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Junge
Welt
Pipeline gegen Moskau
Karin Leukefeld
Baubeginn für Ölleitung vom Kaspischen Meer in die
Türkei. USA setzten Projekt durch.
In Aserbaidshan
hat am Mittwoch der Bau einer strategisch wichtigen Ölpipeline
vom Kaspischen Meer bis zur türkischen Mittelmeerküste
begonnen. An der Zeremonie nahe der aserbaidshanischen Hauptstadt
Baku nahmen die Staatschefs von Aserbaidshan, Georgien und der Türkei
sowie US-Energieminister Spencer Abraham teil.
Am Kaspischen Meer lagern die drittgrößten Öl- und
Gasreserven der Welt, die bislang durch zwei Pipelines über
russisches Gebiet dem Westen zugeliefert wurden. Die neue Pipeline
soll im Jahr 2005 fertig sein. Durch die 1750 Kilometer lange Röhre
sollen dann bis zu einer Million Barrel pro Tag fließen. Die
Baukosten sollen 2,95 Milliarden Dollar (3,06 Milliarden Euro) betragen.
Neun Ölkonzerne teilen sich die Ausbeute folgendermaßen
auf: Die britische BP erhält 38,21 Prozent, SOCAR (Aserbaidshan)
25 Prozent, Statoil (Norwegen) 9,58 Prozent, Unocal (USA) 8,9 Prozent,
TPAO (Türkei) 7,55 Prozent, Eni Agip (Italien) und Total Final
Elf (Frankreich) bekommen jeweils fünf Prozent, Inpex (Japan)
3,4 Prozent und Delta Hess (US/Saudi-Arabien) 2,36 Prozent. Die
Pipeline wird durch die kurdischen Gebiete der Türkei verlaufen,
wo zumindest in zwei Provinzen noch immer der militärische
Ausnahmezustand herrscht. Vor wenigen Jahren noch erschien das Projekt
Baku-Tbilissi-Ceyhan-Pipeline (BTC) unrealistisch wie ein "weißer
Elefant". Angesichts der Kämpfe zwischen der kurdischen
PKK-Guerilla und dem türkischen Militär fanden sich lange
keine Geldgeber. Doch das Interesse der USA, alternative, kürzere
und billigere Pipelines durch Rußland oder den Iran zu verhindern,
setzte sich schließlich durch. "Ohne diese Pipeline könnten
die Ressourcen des Kaspischen Meeres der Welt nicht zugänglich
gemacht werden", sagte US-Energieminister Abraham bei der Einweihung.
Ölexperten sehen das anders und kritisieren, daß es sich
bei der BTC-Pipeline ausschließlich um ein politisches Projekt
gegen Moskau handele. Der türkische Staatspräsident Ahmet
Necdet Sezer erklärte, die Pipeline werde in der Türkei
zum "Rückgrat eines Ost-West-Energiekorridors, durch den
kaspisches Öl und natürliche Gasvorkommen auf die internationalen
Märkte" fließen könnten. Das stärkt die
Stellung der Türkei als Regionalmacht gegenüber Rußland.
Dazu kommt die enge Kooperation mit Aserbaidshan und Georgien. Der
georgische Präsident Schewardnadse bezeichnete den Bau der
BTC-Pipeline als "Beginn einer neuen Realität in Georgien
und in der Region des südlichen Kaukasus". Nichtregierungsorganisationen
haben derweil vor einer "Kolonialisierung der Türkei durch
die Ölgesellschaften" gewarnt. Schon im September 2000
sei mit der türkischen Regierung vereinbart worden, dem Ölkonsortium
weitgehende Wirtschaftsfreiheit zu gewähren, so die Organisation
Corner House, in der unter anderem das Kurdische Menschenrechtsprojekt
(KHRP) und die Kampagne gegen den Ilisu-Staudamm mitarbeiten. Die
Vereinbarung, veröffentlicht im türkischen Amtsblatt und
gültig für 40 Jahre, sehe vor, daß die ohnehin schwachen
Gesetzesvorschriften in puncto Arbeitsrecht und Umweltschutz nicht
für das Ölkonsortium gelten sollen. Die Nichtregierungsorganisationen
sehen in der Vereinbarung einen Versuch, das 1998 gescheiterte MAI
(Multilaterales Abkommen über Investitionen) durch die Hintertür
eines "undemokratischen Staates" wieder einzuführen,
so Nick Hildyard von Corner House. Die Türkei sei jetzt dreigeteilt,
sagte er. "Es gibt die Türkei mit türkischem Recht,
die kurdischen Gebiete mit dem Ausnahmerecht und einen Streifen
quer durch das Land, wo British Petrol regiert." Das Abkommen
sieht für die Ölgesellschaften unter anderem den ungehinderten
Zugang zu Wasser vor, ungeachtet kommunaler Bedürfnisse. Im
Falle von Ölverschmutzungen sollen die Firmen nicht belangt
werden können. Nur in absoluten Notfällen bei Bedrohung
der Bevölkerung, Umwelt oder der nationalen Sicherheit soll
die Regierung einschreiten können. In einer Krisensituation
soll es den an der Pipeline beteiligten Ölgesellschaften möglich
sein, den Schutz der türkischen Armee oder von Sicherheitskräften
anzufordern. Ähnliche Abkommen haben auch die Regierungen von
Georgien und Aserbaidshan mit dem Ölkonsortium abgeschlossen.
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