Davit Maisuradse, Chef der Weinkellerei "Telavi Wine Cellar"
ist keiner der üblichen Sprücheklopfer. Trotzdem zögert
er nicht einen Augenblick mit seiner Antwort auf die Frage, ob er
mit seinen Weinen in zehn Jahren in der Top-Liga der Welt mitspielen
kann: Ja, daran gibt es keinen Zweifel. Denn die natürlichen
Voraussetzung in Kachetien sind dafür gegeben und wenn man
einmal die Fortschritte das Unternehmen abschätzt, seit er
mit zwei Partnern im Jahr 1997 die Mehrheit der Anteile übernommen
hatte, ist man schnell davon überzeugt, dass Maisuradse sein
ehrgeiziges Ziel, das Flaggschiff der georgischen Weinwirtschaft
im internationalen Markt zu werden, erreichen kann.
Die 1915 gegründete
private Weinkellerei wurde nach ihrer Verstaatlichung zu einem
typisch sowjetischen Massenproduzenten umgebaut. Seit 1974 gab
es nur noch die Traubenverarbeitung, man verkaufte den Wein massenweise
in grossen Tanks nach Russland. Qualität spielte keine Rolle.
1995 privatisierten die Mitarbeiter den Betrieb, dessen Kapitalanteile
Maisuradse und seine Partner dann schrittweise übernehmen
konnten. Heute gehört ihnen 95 % des Betriebes.
Die Strategie
von Telawi Wine Cellar unterscheidet sich wesentlich von der anderer
privatisierter Weinfabriken in Georgien. Maisuradse geht davon
aus, dass die Qualität eines Weines bereits im Weinberg bestimmt
wird. Deshalb hat er neben der Weinkellerei noch 350 ha Rebfläche
in einer der besten Lagen Kachetiens aufgekaut, im Dorf Kondoli
unterhalb des wohl berühmtesten Weinguts Tsinandali. Weitere
100 Hektar gehören ihm in den bekannten Weinorten Kindzmarauli,
Mukusani, Napareuli und in Ratscha. In ein paar Jahren schon will
Maisuradze nur noch Trauben verarbeiten, die in eigenen Weinbergen
erzeugt werden. Heute ist er noch zum grössten Teil vom Zukauf
von Bauern und deren Vorstellung von Qualität und Preisen
abhängig. Aber immerhin: In diesem Herbst hat er schon 100
t eigene Trauben gekeltert, im nächsten Jahr sollen es schon
400 t sein.
110 Hektar
hat er in den letzten Jahren bereits neu angepflanzt, wobei er
auf Stecklinge seines eigenen Rebveredelungsbetriebes setzt. Dort
klont er rund zehn Rebsorten, allen voran Saperavi, Cabernet-Sauvignon,
Merlot. Alexandreuli, Mzwane, Krtaziteli und Chardonnaix. Rund
1 Million Stecklinge produziert er pro Jahr. Die genetische Substanz
vieler Weinberge ist nicht mehr sauber, deshalb setzt Maisuradse
darauf, in wenigen Jahren seine ganzen Weinberge, rund 450 ha,
mit neuem und genetisch reinem Rebmaterial angepflanzt zu haben.
Dies ist umso
wichtiger, als ab Januar nächsten Jahres in Georgien ein
neues Weingesetz gilt, dass dem Herkunfts- und Qualitäts-Chaos
der georgischen Weinwirtschaft ein Ende bereitet. Dann gilt entsprechend
dem französischen System von kontrollierten Anbaugebieten
auch in Georgien die Regel, dass der Wein tunlichst dort ausgebaut
und auf die Flasche gezogen werden muss, wo er gewachsen ist.
Und dann werden Lagenweine mit Jahrgangsbezeichnung auch in Georgien
die Regel. Wer weiss, wo der georgische Weinbau vor fünf
Jahren noch stand, kann den fundamentalen Wandel, der sich in
den letzten Jahren vollzogen hat, ermessen. Der georgische Wein
hat den Anschluss an die Qualitätsanforderungen des Weltmarktes
gefunden und David Maisuradze hat seinen Betrieb glänzend
darauf eingestellt.
Im Prospekt
von Telawi Wine Cellar wird das Angebot von rund 20 Weinen nach
den Qualitätsstufen Tafelwein und Qualitätsweine unterschieden.
Die Weine haben ihre Bezeichnung nach Grosslagen wie Kachetien
oder Kleinlagen wie ein Saperavi aus dem Jahr 2000, dessen Kleinlage
als "Gutsweinberg aus dem Dorf Kondoli" angepriesen
wird. Selbstverständlich bietet Maisuradze nur Jahrgangsweine
an, einige davon gereift in den 500 Barrique-Fässern, die
aus Frankreich eingeführt wurden. Für einen Betrieb,
der erst vor fünf Jahren anfing, Weine auf Flaschen zu ziehen,
eine erstaunliche Entwicklung.
Durchaus auf
Weltniveau ist auch die Kellereitechnik, die aus Italien stammt.
Doppelwandige Tanks mit eingebauter Heizung doer Kühlung
lassen eine optimale Behandlung vor allem des Rotweins zu. Und
das notwendige Know How kauft sich Maisuradze, der selbst Weinbautechnologe
ist, ebenfalls auf dem Weltmarkt. Mehrmals im Jahr kommt ein sogenannter
"Flying Winemaker" aus Frankreich, der die Qualitätsentwicklung
des Weinkellers in Telawi betreut. Solche reisenden Kellermeister
sind hochbezahlte und hochqualifizeirte Fachleute, ohne die heute
kaum ein Weingut der Spitzenklasse noch im Wettberwerb mithalten
kann. Ohne diese Investition ist es für georgische Weinbaubetriebe
praktisch unmöglich, den Anschluss an die Weltspitze zu finden.
Natürlich
steht die Frage nach dem Investment im Raum. Wie überall
in Georgien gibt es dazu kaum eine präzise Auskunft. Ja,
in Deutschland würde man mit solchen Informationen auch die
Reputation des Unternehmens darstellen. Aber hierzulande sei das
alles eben etwas schwieriger, das müsse man verstehen. Immerhin
lässt sich Maisuradze die Information entlocken, dass das
meiste Geld aus Geschäften stamme, die er und seine Partner
in Moskaun gemacht hätten.
Etwas präzisere
Antworten erhält man zur Frage des Weinbau-Investments im
georgischen Landwirtschaftsministerium, wo ein stellvertretender
Minister relativ schnelll die Gesamtinvestitionen in den kachetischen
Weinbau der letzten zwei Jahre auf mindestens 50 Millinen $ aufaddiert.
Dabei sind die rund 7.000 Hektar an Rebenneupflanzungen der letzten
beiden Jahre nicht mitgerechnet. Rund 20 von ehemals über
70 staatlichen Weinfabriken arbeiten derzeit, etwa die Hälfte
davon durchaus auf ansprechendem Niveau. Trotzdem werden von den
110.000 Hektar Rebfläche der 80-er Jahre derzeit nur etwa
60.000 bewirtschaftet. Wenn der Boom aber so weiter geht wie in
den letzten Jahren, dann steht der georgische Weinbau vor einer
grossen Zukunft, wobei nicht übersehen werden kann, dass
nur rund 25 % der Weinernte in die industrielle Produktion fliesst.
Der Rest verbleibt in bäuerlichem Besitz, wird dort zu Hausweinen
ausgebaut und zumindest zu einem ganz ansprechenden Teil auf dem
lokalen Markt angeboten.
Die diesjährige
Ernte wird als von der Menge her als sehr schlecht bezeichnet.
In Kachetien sind einige Gebiete durch Hagelschlag ziemlich verwüstet
worden. Das Landwirtschaftsministerium kalkuliert mit einer Gesamternte
im Land, die etwa bei 50 % des Vorjahres liegen wird. Das macht
die Situation auf dem Traubenmarkt nicht unbedingt einfcher, denn
georgischer Rotwein ist gefragt und die Bauern versuchen natürlich,
den Mengenverlust durch Preiserhöhungen auszugleichen.
Dabei liegen
die Traubenpreise in Georgien ohnehin schon recht hoch, teilweise
doppelt so hoch wie in anderen Weinregionen der Nachbarländer.
Zwischen 1,50 und 2.00 GEL müssen Weinkellereien in diesem
Jahr für ein kg guter Rotweintrauben hinlegen, das wird mittelfristig
den Preis für eine Flasche Saperavi nach oben treiben. David
Maisuradze rechnet vor, dass er in seinem Betrieb rund 40 - 50
Tetri Produktionskosten hat und dass die Bauern daher bei allem
Klagen doch ganz gut verdienen. Wenn er erst einmal seine 450
ha Rebflächen voll im Ertrag hat, dann kann er sich dieser
Abhängigkeit vom Beschaffungsmarkt entziehen.
Je nach Saison
arbeiten rund 200 bis 300 Leute in den Weinbergen von Telavi Wine
Cellar und 60 im Betrieb. Die Jahresproduktion gibt Maisuradze
derzeit mit 2 Millionen Flaschen an, zweistellige Zuwachsraten
sind eine Selbstverständlichkeit. In fünf Jahren will
er bei 5 Millionen Flaschen stehen. Nur 5 % des Absatzes werden
im Inland gemacht, 75 % in Russland, eine riskante Abhängigkeit
von einem Markt, die Maisuradze erkannt hat. In ein paar Jahren
schon will er den Export in andere Länder, u.a. nach Europa,
so forciert haben, dass er den russischen Anteil seines Verkaufs
weit unter 50 % drücken kann.
Bei dieser
Marktlage verstehen sich auch die recht hohen Preise, da für
einen guten georgischen Wein in Moskau derzeit auch ein gutes
Geld erzielt wird. Zwischen 2 und 6 $ ab Werk stehen auf der Exportpreisliste,
für Raritäten, die in besonders edler Austattung und
in limitierter Flaschenzahl (700 bis 4.000 pro Jahr) angeboten
werden, kann Telavi Wine Cellar schon mal 35 bis 50 $ auf der
Preisliste vermerken. Wenn die Entwicklung des georgischen Weinmarktes
so weitergeht, dann könnte es sich sogar lohnen, die eine
oder andere Rarität aus Telawi zu kaufen und für ein
paar Jahre in den Keller zu legen. Denn in zehn Jahren schon will
David Maisuradze mit seinen Weinen ganz oben stehen.
Dass dies
alles keine Träume sind, lässt sich an den natürlichen
Faktoren der kachetischen Weinwirtschaft ablesen. Das Alasanital
liegt eingebettet in den Grossen Kaukasus und die Gombori-Berge
auf 350 bis 450 m Höhe über dem Meeresspiegel. Das Klima
ist ideal für Weinbau, viele Sonnentage, im Winter wenig
Frost. Der kalkhaltige Boden vor allem in den Lagen rund um Tsinandali
ist gerade für Rotwein ideal. Und mit dem Saperavi hat Georgien
eine einzigartige Rotweinsorte, die, wenn sie im Weinberg und
Keller richtig behandelt wird, mit allen Rotweinen der Welt mithalten
kann.
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