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Mandatsverlängerung für UNOMIG
Aus dem Bericht des UN-Generalsekretars an den Sicherheitsrat
UN-Generalsekretar Kofi Annan erstattete dem UN-Sicherheitsrat am
10. Juli einen ausfuhrlichen Bericht uber die Situation in Abchasien.
Hintergrund ist das Auslaufen des UNOMIG-Mandates zum 31.7.2002
und eine mogliche Verlangerung um weitere sechs Monate. Der UNOMIG
gehoren insgesamt 108 Militarbeobachter aus 23 Landern an. Die Bundesrepublik
Deutschland stellt derzeit mit elf Militarbeobachtern das grosste
Kontingent, gefolgt von Bangladesch (8), Ungarn, Pakistan und Grossbritanien
(je 7). Danemark und Jordanien stellen je sechs Militarbeobachter,
die Tschechei, Korea, Schweden und die Turkei je 5. Der Rest verteilt
sich auf Griechenland, Indonesien, Polen und die Schweiz (je 4),
Agypten, Frankreich, Russland, Ukraine und Uruquay (je 3), Osterreich
und Amerika (je 2) und Albanien (1). Die monatlichen Kosten werden
mit nahezu 2.8 Millionen $ veranschlagt.
Bis zum 5. Juni leitete der deutsche Diplomat Dieter Boden als personlicher
Vertreter des UN-Generalsekretars die UN-Mission in Georgien, der
er zweieinhalb Jahre vorstand. Ab 8. Juli hat die Schweizer Diplomatin
Heidi Tagliavini diese Position ubernommen.
Politischer Prozess
Im Mittelpunkt der diplomatischen Aktivitaten von UNOMIG stand das
sogenannte Kompetenzpapier zum kunftigen Status von Abchasien innerhalb
der Republik Georgiens, das offiziell unter der Bezeichnung "Grundlegende
Prinzipien fur die Aufteilung der Kompetenzen zwischen Tbilissi
und Suchumi" gefuhrt wird. Dieses Papier, so Kofi Annan, wird
auch von der sogenannten Gruppe der "Freunde des Generalsekretars",
das sind die UN-Mitgliedsstaaten USA, Gro?britannien, Deutschland,
Frankreich und Russland unterstutzt. Das Ziel der UNOMIG war es,
substantielle Verhandlungen zwischen den beiden Seiten zu diesem
Thema zustande zu bringen.
Kofi Annan berichtet uber diesen Punkt ausfuhrlich:
"Als einen Schritt zur Erreichung dieses Zieles versuchte mein
personlicher Vertreter Treffen mit den abchasischen Fuhrern zu arrangieren,
um zusammen mit den in Tbilissi residierenden Botschaftern der Freundes-Gruppe
die abchasische Seite mit der Substanz des Papiers vertraut zu machen,
bevor er es ihnen aushandigen wollte. Er hatte eine Reihe von Gesprachen
mit den abchasischen Fuhrern um eine Vereinbarung fur ein solches
Treffen zu erreichen. Die Russische Foderation spielte in ihrer
Eigenschaft als Unterstutzer eine aktive Rolle in diesen Bemuhungen.
Zwischen dem 25. und 31. Mai trafen in Moskau der russische Aussenminister
Iwanow und der spezielle Beauftragte von Prasident Putin fur den
Abchasienkonflikt, Walery Loschinin, dem de-facto Premier-Minister
Abchasiens Dschergenia und dem de-facto Aussenminister Schamba um
die abchasische Seite von der Notwendigkeit zu uberzeugen, Fortschritte
im Verhandlungsprozess zu erreichen. Mein personlicher Beauftragter
wurde wahrend dieser Gesprache informiert und konsultiert. Am 12.
Juni reiste Mr. Loschinin nach Suchumi fur weitere Konsultationen
mit den abchasischen Fuhrern, unter anderem auch zu einem Gesprach
mit Mr. Dschergenia, an dem auch der derzeitige spezielle Reprasentant
teilnahm. Vertreter der anderen Mitglieder der Freundesgruppe versuchten
ebenfalls, Suchumi zu besuchen, die abchasische Seite war allerdings
nicht bereit, sie zu empfangen. Trotz aller Anstrengungen beharrt
die abchasische Seite darauf, jegliche Diskussion uber das Papier
mit der bekannten Begrundung der selbst erklarten Unabhangigkeit
abzulehnen.
Diese (abchasischen, Anm.d.Ubersetzers) Bemuhungen richteten sich
gegen den Hintergrund der Treffen der Prasidenten Bush und Putin
in Moskau vom 21. bis 24. Mai. In einem Kommunique zu den neuen
strategischen Beziehungen und dem Anti-Terror-Kampf hatten beide
Prasidenten ihre Bereitschaft erklart, bei den Konfliktlosungen
im Sudkaukasus zusammen zu arbeiten und ihre Ubereinstimmung erklart,
die territoriale Integritat Georgiens zu schutzen. Wahrend meines
offiziellen Besuchs in Moskau vom 4. bis 6. Juni besprach ich neben
anderen Angelegenheiten auch den georgisch-abchasischen Konflikt
mit Prasident Putin und Aussenminister Iwanow."
Wenngleich es nicht moglich gewesen ware, das UN-Papier den beiden
Seiten auszuhandigen, berichtet der UN-Generalsekretar von einer
Reihe von Verhandlungen der beiden Konfliktparteien unter Aufsicht
oder Anregung von UNOMIG. Dabei stand insbesondere die Situation
im Kodori-Tal im Mittelpunkt der Gesprache, wobei beide Seiten kein
gegenseitig akzeptables Ubereinkommen erzielen konnten. Dennoch
hatten beide Seiten immer wieder versichert, die Situation im Kodorital
friedlich zu losen. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob die
Prasenz georgischer Grenzschutztruppen im oberen Kodorital eine
Verletzung des Moskauer Abkommens von 1994 darstellt, nach dem es
Georgien untersagt ist, militarische Einheiten auf dem Gebiet der
abtrunnigen Republik Abchasien zu unerhalten.
Kodorital
Zur Situation im Kodorital berichtet der UN-Generalsekretar, dass
die Spannungen , die aus der Situation im Kodorital resultieren,
abgenommen hatten. Dies sei zum Teil auf die gemeinsamen Patrouillen
von UNOMIG und GUS-Friedenstruppen
Zuruckzufuhren, zum anderen Teil aber auch auf den Dialog der beiden
Seiten, wenngleich dieser keine konkreten Ergebnisse brachte.
Aufgrund ernsthafter Sicherheitsbedenken wurden die Patrouillen
im Kodorital mit den georgischen Behorden und Vertretern der lokalen
Bevolkerung im Vorhinein abgesprochen. Sie vollzogen sich auf vorher
bestimmten Routen und wurden von georgischen und ortlichen swanischen
Sicherheitseskorten begleitet. Unter diesen Umstanden, so Kofi Annan,
sei eine unabhangige Verifizierung der militarischen Situation im
Kodorital nicht moglich. Trotzdem hatten die Kontrollen mitgeholfen,
Vertrauen aufzubauen und seien ein Schritt vorwarts in Richtung
unabhangiger Kontrollen, wenn es die Sicherheitslage einmal erlaube.
Die Kontrollen hatten georgische Grenzschutzer in verschiedenen
Dorfern im oberen Kodorital angetroffen als auch Reservisten der
Nationalgarde, die aus ortlichen Bewohnern gebildet wurden. Das
angetroffene militarische Equippment - 3 82-Millimeter-Morser und
140 Munitionskisten - wurde nach Auskunft georgischer Behorden abgezogen,
sobald es die Strassenverhaltnisse im Sommer erlaubten. Am 24. April
2002 informierte Georgien die UNOMIG offiziell daruber, dass im
oberen Kodorital 370 georgische Grenzschutzer stationiert seien,
540 ortliche Reservisten der Nationalgarde und 17 Mitglieder eines
Koordinierungsteams des Verteidigungsministeriums.
Neben den Berichten uber die Patrouillen im Kodortital zahlt Kofi
Annan auch die vielen Kontrollgange der UNOMIG-Militarbeobachter
in den ubrigen Regionen der Konfliktzone auf. Dabei hatte sich die
Zusammenarbeit zwischen UNOMIG und GUS-Friedenstruppen bewahrt.
Bei den Gesprachen zwischen Georgien und der russischen Foderation
uber eine Ausweitung und mogliche Modifizierung des Mandates der
GUS-Friedenstruppen sei UNOMIG auf Einladung beider Gesprachspartner
mit einem Beobachter beteiligt.
Zum Schluss seines Berichts kommt Kofi Annan zu einer Reihe von
Vorschlagen und Forderungen:
Da es bisher keinen wesentlichen Fortschritt bei den Verhandlungen
uber das Kompetenzpapier gegeben habe, fordert Kofi Annan vor allem
die abchasischen Seite auf, einer Diskussion nicht langer im Wege
zu stehen und einer Verhandlungslosung zuzustimmen, die die Rechte
der multiethnischen Bevolkerung Abchasiens und deren Interessen
garantiere.
Obwohl die Spannungen im Kodorital etwas abgeklungen waren, fordert
Kofi Annan beide Seiten auf, gemeinsam akzeptable Sicherheitsgarantien
fur die dortige Bevolkerung zu erarbeiten und die Situation zu stabilisieren,
um nicht denen in die Hande zu spielen, die die Situation im Kodorital
ausnutzend den politischen Verhandlungsprozess storen wollen. Die
georgische Seite forderte er auf, die Sicherheit und die Unabhangigkeit
der UNOMIG-Patrouillen entsprechend den gultigen Vereinbarungen
zu gewahrleisten.
Der gegenwartige Stillstand bei der Ruckfuhrung der IDP`s (internally
desplaced persons) zu ihren fruheren Wohnstatten unter sicheren
und menschenwurdigen Bedingungen, wie es im Vierseitigen Abkommen
vom 4. April 1994 vereinbart worden war, bleibt fur den UN-Generalsekretar
nach wie vor ein Thema "schwerer Bedenken". Kofi Annan
ruft beide Seiten auf, sich zusammen mit UNOMIG ganz speziell diesem
Thema zu widmen, wobei er erneut den Vorschlag unterbreitete, die
internen Polizeikrafte vor allem in der Gali-Region unter eine internationale
Beobachtung zu stellen, um so mit einem praktischen Schritt die
Sicherheitslage fur ruckkehrende Fluchtlinge zu verbessern.
Der UN-Generalsekretar erklarte unmissverstandlich, dass er von
einer Verlangerung des Mandates der GUS-Friedenstruppen als Garantie
fur die Sicherheit der unbewaffneten UNOMIG-Militarbeobachter ausgehe.
Unter diesen Bedingungen sprach er sich fur eine weitere Verlangerung
des UNOMIG-Mandates bis zum 31. Januar 2003 aus.
Jetzt liegt es also - wieder einmal - an der georgischen Seite,
den Parlamentsbeschluss vom vergangenen Jahr, wonach das Mandat
der rein russischen GUS-Friedenstruppen nicht verlangert werden
kann, zu uberprufen. Prasident und Regierung haben bereits signalisiert,
dass sie einer erneuten Verlangerung des GUS-Mandats unter den gegenwartigen
Bedingungen zustimmen werden. |
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