Eine
schwere Lehrstunde für Georgien
Kommission
des US-Kongress beschäftigte sich mit der Demokratisierung
in Georgien
Aus
Civil Georgia
Die US-Kongresskomission für Sicherheit und Zusammenarbeit
in Europa beschäftigte sich im September in einer speziellen
Sitzung mit den Themen Demokratisierung, Menschenrechte und Sicherheit
in Georgien. Der Kommission gehören 18 Senatoren und Abgeordnete
der Republikaner und Demokraten an. Anwesend waren der stellvertretende
Staatssekretär Lynn Pascoe und der Georgieneexperte, Prof.
Stephen Jones vom Mount Holyoke College. Die georgische Seite
wurde vertreten durch den georgischen Botschafter in USA, Kanada
und Mexiko Lewan Mikeladse, den Direktor des Kaukasus-Insituts,
Gia Nodia, den Bischof der georgischen Baptisten Kirche, Malchas
Songulaschwili, und der Vertreter der Zeugen Jehowas in Georgien,
Genadi Gudadze.
Das Treffen wurde eröffnet mit einer Rede des stellvertretenden
Kommissionsvorsitzenden Christopher Smith (Republikaner/NJ), der
seit 1993 die Situation in Georgien beobachtet. Nach seinen Worten
hat Georgien in dieser Zeit enorme Fortschritte gemacht: mehrere
Hundert NGO`s haben sich im Land etabliert, politische Parteien
und unabhängige Medien, ebenso habe sich das Parlament als
eine ernsthafte Gesetzgebungskörperschaft gezeigt. "Trotzdem
hat sich in den letzten Jahren der Optimismus über die Zukunft
Georgiens verflogen" fügte Smith an. Die internationale
Gemeinschaft sei betroffen von der rüden Verletzung der Menschenrechte
im Land, isnbesondere der Einschränkung der Religionsfreiheit.
"Dieser Trend ist nicht nur gefährlich, weil die Verletzung
der Religionsfreiheit an sich schlimm ist", stellte Gia Nodia
fest. Viel wichtiger sei, dass die Tatsache, dass diese Rechtsverletzungen
nicht bestraft würden, sich auch auf andere Bereiche der
Gesellschaft ausbreiten würde.
Der georgische Botschafter begründete die Inaktivität
der georgischen Führung in dieser Frage damit, dass die Öffentlichkeit
die georgische orthodoxe Kirche als Schlüssel zur Unabhängigkeit
des georgischen Staates ansehe. Für viele sei sie die Möglichkeit,
historisches und kulturelles Erbe und Traditionen zu schützen.
Diese Erklärung konnte aber die Mitlgieder der Kommission
nicht überzeugen. Christopher Smith antwortete, dass alle
Versuche, die Gesetzesbrecher zu bestrafen, ins Stocken gekommen
seien, als Scharen von Fanatikern die Gerichtsverhandlungen besetzten.
"Wenn solche Aktionen erlaubt werden, gerät das gesamte
Justizsystem des Landes in Gefahr, Gefangener des Mobs zu werden".
Smith unterstrich, dass Georgien eine reiche Tradition an religiöser
Toleranz habe und deshalb diese Angelegenheit weitaus schwerer
ins Gewicht falle als in anderen nachsowjetischen Staaten. Es
gäbe zwar eine ganze Reihe von Erklärungen dieses eigenartigen
Phänomens. Es dürfe aber keine Entschuldigung dafür
geben, dass der Staat diese Barbarei dulde. "Das muss aufhören
und zwar sofort", erklärte Smith.
Der stellvertretende Staatssekretär im Aussenministerium
Lynn Pascoe beschäftigte sich hauptsächlich mit Sicherheitsfragen.
Er erklärte, die Vereinigten Staaten würden Georgien
und Russland zur Zusammenarbeit ermuntern, um regionale Sicherheit
in ihren Territorien zu garantieren und in politischen Verhandlungen
Lösungen der vielen strittigen Fragen zu finden. Pascoe erwähnte
hierbei insbesondere die Frage der zeitweisen Gasabschaltung durch
Russland, die politische Lösung des Abchasienkonflikts und
die Berzögerungen beim Abzug der russischen Militärbasen
aus Georgien.
"Wir haben die Georgier massiv aufgefordert, die Kontrolle
über das Pankisital zurück zu gewinnen, wo wir davon
überzeugt sind, dass ausländische Terroristen mit Verbindungen
zu Al Qaida sind." Diese würden die Sicherheit und Stabilität
Georgiens und Russlands gleichermassen gefährden. Georgien
müsse dieses Problem lösen. Das Statement von Präsident
Putin bewertete Pascoe als Versuch Russlands, eine Rechtfertigung
für das andauernde Versagen seiner Tschetschenienpolitik
zu finden. "Bei unserer Zusammenarbeit mit Russland im Krieg
gegen den Terrorismus haben wir Moskau in keiner Weise grünes
Licht gegeben, Georgien zu attackieren" fügte Christopher
Smith hinzu.
Während der Kommissionssitzung wurde der Demokratisierungsprozess
in Georgien schwer kritisiert. Entgegen aller Empfehlungen der
Weltbank, des Währungsfonds und der US-Regierung habe sich
die georgische Regierung als unfähig oder unwillig erwiesen,
den Teufel der Korruption auszutreiben, auch wenn Präsident
Schewardnadse selbst die Korruption als Gefahr für die Sicherheit
Georgiens bezeichnet hatte, hielt Christopher Smith seinen georgischen
Gästen in seiner Einführungsrede vor.
Nahezu jeder Redner beschäftige sich auch mit der Frage
der jüngsten Wahlen, die keinesfalls OSZE-Standards erreicht
hätten. Amerika ist besorgt, ob die kommenden Parlaments-
und Präsidentenwahlen mit all ihren Unsicherheiten Georgien
wirklich in die Nach-Schewardnadse-Ära führen könnten.
Professor Jones erklärte, dass er bereits 1995 der Kommission
berichtet habe, dass die Machtkonzentration in der Hand Schewardnadses
und die Einbindung alter Apparatschiks in entscheidende politische
Positionen das vertrauen in die demokratischen Institutionen und
den Markt unterminieren würden. "Schewardnadse mag zwar
das geogische Staatsschiff gerettet haben, er hat ihm aber kaum
Kurs gewiesen. " Prof. Jones bedauerte, dass er heute, nach
sieben Jahren und mehr als 700 Millionen US-$ an Hilfsleistungen
zu keiner anderen Beurteilung der Situation komme.
Es sei zwar Unsinn, zu behaupten, es habe keinen Fortschritt
in Georgien gegeben, erklärte Jones weiter. Aber dieser Fortschritt,
in den westliche Regierungen und internationale Insitutionen stünde
auf einem wackeligen Fundament. Korruption und Migration, öffentlicher
Zynismus und eine nur schwach organisierte Zivilgesellschaft seien
Grundlage der heutigen Stabilität in Georgien. Aber morgen
würden diesselben Phänomene jede Zukunftserwartung in
eine nachhaltige Reform in Georgien unterminieren. Die Mitglieder
der Kommission teilten die Ansicht von Professor Jones, dass die
USA schwerlich die Unterstützung für Georgien fortsetzen
könnten, wenn es eine Regierung stütze, der viele nachsagen,
sie kümmere sich nicht um das Wohlergehen ihrer Bürger.
In der Diskussion erklärten die Kongressabgeordneten, dass
von nun an die Hilfe Amerikas vom Fortgang der Demokratisierung
Georgiens abhängig gemacht werden müsse.
Dies sei die Botschaft "unserer grossen Liebe", erklärte
Lynn Pascoe. Die Botschaft werde gesandt, weil die Beziehungen
zwischen Georgien und den USA sehr eng und stark seien. Um diese
Beziehungen aber dauerhaftv zu gestalten, bedürfe es Fortschritte
in allen angesprochenen Bereichen.
Die Bedeutung Georgiens für den Westen könne nicht
hoch genug eingeschätzt werden, fuhr Pascoe fort, da Georgien
ein Pfeiler der Ost-West-Energie-Pipelines sei und an der historischen
Schnittstelle der Regionalmächte Russland, Iran und Türkei
liege. Ein stabiles und demokratisches Georgien habe geo-strategische
Bedeutung für die internationalen Beziehungen Amerikas weit
in die Zukunft hinein.
Christopher Smith schloss die Tagung mit der Hoffnung, dass die
Kommission in einem halben Jahr erneut zusammentreten könne
und dann Fortschritte in den Bereichen Demokratisierung, Menschenrechte
und Sicherheit testiert werden könnten.
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