Vorwürfe
an Russland, Kritik an der UNO
Aussenminister
Irakli Menagarischwili vor der UN-Vollversammlung
Der georgische Aussenminister Irakli Menagarischwili nutzte die
57. Vollversammlung der Vereinten Nationen zu heftigen Vorwürfen
gegen Russland. Der wies die Vorwürfe Moskaus als absurd zurück,
wonach Georgien Terroristen beherberge und unterstütze. Moskau
baue Georgien als einen Feind Russlands auf, um in der russischen
Öffentlichkeit vom eigenen Versagen in Tschetschenien abzulenken.
Die Probleme im Pankisital hätten ihre Ursache in Tschetschenien
und nicht umgekehrt.
Die mehrfachen Verletzung der georgischen Souveränität
durch Russland und die offene Androhung militärischer Gewalt
bezeichnete er als einen Anschlag auf das Fundament der internationalen
Staatengemeinschaft. Er rief Russland dazu auf, eine gemeinsame
Sprache mit Georgien zu finden und die Probleme gemeinsam zu lösen.
Niemand in der Welt könne bei den Konfliktpotentialen im
Kaukasus aus sicherer Warte den Beobachter spielen und auf politische
oder wirtschaftliche Vorteile hoffen. In dieser multi-religiösen
und multi-ethnischen Region könne sich schon ein einfacher
Disput zu einem grösseren Konflikt, schliesslich gar zu einem
Krieg jeder gegen jeden ausweiten.
Der georgische Aussenminister sparte auch nicht mit Kritik an
den Vereinten Nationen, denen er eine zu nachgiebige Haltung gegenüber
den abchasischen Separatisten vorwarf. Die internationale Staatengemeinschaft
habe sich viel zu sehr auf Verhandlungen mit den Separatisten
eingelassen und deshalb sei der Friedensprozess zu einer "Geisel"
in der Verfügungsgewalt der Separatisten geworden. Die Vermittler
würden viel zu viel über Patrouillen und technische
Details verhandeln und dabei die eigentliche Ziele des Friedensprozesses
vernachlässigen. Georgien als voll anerkanntes Mitglied der
internationalen Staatengemeinschaft müsse sich genauso behandeln
lassen wie ein illegales Regime auf seinem Territorium, das seine
Macht aus feindseligkeit und ethnischer Säuberung ableite.
Es werde keine positiven Ergebnisse geben, wenn die UN mit der
Politik fortführen, es beiden recht machen zu wollen.
Obwohl die abchasiche Seite den UN-Vorschlag über die Aufteilung
der Kompetenzen zwischen Tbilissi und Suchumi kategorisch abgelehnt
habe, würde sie in der jüngsten Resolution des Weltsicherheitsrates
mit Samthandschuhen angefasst. Während die OSZE die Vertreibung
der Georgier aus Abchasien mehrfach als ethnische Säuberung
gebrandmarkt habe, hätten sich die UN diese Sprachregelung
nicht zu eigen gemacht. Dies sei für Georgien um so verwunderlicher,
als die Abchasen keine der 28 UN-Resolutionen seit 1993 erfüllt
hätten. Diese widersprüchliche Haltung habe die Separatisten
in ihrem Selbstvertrauen bestärkt und in ihrer Sicherheit,
nicht bestraft zu werden.
Menagarischwili kritisierte insbesondere auch die rein russischen
Friedenstruppen, die als sogenannte "kollektive Friedenstruppen
der GUS" firmierten. Georgien habe 1994 dieser Konstruktion
mangels realistischer Alternativen zugestimmt. De facto aber hätten
diese Truppen ihre Aufgabe verfehlt und eher eine künstliche
Grenze zwischen dem von Abchasen beherrschten Gebiet und dem Rest
Georgiens geschaffen. Menagarischwili regte eine grundsätzliche
Reform dieser Friedensmission an, wobei er ein stärkeres
Engagement der Vereinten Nationen und eine gemeinsame georgisch-abchasiche
Verwaltung des gali-Distrikts unter internationaler Aufsicht vorschlug.
Im Zusammenhang mit den Aktivitäten der sogenannten Freunde
des Generalsekretärs - das sind die Länder USA, Russland,
Deutschland, Frankreich und Grossbritanien -, die sich im Abchasienkonflikt
als Vermittler betätigen, kritiserte der georgische Aussenminister
scharf die Einführung des Visaregimes für Georgien durch
Russland. Dabei hätte Moskau die elementarsten grundregeln
des internationalen Rechts verletzt, indem es Abchasien und Südossetien
von der Visaregelung ausgenommen hätte. Auch das Ausgaben
russischer Pässe für Bewohenr Abchasiens und Südossetiens
stünden im Gegensatz zur ansonsten immer wieder proklamieren
Breitschaft Russlands, am Friedensprozess in Abchasien mitzuwirken.
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