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SZ
28.8.02
"Staatsterrorismus des Kreml"
Georgien wirft Russland Luftangriffe vor und ruft
UN an
Von Tomas Avenarius
Moskau - Nach Berichten über russische Luftangriffe auf das
zu Georgien gehörende Pankisi-Tal hat der georgische Präsident
Eduard Schewardnadse scharfe Kritik an Moskau geübt. Dies sei
ein "Akt der Barbarei". Der georgische UN-Botschafter
Rewaz Adamia sagte, Russlands Vorgehen erinnere "erschreckend
an die Art des Staatsterrorismus, der mit dem Vorgängerstaat
Sowjetunion in Verbindung gebracht wird". Er nannte die Angriffe
eine Verletzung des Völkerrechts und der UN-Charta. Er forderte
den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, sich mit dem Fall
zu befassen.
Das russisch-georgische Verhältnis wird durch die Anwesenheit
tschetschenischer Rebellen in der grenznahen Pankisi-Schlucht seit
Monaten schwer belastet. In der Schlucht leben etwa 4000 tschetschenische
Flüchtlinge sowie mehrere hundert Untergrundkämpfer. Unidentifizierte
Kampfflugzeuge hatten in den vergangenen Wochen mindestens vier
Angriffe auf die Schlucht geflogen. Dabei waren mindestens drei
georgische Bürger ums Leben gekommen. Die Organisation für
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die Beobachter in Georgien
stationiert hat, macht Moskau für die Angriffe verantwortlich.
Russlands Verteidigungsminister Sergei Iwanow wies die Vorwürfe
zurück. Er deutete an, Georgien selbst könnte die Angriffe
geflogen haben.
Moskau hatte seit langem von Georgien vergeblich gefordert, dass
es die Aktivitäten der Rebellen unterbindet. Diese gehen von
Georgien aus zum Kämpfen über die Grenze nach Tschetschenien.
Am Sonntag waren dann überraschend georgische Truppen in die
Schlucht einmarschiert. Die georgische Führung gab aber schon
am Dienstag bekannt, dass bei der Militäraktion kein einziger
tschetschenischer Rebell festgenommen worden sei. Offenbar hätten
die Kämpfer sich über die Grenze abgesetzt.
Beobachter gehen davon aus, dass die georgische Führung sich
stillschweigend mit den Rebellen darauf geeinigt hat, dass diese
sich absetzen, ohne dass es zu Kämpfen kommt. Die Militäraktion
sei eine vorgeschobene Aktivität, um den russischen Protesten
entgegenzuwirken. Schewardnadse reiste am Dienstag auch zu einem
demonstrativen Besuch in die Pankisi-Schlucht. Dies ist erstaunlich,
weil die georgische Regierung das Pankisi während der vergangenen
zwei Jahre stets als von den eigenen Sicherheitskräften nicht
kontrolliertes Gebiet bezeichnet und jede Verantwortung für
die Vorgänge dort abgelehnt hatte.
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