem nicht eingeplanten zehnminütigen Treffen, bei dem die beiden nach Auskunft des georgischen Sicherheitschefs Tedo Tschaparidse unter anderem über die Themen Pankisi und GTEP-Programm sprachen, unterstützte der Amerikaner den Beitrittswunsch der Georgier. Das Thema Georgien, versicherte Tschaparidse, stand bei den bilateralen Verhandlungen zwischen Bush und Putin auf der Tagesordnung, was für Georgien nichts anderes bedeutet als dass seine Zukunft jetzt nicht nur von Moskauer Alleingängen abhängig ist. Georgiens Blick richtet sich deshalb hauptsächlich nach Washington.

In der georgischen Öffentlichkeit wird der geplante NATO-Beitritt überwiegend positiv aufgenommen. Es gibt - quer durch alle politischen Lager - kaum kritische Stimmen zum Auftritt Schewardnadses in Prag. Nur einer meldete sich Wort: der Stalins Enkelsohn Jewgeni Dschugaschwili. Sein Grossvater, erklärte er einer Presseagentur, hätte diesen Schritt niemals gebilligt, denn er richte sich voll und ganz gegen die Interessen Russlands. Zu dumm nur, dass auch Russlands Präsident Putin trotz aller Kritik an der massiven Osterweiterung der NATO die prinzipielle Bereitschaft seines Landes erklärt hat, mit der NATO zusammenzuarbeiten.

Georgien will jetzt seiner NATO-Beitritts-Aktivitäten mit Aserbaidschan, der Ukraine und Rest-Jugoslawien koordinieren. Fehlt eigentlich nur noch Armenien, um die Kandidatenliste der nächsten Erweiterung zu komplettieren. Auch von dort gab es vorsichtige Signale: Im nächsten Jahr wird das erste Manöver im Rahmen des NATO-Programms "Partnerschaft für den Frieden" in Armenien stattfinden. Georgien hatte vor zwei Jahren zum ersten Mal ein solches Manöver ausgerichtet.

Druckversion

 

Copyright © 2002 ERKA-Verlag Kontakte :: e-mail :: webmaster