Ausgabe 12/02, 28. August Archiv
 Home
  :: Impressum
Tbilisi Tourist Center
ERKA-REISEN
Last Minute Hotels
Low Budget Trips & Tipps

Wer biegt schon, wenn er von Georgien über Bolnisi und Taschir nach Eriwan fährt, etwa 20 Fahrminuten hinter Bolnisi ab nach Didi Dmanisi, dem rund 20 km von der Hauptstrecke hoch in den Bergen liegenden, kleinen georgischen Verwaltungszentrum? Niemand, es sei denn, er ist in Begleitung eines georgischen Professors, der mit seinem Team drei Tage zuvor bei Ausgrabungen einen wirklich aussergewöhnlichen Fund gemacht hat. Das Redaktionsteam von GN hatte am vergangenen Samstag dieses Glück und kann so als erste Publikation Fotos von einer wunderschönen Tuffstein-Stele zeigen, die in einem Ausgrabungsfeld in der Nähe des Dorfes Gantiadi am 21. August des Jahres 2002 entdeckt wurde. Sie stammt, davon ist Professor Dschumber Kopaliani aufgrund der ausgezeichnet erhaltenen Reliefs überzeugt, aus dem 6. Jahrhundert und wurde in einem Kirchenkomplex gefunden, der seit zwi Jahren erst ausgegraben wird. Die völlig unbekannte Kirchenanlage mit drei Gotteshäusern wurde per Zufall bei Grabungsarbeiten für eine Faserkabelverlegung entdeckt.

Die rötlich-braune vierecke Steinstele liegt derzeit noch in einem unscheinbaren Kellerraum in der Archäologen-Basis in Dmanisi auf einem bunten Teppich. Noch ist sie nicht vollständig behandelt und von allem Schmutz befreit, trotzdem zeigt ein erster Blick, dass es sich hier um ein wohl einzigartiges Kunstwerk handelt, das nur an einer Stelle eine kleine Verletzung aufweist.



Die Stele ist auf allen vier Seiten mit reichlichen Relief-Arbeiten versehen. Eine der wichtigsten ist die Darstellung der Muttergottes mit Jesuskind. Maria sitzt auf einem aussergewöhlichen Thron, dessen beide Armlehnen von zwei Vögeln gebildet werden. Unterhalb der Muttergottes ist eine Taufszene abgebildet, darunter noch zwei Paare von Herrenfiguren, vermutlich die vier Evangelisten oder einfach Apostel.

Auf der nächsten Seite sehen wir am Kopf der Stele zwei Herrenabbildungen, von denen einer ein Kreuz in der Hand hält, der andere eine Grantapfelblüte. Unter dieser noch nicht erklärbaren Darstellung finden sich einfache Ornamente. Besonders eindrucksvoll ist ein sehr gut erhaltener, prächtiger Pfau, während der mächtige Löwe leider an einer Seite abgesplittert ist.

  

In einer ersten Bewertung vermuten die Wissenschaftler, dass die Stele von irgendwo gebracht wurde. Sie gehörte wohl nicht zu der Kirche. Eher lässt sich denken, dass sie an einem anderen Ort stand als Zeichen der Christentums, der relativ neuen Religion, die sich in jener schweren Phase, wo der mazdanische Einfluss aus Persien immer weiter zunahm, behaupten musste. Dies schliesst man daraus, dass als einzige biblische Szene neben der Muttergottes die Taufe als Tat der Bekehrung zum Christentum dargestellt wird. Möglicherweise wurde sie später aus Angst vor Zerstörungen bei Überfällen durch Araber in den bisher unbekannten Kirchenkomplex von Gantiadi verbracht.

  

In Gantiadi gibt es schon seit den 60-er Jahren Ausgrabungen, bekannt sind unter anderem Funde aus verschiedenen Grabstätten aus vorchristlicher Zeit. Einige davon wurden kürzlich bei einer grossen Georgienausstellung in Bochum zu sehen. Über den Kirchenkomplex gibt es anscheinend in der Literatur keinen Hinweis, sodass bis zum zufälligen Fund bei der Kabelverlegung vor zwei Jahren, niemand wusste, welch wertvolle Fundamente und Kunstgegenstände nur einen Meter unterhalb der Erde direkt neben der Landstrasse hinter Gantiadi schlummerten. Im vergangenen Jahr entdeckte man zunächst das Fundament einer Kirche, in diesem Jahr wurden zwei weitere Gotteshäuser entdeckt und eben die Stele. Professor Kopaliani und sein Team vermuten den Bau der Kirchen auf das 5. - 7. Jahrhundert. Sie sind anscheinend später bei Araberüberfällen zerstört worden. Die Grabungsarbeiten werden in den nächsten Jahren fortgesetzt, erst dann kann man wohl genaueres über die Kirchen und die Stele sagen.

Dokumentation: Tamuna Lazabidse

Noch leicht verdreckt
Stele aus Gantiadi



Steinfunde



Unbekanntes Wesen



Scherben bringen Glück
Copyright © 2002 ERKA-Verlag Kontakte :: e-mail :: webmaster