Ausgabe 12/02, 28. August Archiv
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Nun ist es also doch zur Eskalation gekommen. In der vergangenen Woche sind nicht identifizierbare, aber offensichtlich russische Kampfflugzeuge in den georgischen Luftraum eingedrungen und haben bei einem Angriff einen Menschenen getotet und mehrere verletzt. Mit diesem Todesopfer erhalten die georgisch-russischen Spannungen um das Pankisistal eine neue Qualitat und damit auch die Propagandabemuhungen beider Seiten, wobei sich vor allem Moskau allbewahrter Methoden der Vernebelung und Desinformation bedient, die leicht durchschaubar und an Zynismus kaum zu uberbieten sind. Denn der Aggressor Moskau tut so, als habe er nichts mit der Sache zu tun, beschuldigt andererseits Tbilissi, nicht genugend gegen den Terrorismus zu unternehmen und macht den kleinen Nachbarn fur Spannungen verantwortlich, die man zuvor selbst kraftig angeheizt hatte.

In Wahrheit geht es aber um eine ganz andere Geschichte: Die Moskauer Generalitat ist daruber verargert, dass die Georgier sich ihr und ihrem Wunsch, den grausamen und aussichtlosen Tschetschenienkrieg auf georgisches Territorium verlagern zu durfen, verweigern, wahrend Tbilissi zeitgleich mit dem Auftreten amerikanischer Militarberater jetzt endlich versucht, sich im Pankisital als staatliche Ordnungsmacht zu zeigen. Obwohl GN seit seinem ersten Erscheinen im Februar nahezu in jeder Ausgabe uber das Problem Pankisi zu berichten hatte, mussen (und wollen) wir den den Hintergrund der aktuellen Krise noch einmal in einer zusammenfassenden Analyse aufarbeiten.

In der Folge des russischen Vernichtungsfeldzuges in Tschetschenien flohen vor einigen Jahren etwa 3.500 Menschen aus Grosny und Umgebung uber die georgische Grenze, um sich vor den russischen Truppen in Sicherheit zu bringen. Dort fanden sie Unterschlupf in den Dorfern des Pankisitals, in dem mit den sogenannten "Kisten" eine tschetschenische Volksgruppe wohnt, die schon immer rege Verwandtschaftsbesuche in den Nord-Kaukasus pflegte. Es gibt viele Kisten aus dem Pankisi, die im Sommer regelmassig uber die Berge nach Tschetschenien gewandert sind, um dort zu arbeiten. Dass sie ihren von Moskau ausgebombten Verwandten Unterschlupf boten, ist eigentlich eine Selbstverstandlichkeit.

Tschetschenische Kampfer im Pankisi

Unter den tschetschenischen Fluchtlingen befinden sich nicht nur Alte, Kranke und kleine Kinder. Es war schon immer bekannt, dass sich darunter auch einige Hundert wehrfahiger Manner tummeln, die jeweils im Sommer uber den Kaukasus-Hauptkamm nach Tschetschenien einsickerten, um sich dort am Partisanenkrieg gegen die Russen zu beteiligen. Rebellen nannte man diese Leute einmal oder sogar Unabhangigkeitskampfer, wenn man ihr konkretes Anliegen, nach dem Zerfall der Sowjetunion das Selbstbestimmungsrecht ihres Volkes oder zumindest eine grosszugige Autonomie einzuklagen, ernst nahm.

Der Trip uber die Berge ist beschwerlich, er fuhrt uber mehrere Passe von uber 3.000 m Hohe und ist nur zu Fuss oder zu Pferd und dies auch nur wahrend des Sommers moglich. Im Winter ist die ganze Region metertief eingeschneit. Der kleine "innertschetschenische" Grenzverkehr zwischen Pankisi und Grosny ist demnach eine durchaus uberschaubare Angelegenheit und hat auf keinen Fall die Dimension von militarischem Nachschub, die ihm in den russischen Medien immer wieder beigemessen wird. Dies bestatigt auch eine Beobachtermission der OSZE, die im tschetschenischen Abschnitt der georgisch-russischen Grenze eingesetzt ist und der Truppenbewegungen nennenswerten Ausmasses aufgefallen sein mussten.

Terroristen statt Freiheitskampfer

Nach dem 11. September ist es Russland gelungen, fur die tschetschenischen Widerstandler im internationalen Spachgebrauch den Begriff "Terroristen" durchzusetzen und deshalb diesselben Rechte fur sich zu reklamieren, die Amerika in Afghanistan oder bei der Verfolgung von Al Qaida Kampfern weltweit fur sich in Anspruch nimmt. Dass zu diesen tschetschenischen Waffentragern war auch eine Handvoll arabischer Soldner gestossen ist, die im Pankisi untergetaucht waren und sich am tschetschenischen Untergrundkampf in Russland beteiligten, half bei der mediengerechten Darstellung dieser russischen Forderung.

Was die Grossenordnung der Fluchtlingsbewegung angeht, so geistern unterschiedliche und verwirrende Zahlen durch die Welt. Meist ist von mehr als 7.000 die Rede. Diese Zahl wurde bei der jungsten Fluchtlingsregistrierung in diesem Fruhjahr von georgischen Behorden korrigiert und auf die ursprungliche Grosse von 3.500 zuruckgefahren. Der Hintergrund dieses Zahlenspiels ist einfach: Mit der Anerkennung als Fluchtling und der Aushandigung eines offiziellen Fluchtlingsausweises ist die Berechtigung verbunden, vom Fluchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) Lebensmittel und andere Unterstutzung zu beziehen. Um Spannungen zwischen den Fluchtlingen und der lokalen Bevolkerung, die ebenfalls unter schweren wirtschaftlichen Bedingungen zu leben hat, zu vermeiden, waren UNHCR und georgische Behorden vor Jahren stillschweigend ubereingekommen, jedem im Pankisi, der danach fragte, einen Fluchtlingspass auszustellen. Dies wurde jetzt angesichts der zunehmenden Spannungen mit Russland wieder abgestellt.

Aus diesem Vorgang ergibt sich auch, dass die Zahl von bis zu 2.000 tschetschenischen Kampfer im Pankisital viel zu hoch gegriffen ist. Naturlich sieht man einem jungen Bauern, das tagsuber ein Feld bestellt, nicht an, ob er in der Lage ist, sich nachtens in einen Kalaschnikow-erfahrenen Kampfer zu verwandeln. Trotzdem darf man davon ausgehen, dass die Zahl der tschetschischen Kampfer im Pankisi einige Hundert nicht ubersteigt.

Lange Zeit die Augen verschlossen

Die georgischen Behorden haben sich lange geweigert, diesen Aspekt des Fluchtlingsproblems im Pankisi offiziell wahrzunehmen. Aus gutem Grund. Denn man wollte sich auf keinen Fall in den Krieg Russlands gegen Tschetschenien reinziehen lassen. Dass der eine oder andere tschetschenische Feldkommandant die grosszugige Bewegungsfreiheit, die ihm georgische Behorden gewahrten, mit finanziellen Gegenleistungen an seine Gastgeber vergutet haben soll, gehort genauso zum kaukasischen Alltag wie die Tatsache, dass die russischen Grenztruppen den kleinen tschetschenisch-georgischen Grenzverkehr lange Zeit nicht allzu ernst genommen haben. Im Gegenteil: Man war zunachst einmal froh um jeden, der russisches Territorium verlassen wollte. Ausserdem verdiente man auch an diversen grenzuberschreitenden Geschaften, die im vollig unkontrollierbaren Pankisital abgewickelt wurden. Grenzen sind hierzulande durchlassig wie ein Sieb, wenn die richtigen Leute bezahlt werden.

Das Tschetschenienproblem im Pankisi ist also in allererster Linie der Export eines inner-russischen Problems, das Moskau nie mit zivilisierten Methoden zu losen gedachte, wobei nicht vergessen werden sollte, dass der zweite russische Vernichtungsfeldzug gegen die Tschetschenen nicht unwesentlich zur Popularitat Putins und damit zur Absicherung seiner Macht beigetragen hat.

Nach dem 11. September vergangenen Jahres hat sich die Situation schlagartig geandert. Vor dem Hintergrund der amerikanisch-russischen Annaherung und der Ereignisse in Afghanistan erhohte Moskau seinen Druck auf Georgien, im Pankisital entweder mit eigenen Truppen einzugreifen oder wenigstens bei georgischen Operationen unterstutzend beistehen zu durfen, da man den Georgiern nicht zutrauen wollte, im Pankisi alleine fur Ordnung zu sorgen, vor allem fur Ordnung im russischen Sinne. Zwischenzeitlich war aus Moskau gar zu vernehmen, man wolle sich um ein Mandat des UN-Sicherheitsrates in dieser Angelegenheit kummern, wenn Georgien nicht von alleine nachgabe. Dieses propagandistische Trommelfeuer gegen Georgien ist nichts anders als der Versuch Moskaus, vom eigenen militarischen wie politischen Total-Versagen in Tschetschenien abzulenken, haben doch die Tschetschenen in diesem Sommer den russischen "Befriedern" wieder ganz erhebliche Verluste beigebracht. Erst in der letzten Woche ist in Grosny ein vollbesetzter russischer Militar-Hubschrauber abgesturzt (worden). Ein Ende der blutigen Auseinandersetzung mit dem tschetschenischen Untergrund ist nicht abzusehen, wenn es denn uberhaupt ein Ende geben kann.

Militarausbilder aus Amerika

Dem wachsenden Druck aus Moskau konnte sich Georgien nur dadurch entziehen, dass es die Amerikaner aufforderte, sich intensiver im Kaukasus zu engagieren, was neben der massiven finanziellen Unterstutzung der letzten Jahre auch erstmals offene militarische Hilfe meinte. Seit einigen Jahren steht Schewardnadses Georgien vor den Toren der NATO und bittet unuberhorbar um Einlass, wozu die Zeit allerdings noch lange nicht reif genug ist. Ganzlich ausgeschlossen erscheint ein solches Ansinnen nicht, wenn man vor allem das starke Engagement der turkischen Armee bei der Unterstutzung der georgischen Verteidigung betrachtet. Aber auch andere NATO-Lander sind mit Hilfsprojekten fur die georgische Armee durchaus prasent.

Amerika, das aus geopolitischen Grunden zwei neue Pipelines vom Kaspischen Meer in die Turkei uber den teuren Umweg Georgien durchgesetzt hat, musste den internationalen Finanzorganisationen, die die Milliarden fur den Bau bereitzustellen haben, ein klares Signal geben, dass es diese Investition mit seiner Anwesenheit zu schutzen gedenkt. Im Kommunique des jungsten Bush-Besuchs in Moskau musste Putin denn auch erstmals den Satz akzeptieren, dass Russland und Amerika gemeinsam Verantwortung fur die Sicherheit im Kaukasus ubernehmen, eine Entwicklung, die ihm zu Hause von Militars und Betonkopfen als schwerer Fehler angekreidet wird.

Um den Schritt in eine neue, namlich militarische Qualitat amerikanischer Prasenz im Kaukasus zu Hause und in der Weltoffentlichkeit, insbesondere in Russland, wirksam begrunden zu konnen, inszenierten amerikanische Diplomaten im Fruhjahr die Seifenoper um Al Qaida Kampfer im Pankisital und starteten mit diesem kunstlichen Bedrohungsszenario das sogenannte GTEP (Georgian Train- and Equipp Program), mit dem die georgische Armee befahigt werden soll, ihren Aufgaben im Kampf gegen den Terrorismus eigenstandig nachzukommen. Selbst George W. Bush erwahnte im Fruhjahr in einer Rede zum 11. September ausdrucklich das Pankisital als Hort des Terrorismus und versicherte, dass Amerika den Georgiern beim Kampf gegen den Terrorismus im Pankisi helfen werde. 64 MillionenUS-$ kostet das zweijahrige Programm, dessen operative Ausbildungsphase erst am 29.8., also einen Tag nach Erscheinen dieser GN-Ausgabe, mit einer militarischen Zeremonie in dem in den letzten Wochen schnell hochgezogenen Ami-Camp auf einer georgischen Militarbasis nahe der Hauptstadt Tbilissi eroffnet wird. Bislang stand lediglich Unterricht auf Stabsebene auf dem Pogramm.

Das Programm ist fur die georgische Armee vorgesehen, nicht fur die Polizeitruppen, in deren Aufgabenbereich es fallt, die Sicherheit im Pankisital wieder herzustellen. Da es sich im Pankisital aber um eine Grenzregion handelt, in der auch georgische Grenzschutztruppen operieren, die unter dem Ober-Kommando des Verteidigungsministeriums stehen, hat Prasident Eudard Schewardnadse in der vergangenen Woche Teile der Grenzschutztruppen per Dekret dem amerikanischen Trainingsprogramm unterstellt. Somit waren amerikanische "Ausbilder" im Rahmen von Ubungen der Grenzschutztruppen ohne weiteres auch im Pankisital einzusetzen, wovon alle in Georgien reden mit Ausnahme der Amerikaner.

Trotzdem wollen in Tbilissi Geruchte nicht verstummen, dass sich die beiden US-Senatoren John McCain und Fred Thompson, die in der vergangenen Woche das Pankisital besuchten, vor Ort auch mit amerikanischen "Ausbildern" getroffen hatten. Das wird von amerikanischen Presseoffizieren zwar bestritten, trotzdem lasst sich nicht leugnen, dass die georgischen Sicherheitsbehorden erst nach dem Start des amerikanischen Train & Equipp-Programms damit begonnen haben, im Pankisital Flagge zu zeigen, was zumindest aus russischer Sicht den Verdacht nahrt, dass Georgien den Amerikanern gewahrte, was es den Russen verweigerte, und damit die Verargerung der Moskauer Generalitat nachvollziehbar macht. Sie mussen sich wohl der Einsicht beugen, mit Georgien einen Teil ihres Hinterhofes verloren zu haben. Denn wahrend sich in der einstigen Sowjetrepublik die USA und andere NATO-Staaten breit machen, mussen die Russen mit den Georgiern daruber verhandeln, wieviel Jahre sie noch brauchen, um ihre letzten beiden Militarbasen in Georgien abzuziehen. Das muss schmerzen.


Moskauer Nadelstiche im Hochgebirge

Daher verstarkte Moskau in den letzten Wochen die Politik der permanenten Nadelstiche mit gelegentlichen Hubschrauberangriffen auf uberwiegend unbewohntes georgisches Territorium. Den verschiedenen Angriffen der vergangenen Wochen fielen ein paar Kuhe und Schafe zum Opfer. Beim letzten Angriff am Freitag frumorgens um 5.30 Uhr aber wurde der 70-jahrige Guram Otiaschwili getotet, der sich gerade im Wald aufhielt, um Brennholz zu sammeln. Sieben weitere Personen seien verletzt worden, genauere Informationen uber Schwere der Verletzung werden von den Agenturen bis jetzt nicht gemeldet. So machen die georgischen Medien aus diesem Ereignis einen russischen Luftangriff auf georgische Dorfer im Pankisi und dem benachbarten Tianeti-Distrikt. Dies erscheint bei etwas Distanz ganz gewaltig ubertrieben, wenngleich die mehrfahre Verletzung des georgischen Luftraums durch russische Flugzeuge und das Abwerfen von Bomben eine schwerwiegende Missachtung der Souveranitat Georgiens darstellt.

Die OSZE-Mission jedenfalls bestatigt das Eindringen mehrerer nicht identifizierbarer Flugzeuge aus dem russischen Luftraum in grosser Hohe und die Beobachtung von Detonationen etwa 30 km tief im georgischen Grenzgebiet. Um das Ausmass dieses Angriffs zu verstehen, muss man sich ein wenig mit dem Gelande vertraut machen. Es gibt im 30-km breiten Grenzgebiet im grossen Kaukasus kaum noch ganzjahrig bewohnte Dorfer sondern nur einige langst verlassene Weiler, die von den seit Jahrzehnten ins tiefer gelegene Alasanital umgesiedelten Berg-Tuscheten nur noch als Sommeralmen fur Zigtausende von Rindern und Schafen und ein paar Hundert Hirten und Kaserinnen benutzt werden. Auch der besiedelte Teil des Tianeti-Distrikts liegt mindestens 50 bis 60 km Luftlinie von der russischen Grenze entfernt, sodass sich die wirkliche Bedeutung des Zwischenfalls erheblich relativiert. Von dem von georgischen Agenturen und Zeitungen erweckten Eindruck eines grosseren Bombardements georgischer Siedlungsraume mit absichtlicher oder auch nur in Kauf genommener Gefahrdung der georgischen Zivilbevolkerung durch Russland kann wohl kaum die Rede sein. Viel wahrscheinlicher ist, dass es sich bei dem Todesfall wohl eher um einen Vorgang handelt, den niemand vorher einkalkulieren konnte. Wer rechnet schon zu fruher Nachtzeit mit einem einsamen Holzsammler im Hochgebirgswald?

Der russische Verteidigungsminister Iwanow hat die Anschuldigung eines russischen Bombenangriffs auf Georgien zuruckgewiesen und die Detonationen in Verbindung mit den Manovern der georgischen Grenzschutztruppen im Pankisi in Verbindung gebracht. Er erklarte den Todesfall als Folge einer fehlgeschlagenen Militaraktion der Georgier, womit er - zynischer geht es kaum - seine Tbilisser Kollegen erneut der Unfahigkeit zieh und uberdies den OSZE-Beobachtern empfahl, sich neue Brillen zuzulegen. Wenn allerdings die georgischen Sicherheitskrafte endlich daran gingen, mit den Banden im Pankisital aufzuraumen, dann sei dies ein Schritt in die richtige Richtung und nur zu begrussen.
Tatsachlich sind die georgischen Sicherheitskrafte seit einigen Tagen in hektische Aktivitaten verfallen. Truppen des Innenministeriums haben am Montagmorgen die seit langerem angekundigten Geheimoperationen im Pankisital gestartet, wahrend der Grenzschutz sein ebenfalls seit einiger Zeit angekundigtes Manover "Kahketi 2002" trotz der Verscharfung der Krise mit Russland durchzieht. Beide Operationen sind Aktionen mit Ansage, die denjenigen unter den tschetschenischen Fluchtlingen, die eine Uberprufung durch Georgien furchten, genugend Zeit liess, sich aus dem Staub zu machen. Schon seit zwei oder drei Wochen tun sich georgische Grenzschutzer auffallig mit regelmassigen Meldungen hervor, einige Tschetschenen beim illegalen Grenzubertritt erwischt zu haben, was ihnen in den Jahren zuvor trotz intensivster Grenzkontrollen nie gelungen war. Die Manover, so verlautbarten georgische Behorden bereits am Montag Nachmittag, verliefen planmassig und ohne Komplikationen, sodass Eduard Schewardnadse am Dienstag schon, medienwirksam und mit grosem Gefolge wie immer, im Pankisital an der Beerdigung Guram Otiaschwilis teilnehmen konnte.


Amerikanischer Protest mit Pfiff

Nach einer zweitagigen Denkpause hat sich am Sonntag auch das offizielle Washington mit einem Statement zu den Vorfallen gemeldet. Die USA seien zutiefst besorgt uber die glaubwurdigen Berichte, dass russische Militarflugzeuge im Pankisi Bomben abgeworfen hatten, erklarte der Pressesprecher des Weissen Hauses, Ari Fleisher. Die USA warnten Russland vor einer weiteren Eskalation und riefen Moskau in diesem Zusammenhang zu einer politischen Losung des Tschetschenienkonflikts auf. Dies wurde Stabilitat fur Russland und Georgien bringen und die Bemuhungen der USA im Kampf gegen den Terrorismus und um Frieden und Stabilitat im Kaukasus unterstutzen. Ein Statement, das zwischen den Zeilen deutlich genug die Gewichtsverschiebung im Kaukasus dokumentiert, gegen die sich das russische Militar mit Bomben auf weidende Kuhe und Schafe wehren zu mussen glaubt: Amerika fordert von Russland Unterstutzung in seinem Kampf um Frieden im Kaukasus ein. Vor einem Jahrzehnt war Georgien noch ein Vasall Moskaus.

Fragt sich nur, wie lange Putin, der wieder einmal, wenns an der sensiblen Grenze zwischen Georgien und Russland brennt, abgetaucht ist und sich bis jetzt noch nicht geaussert hat, dem Treiben seiner Militars zusehen kann, ohne dass sein Ansehen ausserhalb Russlands Kratzer bekommt. Die amerikanisch-russischen Beziehungen wird er wegen der Eskapaden seiner Militars kaum gefahrden wollen. Dazu ist beiden, Moskau und Washington Georgien nicht wichtig genug. Aber: "Americans are here to stay", erklarte ein US-Senator schon vor drei Jahren anlasslich eines Georgien-Besuchs. In Moskau wurden solche Statements anscheinend straflich unterschatzt. Jetzt sind sie Realitat und die russischen Generale konnen damit nur schwer umgehen.

Der georgische Prasident Schewardnadse nutzte wieder einmal die Gunst der Stunde, die ihm russische Militars schenkten, und ging zu einem diplomatischen Frontalangriff auf Moskau uber. "Nach diesem Bombardement unterstutzt die ganze Welt Georgien", erklarte er voll Stolz in einer Fernsehsendung, um die Forderung des Weissen Hauses nach einer politischen Losung im Tschetschenienkonflikt genusslich aufzugreifen. Diesen Teil des US-Statements nannte er ein "neues und ernstes Ereignis", da wahrend der letzten Monate, als die Anti-Terror-Koalition etabliert wurde, nahezu jeder eingesehen habe, dass der Tod von Menschen in Tschetschenien ein einfaches Geschaft sei, aber die Forderung nach einem politischen Frieden in Tschetschenien weitaus schwieriger. Zumindest in den beiden Reaktionen der Prasidenten aus Washington und Tbilissi ist das Thema Pankisi also wieder dort angekommen, wo es seine Wurzeln hat und hingehort: in Russland. Wladimir Putin wird sich dazu irgendwann einmal aussern mussen.

Rainer Kaufmann

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