Mit
kräftiger Begleitmusik
Stadtparlament
von Tbilissi wählt Michael Saakaschwili zu seinem Präsidenten
Der Führer
des Blocks "Nationale Bewegung - Demokratische Front",
der frühere Justizminister Michael Saakaschwili, wurde am Montag
auf der konstituierenden Sitzung des Statdparlaments von Tbilissi
zu dessen Präsidenten gewählt. Für Saakaschwili stimmten
27 der insgesamt 46 anwesenden Stadtverordneten, gegen ihn zwei.
Der Rest der Stadtverordneten nahm an der Wahl nicht teil aus Protest
gegen die Tatsache, dass die sogenannte Mandatskommission ausschließlich
aus Mitglieder der beiden stärksten Fraktionen, der Arbeiter
Partei und der Nationalen Bewegung zusammengesetzt wurde. Drei der
insgesamt 49 Stadtverordneten fehlten bei der konstituierenden Sitzung.
Ende vergangener
Woche hatte die Zentrale Wahlkommission die endgültigen Ergebnisse
der Nachzählung der Kommunalwahl bekannt gegeben. Das Nachzählen
war wegen einer Klage von Saakaschwilis Nationaler Bewegung gegen
das vorläufige Ergebnis notwendig geworden. Danach hat sich
an den Stimmenverhältnissen nahezu nichts geändert.
Die Arbeiterpartei bleibt mit 24,99 % der Stimmen auf dem Spitzenplatz,
dicht gefolgt von Saakaschwilis Nationaler Bewegung mit 23,58
%. Die "Neue Rechte" erhielt 11,1 %, die "Christlichen
Demokraten - Surab Schwania" 7,2 %, die Industrialisten des
Bierkönigs Topadse 6,81 %, der Wahlblock "Wiederaufbau
- 21. Jahrhundert" 5,63 % und der Wahlblock "Einheit"
4,03 %. Die Bürgerunion Schewardnadses bleibt abgeschlagen
mit 2,37 % der klare Verlierer dieser Wahl, während die wichtigsten
Oppositionsparteien zusammen mehr als zwei Drittel der Stimmen
erhalten haben.
Damit hat
die Opposition im Parlament der georgischen Hauptstadt das Sagen,
während die Spitze der Stadtverwaltung nach wie vor vom Präsidenten
direkt eingesetzt wird. Saakaschwili erklärte deshalb nach
einer Rücksprache mit den Fraktionen des Stadtparlaments,
dass er unverzüglich die Frage der Stadtverwaltung auf die
Tagesordnung setzen werde, was nichts anderes bedeutet, als einen
Machtkampf zwischen Schewardnadses Bürgermeister Wano Zodelawa
und der Mehrheit des Stadtparlaments. Staatspräsident Eduard
Schewardnadse erklärte noch vor der konstituierenden Sitzung
des Tbilisser Stadtparlaments, er werde mit jedem Präsidenten
zusammenarbeiten, den die Deputierten wählten, wollte sich
aber zur Person Saakaschwili nicht äussern.
Zu einer ersten
Kontroverse kam es zwischen dem neuen Parlamentspräsidenten
und Lewan Gachechiladse, einem Stadtverordneten der Neuen Rechten.
Dieser verlangte noch vor der Wahl Saakaschwilis zum Präsidenten
der Sakrebulo von diesem die Aufgabe seines Sitzes im georgischen
Parlament, so wie er es selbst lange vor seiner Wahl ins Tbilisser
Stadtparlament vorgemacht habe. Dasselbe verlangte er von mehreren
Mitgliedern des Kommunalparlaments vor allem aus der Fraktion
der Schwania-Partei, die gleichzeitig im georgischen Parlament
sitzen. Deren Beteiligung an der konstituierenden Sitzung nannte
Gachechiladse rechtswidrig. Mittlerweile hat Saakaschwili sein
Parlamentsmandat aufgegeben. Weiteren Ärger steht dem Tbilisser
Stadtparlament durch eine Klage der Sozialisten ins Haus, die
auch das Ergebnis der Nachzählung anfechten. Nach ihrer Absicht
ist die konstituierende Sitzung des Stadtparlaments illegal, solange
die anstehenden Klagen nicht entschieden sind.
Am vergangenen
Freitag verursachten ausgerechnet Mitglieder der Partei Saakaschwilis,
darunter auch Parlamentsabgeordnete, einen handfesten Skandal,
als sie eine Sitzung der Zentralen Wahlkampfkommission zu sprengen
trachteten. Der herbeigerufene Saakaschwili selbst musste seine
Parteifreunde beruhigen. Jetzt ermittelt der Staatsanwalt wegen
Hausfriedensbruchs.
Ohne staatsanwaltschaftliche
Ermittlungen wird eine Schlägerei im georgischen Parlament
bleiben, mit der die Diskussionen im Tbilisser Stadtparlament
fortgesetzt wurden, da die Akteure sich der parlamentarischen
Immunität erfreuen. Zu dieser Schlägerei kam es, nachdem
ein Abgeordneter der "Nationalen Bewegung" den "Neuen
Rechten" vorgeworfen hatte, sie hätten mit Bestechungsversuchen
die Wahl Saakaschwilis zum Präsidenten des Stadtparlaments
von Tbilissi verhindern und statt dessen Zaza Gachechiladse durchsetzen
wollen. Die Sitzung des nationalen Parlaments musste unterbrochen
werden.
Die Regierung
wird`s mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben. Denn allzu
fest scheint die Koalition in der Opposition dann doch nicht geschmiedet
zu sein, wenn es um einflussreiche Positionen geht. Surab Schwania
hat denn auch nach dem Eklat im Parlament versucht, zwischen den
Streithähnen Saakaschwili und Gachechiladse zur vermitteln.
Eine Schwächung der Opposition nützt derzeit nur denen,
die man so schnell als möglich ablösen will, der Regierung
unter Staatsminister Awtandilk Dschorbenadse.
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