Ausgabe 14/02, 25. Sept. Archiv
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Junge Welt
Pipeline gegen Moskau

Karin Leukefeld

Baubeginn für Ölleitung vom Kaspischen Meer in die Türkei. USA setzten Projekt durch.

In Aserbaidshan hat am Mittwoch der Bau einer strategisch wichtigen Ölpipeline vom Kaspischen Meer bis zur türkischen Mittelmeerküste begonnen. An der Zeremonie nahe der aserbaidshanischen Hauptstadt Baku nahmen die Staatschefs von Aserbaidshan, Georgien und der Türkei sowie US-Energieminister Spencer Abraham teil.

Am Kaspischen Meer lagern die drittgrößten Öl- und Gasreserven der Welt, die bislang durch zwei Pipelines über russisches Gebiet dem Westen zugeliefert wurden. Die neue Pipeline soll im Jahr 2005 fertig sein. Durch die 1750 Kilometer lange Röhre sollen dann bis zu einer Million Barrel pro Tag fließen. Die Baukosten sollen 2,95 Milliarden Dollar (3,06 Milliarden Euro) betragen. Neun Ölkonzerne teilen sich die Ausbeute folgendermaßen auf: Die britische BP erhält 38,21 Prozent, SOCAR (Aserbaidshan) 25 Prozent, Statoil (Norwegen) 9,58 Prozent, Unocal (USA) 8,9 Prozent, TPAO (Türkei) 7,55 Prozent, Eni Agip (Italien) und Total Final Elf (Frankreich) bekommen jeweils fünf Prozent, Inpex (Japan) 3,4 Prozent und Delta Hess (US/Saudi-Arabien) 2,36 Prozent. Die Pipeline wird durch die kurdischen Gebiete der Türkei verlaufen, wo zumindest in zwei Provinzen noch immer der militärische Ausnahmezustand herrscht. Vor wenigen Jahren noch erschien das Projekt Baku-Tbilissi-Ceyhan-Pipeline (BTC) unrealistisch wie ein "weißer Elefant". Angesichts der Kämpfe zwischen der kurdischen PKK-Guerilla und dem türkischen Militär fanden sich lange keine Geldgeber. Doch das Interesse der USA, alternative, kürzere und billigere Pipelines durch Rußland oder den Iran zu verhindern, setzte sich schließlich durch. "Ohne diese Pipeline könnten die Ressourcen des Kaspischen Meeres der Welt nicht zugänglich gemacht werden", sagte US-Energieminister Abraham bei der Einweihung. Ölexperten sehen das anders und kritisieren, daß es sich bei der BTC-Pipeline ausschließlich um ein politisches Projekt gegen Moskau handele. Der türkische Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer erklärte, die Pipeline werde in der Türkei zum "Rückgrat eines Ost-West-Energiekorridors, durch den kaspisches Öl und natürliche Gasvorkommen auf die internationalen Märkte" fließen könnten. Das stärkt die Stellung der Türkei als Regionalmacht gegenüber Rußland. Dazu kommt die enge Kooperation mit Aserbaidshan und Georgien. Der georgische Präsident Schewardnadse bezeichnete den Bau der BTC-Pipeline als "Beginn einer neuen Realität in Georgien und in der Region des südlichen Kaukasus". Nichtregierungsorganisationen haben derweil vor einer "Kolonialisierung der Türkei durch die Ölgesellschaften" gewarnt. Schon im September 2000 sei mit der türkischen Regierung vereinbart worden, dem Ölkonsortium weitgehende Wirtschaftsfreiheit zu gewähren, so die Organisation Corner House, in der unter anderem das Kurdische Menschenrechtsprojekt (KHRP) und die Kampagne gegen den Ilisu-Staudamm mitarbeiten. Die Vereinbarung, veröffentlicht im türkischen Amtsblatt und gültig für 40 Jahre, sehe vor, daß die ohnehin schwachen Gesetzesvorschriften in puncto Arbeitsrecht und Umweltschutz nicht für das Ölkonsortium gelten sollen. Die Nichtregierungsorganisationen sehen in der Vereinbarung einen Versuch, das 1998 gescheiterte MAI (Multilaterales Abkommen über Investitionen) durch die Hintertür eines "undemokratischen Staates" wieder einzuführen, so Nick Hildyard von Corner House. Die Türkei sei jetzt dreigeteilt, sagte er. "Es gibt die Türkei mit türkischem Recht, die kurdischen Gebiete mit dem Ausnahmerecht und einen Streifen quer durch das Land, wo British Petrol regiert." Das Abkommen sieht für die Ölgesellschaften unter anderem den ungehinderten Zugang zu Wasser vor, ungeachtet kommunaler Bedürfnisse. Im Falle von Ölverschmutzungen sollen die Firmen nicht belangt werden können. Nur in absoluten Notfällen bei Bedrohung der Bevölkerung, Umwelt oder der nationalen Sicherheit soll die Regierung einschreiten können. In einer Krisensituation soll es den an der Pipeline beteiligten Ölgesellschaften möglich sein, den Schutz der türkischen Armee oder von Sicherheitskräften anzufordern. Ähnliche Abkommen haben auch die Regierungen von Georgien und Aserbaidshan mit dem Ölkonsortium abgeschlossen.
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