Ausgabe 16/02, 23. Okt. Archiv
 Home
  :: Impressum
Tbilisi Tourist Center
ERKA-REISEN
Last Minute Hotels
Low Budget Trips & Tipps

Davit Maisuradse, Chef der Weinkellerei "Telavi Wine Cellar" ist keiner der üblichen Sprücheklopfer. Trotzdem zögert er nicht einen Augenblick mit seiner Antwort auf die Frage, ob er mit seinen Weinen in zehn Jahren in der Top-Liga der Welt mitspielen kann: Ja, daran gibt es keinen Zweifel. Denn die natürlichen Voraussetzung in Kachetien sind dafür gegeben und wenn man einmal die Fortschritte das Unternehmen abschätzt, seit er mit zwei Partnern im Jahr 1997 die Mehrheit der Anteile übernommen hatte, ist man schnell davon überzeugt, dass Maisuradse sein ehrgeiziges Ziel, das Flaggschiff der georgischen Weinwirtschaft im internationalen Markt zu werden, erreichen kann.

Die 1915 gegründete private Weinkellerei wurde nach ihrer Verstaatlichung zu einem typisch sowjetischen Massenproduzenten umgebaut. Seit 1974 gab es nur noch die Traubenverarbeitung, man verkaufte den Wein massenweise in grossen Tanks nach Russland. Qualität spielte keine Rolle. 1995 privatisierten die Mitarbeiter den Betrieb, dessen Kapitalanteile Maisuradse und seine Partner dann schrittweise übernehmen konnten. Heute gehört ihnen 95 % des Betriebes.

Die Strategie von Telawi Wine Cellar unterscheidet sich wesentlich von der anderer privatisierter Weinfabriken in Georgien. Maisuradse geht davon aus, dass die Qualität eines Weines bereits im Weinberg bestimmt wird. Deshalb hat er neben der Weinkellerei noch 350 ha Rebfläche in einer der besten Lagen Kachetiens aufgekaut, im Dorf Kondoli unterhalb des wohl berühmtesten Weinguts Tsinandali. Weitere 100 Hektar gehören ihm in den bekannten Weinorten Kindzmarauli, Mukusani, Napareuli und in Ratscha. In ein paar Jahren schon will Maisuradze nur noch Trauben verarbeiten, die in eigenen Weinbergen erzeugt werden. Heute ist er noch zum grössten Teil vom Zukauf von Bauern und deren Vorstellung von Qualität und Preisen abhängig. Aber immerhin: In diesem Herbst hat er schon 100 t eigene Trauben gekeltert, im nächsten Jahr sollen es schon 400 t sein.


110 Hektar hat er in den letzten Jahren bereits neu angepflanzt, wobei er auf Stecklinge seines eigenen Rebveredelungsbetriebes setzt. Dort klont er rund zehn Rebsorten, allen voran Saperavi, Cabernet-Sauvignon, Merlot. Alexandreuli, Mzwane, Krtaziteli und Chardonnaix. Rund 1 Million Stecklinge produziert er pro Jahr. Die genetische Substanz vieler Weinberge ist nicht mehr sauber, deshalb setzt Maisuradse darauf, in wenigen Jahren seine ganzen Weinberge, rund 450 ha, mit neuem und genetisch reinem Rebmaterial angepflanzt zu haben.


Dies ist umso wichtiger, als ab Januar nächsten Jahres in Georgien ein neues Weingesetz gilt, dass dem Herkunfts- und Qualitäts-Chaos der georgischen Weinwirtschaft ein Ende bereitet. Dann gilt entsprechend dem französischen System von kontrollierten Anbaugebieten auch in Georgien die Regel, dass der Wein tunlichst dort ausgebaut und auf die Flasche gezogen werden muss, wo er gewachsen ist. Und dann werden Lagenweine mit Jahrgangsbezeichnung auch in Georgien die Regel. Wer weiss, wo der georgische Weinbau vor fünf Jahren noch stand, kann den fundamentalen Wandel, der sich in den letzten Jahren vollzogen hat, ermessen. Der georgische Wein hat den Anschluss an die Qualitätsanforderungen des Weltmarktes gefunden und David Maisuradze hat seinen Betrieb glänzend darauf eingestellt.


Im Prospekt von Telawi Wine Cellar wird das Angebot von rund 20 Weinen nach den Qualitätsstufen Tafelwein und Qualitätsweine unterschieden. Die Weine haben ihre Bezeichnung nach Grosslagen wie Kachetien oder Kleinlagen wie ein Saperavi aus dem Jahr 2000, dessen Kleinlage als "Gutsweinberg aus dem Dorf Kondoli" angepriesen wird. Selbstverständlich bietet Maisuradze nur Jahrgangsweine an, einige davon gereift in den 500 Barrique-Fässern, die aus Frankreich eingeführt wurden. Für einen Betrieb, der erst vor fünf Jahren anfing, Weine auf Flaschen zu ziehen, eine erstaunliche Entwicklung.


Durchaus auf Weltniveau ist auch die Kellereitechnik, die aus Italien stammt. Doppelwandige Tanks mit eingebauter Heizung doer Kühlung lassen eine optimale Behandlung vor allem des Rotweins zu. Und das notwendige Know How kauft sich Maisuradze, der selbst Weinbautechnologe ist, ebenfalls auf dem Weltmarkt. Mehrmals im Jahr kommt ein sogenannter "Flying Winemaker" aus Frankreich, der die Qualitätsentwicklung des Weinkellers in Telawi betreut. Solche reisenden Kellermeister sind hochbezahlte und hochqualifizeirte Fachleute, ohne die heute kaum ein Weingut der Spitzenklasse noch im Wettberwerb mithalten kann. Ohne diese Investition ist es für georgische Weinbaubetriebe praktisch unmöglich, den Anschluss an die Weltspitze zu finden.

Natürlich steht die Frage nach dem Investment im Raum. Wie überall in Georgien gibt es dazu kaum eine präzise Auskunft. Ja, in Deutschland würde man mit solchen Informationen auch die Reputation des Unternehmens darstellen. Aber hierzulande sei das alles eben etwas schwieriger, das müsse man verstehen. Immerhin lässt sich Maisuradze die Information entlocken, dass das meiste Geld aus Geschäften stamme, die er und seine Partner in Moskaun gemacht hätten.

Etwas präzisere Antworten erhält man zur Frage des Weinbau-Investments im georgischen Landwirtschaftsministerium, wo ein stellvertretender Minister relativ schnelll die Gesamtinvestitionen in den kachetischen Weinbau der letzten zwei Jahre auf mindestens 50 Millinen $ aufaddiert. Dabei sind die rund 7.000 Hektar an Rebenneupflanzungen der letzten beiden Jahre nicht mitgerechnet. Rund 20 von ehemals über 70 staatlichen Weinfabriken arbeiten derzeit, etwa die Hälfte davon durchaus auf ansprechendem Niveau. Trotzdem werden von den 110.000 Hektar Rebfläche der 80-er Jahre derzeit nur etwa 60.000 bewirtschaftet. Wenn der Boom aber so weiter geht wie in den letzten Jahren, dann steht der georgische Weinbau vor einer grossen Zukunft, wobei nicht übersehen werden kann, dass nur rund 25 % der Weinernte in die industrielle Produktion fliesst. Der Rest verbleibt in bäuerlichem Besitz, wird dort zu Hausweinen ausgebaut und zumindest zu einem ganz ansprechenden Teil auf dem lokalen Markt angeboten.

Die diesjährige Ernte wird als von der Menge her als sehr schlecht bezeichnet. In Kachetien sind einige Gebiete durch Hagelschlag ziemlich verwüstet worden. Das Landwirtschaftsministerium kalkuliert mit einer Gesamternte im Land, die etwa bei 50 % des Vorjahres liegen wird. Das macht die Situation auf dem Traubenmarkt nicht unbedingt einfcher, denn georgischer Rotwein ist gefragt und die Bauern versuchen natürlich, den Mengenverlust durch Preiserhöhungen auszugleichen.

Dabei liegen die Traubenpreise in Georgien ohnehin schon recht hoch, teilweise doppelt so hoch wie in anderen Weinregionen der Nachbarländer. Zwischen 1,50 und 2.00 GEL müssen Weinkellereien in diesem Jahr für ein kg guter Rotweintrauben hinlegen, das wird mittelfristig den Preis für eine Flasche Saperavi nach oben treiben. David Maisuradze rechnet vor, dass er in seinem Betrieb rund 40 - 50 Tetri Produktionskosten hat und dass die Bauern daher bei allem Klagen doch ganz gut verdienen. Wenn er erst einmal seine 450 ha Rebflächen voll im Ertrag hat, dann kann er sich dieser Abhängigkeit vom Beschaffungsmarkt entziehen.

Je nach Saison arbeiten rund 200 bis 300 Leute in den Weinbergen von Telavi Wine Cellar und 60 im Betrieb. Die Jahresproduktion gibt Maisuradze derzeit mit 2 Millionen Flaschen an, zweistellige Zuwachsraten sind eine Selbstverständlichkeit. In fünf Jahren will er bei 5 Millionen Flaschen stehen. Nur 5 % des Absatzes werden im Inland gemacht, 75 % in Russland, eine riskante Abhängigkeit von einem Markt, die Maisuradze erkannt hat. In ein paar Jahren schon will er den Export in andere Länder, u.a. nach Europa, so forciert haben, dass er den russischen Anteil seines Verkaufs weit unter 50 % drücken kann.


Bei dieser Marktlage verstehen sich auch die recht hohen Preise, da für einen guten georgischen Wein in Moskau derzeit auch ein gutes Geld erzielt wird. Zwischen 2 und 6 $ ab Werk stehen auf der Exportpreisliste, für Raritäten, die in besonders edler Austattung und in limitierter Flaschenzahl (700 bis 4.000 pro Jahr) angeboten werden, kann Telavi Wine Cellar schon mal 35 bis 50 $ auf der Preisliste vermerken. Wenn die Entwicklung des georgischen Weinmarktes so weitergeht, dann könnte es sich sogar lohnen, die eine oder andere Rarität aus Telawi zu kaufen und für ein paar Jahre in den Keller zu legen. Denn in zehn Jahren schon will David Maisuradze mit seinen Weinen ganz oben stehen.

Dass dies alles keine Träume sind, lässt sich an den natürlichen Faktoren der kachetischen Weinwirtschaft ablesen. Das Alasanital liegt eingebettet in den Grossen Kaukasus und die Gombori-Berge auf 350 bis 450 m Höhe über dem Meeresspiegel. Das Klima ist ideal für Weinbau, viele Sonnentage, im Winter wenig Frost. Der kalkhaltige Boden vor allem in den Lagen rund um Tsinandali ist gerade für Rotwein ideal. Und mit dem Saperavi hat Georgien eine einzigartige Rotweinsorte, die, wenn sie im Weinberg und Keller richtig behandelt wird, mit allen Rotweinen der Welt mithalten kann.































Copyright © 2002 ERKA-Verlag Kontakte :: e-mail :: webmaster