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Die Kunstszene Georgiens ist reichhaltig. Kunstliebhabern aus Europa
entgeht bei der Betrachtung des georgischen Marktes jedoch nicht,
dass avantgardistische oder moderne Stilrichtungen unterreprasentiert
sind. Zu lange hat sich die Kunstszene Georgiens und ihre Ausbildung
auf dem sicheren Terrain sozialistischer Moglichkeiten und Beschrankungen
bewegt. Nur langsam kommt Bewegung in die Szene, wird frischer Wind
sichtbar.
Die deutsche freischaffende Bildhauerin mit Erziehungsauftrag Gabriela
von Habsburg hat jetzt zusammen mit einigen Freunden funf Studenten
der georgischen Kunstakademie einen mehrmonatigen Studien-Aufenthalt
in Deutschland ermoglicht. Gabriela von Habsburg unterrichtet zusammen
mit Claus Hipp seit einiger Zeit regelmassig als Gast-Professorin
an der Kunstakademie in Tbilissi. Claus Hipp, ebenfalls bekannt
als Kunstler und Kunsterzieher, ist in seinen Nebenberufen Prasident
einer bayerischen Industrie- und Handelskammer und steht dem gleichnamigen
Familienunternehmen vor, das weltweit Babynahrung vermarktet. Mit
seinem guten Namen garantiert er also auch fur die Kunstausbildung
in Georgien, wobei er und Gabriela von Habsburg immer wieder versuchen,
ihre kurzzeitigen Aufenthalte in Tbilissi durch mehrwochige Stipendien
fur die Studenten zu erganzen.
In diesem Fruhsommer konnten so funf von vielen "hochbegabten
Studenten" (Gabriela von Habsburg) fur einen mehrmonatigen
Aufenthalt nach Deutschland geholt werden. Zunachst arbeiteten sie
gemeinsam an einer Installation in Berlin, fur die der Nachhaltigkeitsrat
der Bundesregierung Fluge, Aufenthalt und Taschengeld bereitstellte.
Die Installation "Das goldene Vliess" stand zunachst in
Berlin im Gebaude des ehemaligen Staatsrates beim Kongress fur Nachhaltigkeit
und sollte in moderner Weise vor Augen fuhren, dass das Goldene
Vliess der Antike in gewisser Weise als "altestes Symbol fur
Nachhaltigkeit" gelten kann. "Fur den Menschen der Antike",
erklaren Gabriela von Habsburg und ihre georgischen Kunststudenten
in ihrer Projektbeschreibung, "war verhiess das Goldene Vlies
seinem Besitzer fur die Zukunft. Wohlstand bedeutete Fruchtbarkeit,
ertragreiche Ernten und Friede, also ein Leben im Einklang mit der
Natur und den Menschen. Heute fuhren uns die Nachfahren der Kolcher
dieses erste Symbol der Nachhaltigkeit in moderner Weise vor Augen.
Es hat an Bedeutung nichts verloren und gilt genauso fur uns, wie
fur den Menschen der Antike. Wenn wir nachhaltig denken und handeln,
dann sind wir im Besitz des Goldenen Vlieses. Es geht nicht um den
physischen Besitz das Goldenen Vlies, sondern um die Ubernahme des
Gedankengutes der Nachhaltigkeit."
Nach Berlin wurde die Installation im bayerischen Gut Immling am
Chiemsee aufgebaut, Eingeweihten seit Jahren als Ort eines attraktiven
sommerlichen Musikfestivals bekannt. Hier steht dieses spannende
Objekt der funf Kunstler jetzt am Rande einer Pferdekoppel mitten
in der wunderschonen Voralpenlandschaft.
Und hier verbrachten die funf Kunststudenten den zweiten Teil ihres
Deutschlandaufenthalts. Betreut vom Festival-Intendanten Ludwig
Baumann, der neben den Sponsoren auch noch jede Menge Holz und Steinmaterial
fur die jungen Bildhauer auftrieb, konnten sich die Stundenten einmal
nach Herzenslust austoben. Was herauskam, war erstaunlich wenig
georgisch-gegenstandlich. Das Reduzieren auf ganz einfache, aber
durchaus spannende Formensprache war angesagt und das Ergebnis,
eine Ausstellung von rund 30 Kleinplastiken und ein paar Gro?objekten,
die auf Gut Immling gezeigt werden, kann sich sehen lassen. Unsere
Fotos zeigen einen kleinen Ausschnitt aus dem Sommerschaffen der
funf Studenten.
Im Umfeld des Immlinger Musikfestivals und seiner Initiatoren sind
derzeit auch einige georgische Gesangsstudenten in Deutschland,
die vom Forderverein "Unsere Oper" Gut Immling finanziert
und betreut werden. Zusammen mit den Arbeiten der bildenden Kunstler
war also genugend Substanz versammelt fur einen georgischen Kunst-Jahrmarkt
am 23. Juli, der sich besten Zuspruchs vor allem aus der Munchner
Kunstszene erfreute. Vor dem Konzertprogramm, bei dem auch das georgische
Kammerorchester und ein Chor der georgischen Musikakademie auftraten,
versteigerten Gabriela von Habsburg und der fruhere Unterhaltungschef
des Bayerischen Rundfunks Gerhard Schmitt-Thiel die Skulpturen,
die wahrend des Aufenthalts der funf Kunststudenten entstanden sind.
Etwa die Halfte der Einnahme konnten die jungen Kunstler als Honorar
mit nach Hause nehmen, die andere Halfte wird von den Initiatoren
fur humanitare Projekte in Georgien, vornehmlich fur die Unterstutzung
von Erdbebengeschadigten verwendet. Dafur kamen immerhin mehr als
8.000 € zusammen. Die beiden folgenden Bilder zeigen Gabriela
von Habsburg und Gerhard Schmitt-Thiel bei der Versteigerung und
die Kunstlergruppe mit ihrer deutschen Lehrerin vor einer grossen
Holzplastik, die sie gemeinsam bearbeitet haben.
Die funf Kunststudenten, die ihre Chance, sich einmal an weniger
figurlichem Arbeiten auszuprobieren, genutzt haben sind: Susana
Meladze, David Sirbiladze, Mamuka Chkhaidze, Nestan Jolia und Vladimer
Imerishvili. Wenn ihrem Studien-Aufenthalt auch ein wenig Nachhaltigkeit
beschieden sein sollte, darf man von den funf durchaus einen Beitrag
zur Belebung der Tbilisser Kunstszene erwarten.
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