Ausgabe 10/02, 3. Juli
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Gewaltverbrechen
in Georgien Deutscher verschwunden / Innenminister: Kein Hinweis auf Entführung / Von Markus Wehner MOSKAU, 5. Juli. Ein deutscher Geschäftsmann ist in der georgischen Hauptstadt Tiflis möglicherweise Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Der 59 Jahre alte Klaus Dröge ist, wie am Freitag bekannt wurde, seit Dienstag spurlos verschwunden. In seinem Büro, in dem der aus Ostdeutschland stammende Geschäftsmann lebte, seien im Badezimmer Blutspuren gefunden worden, der Tresor sei geöffnet gewesen und mehrere tausend Dollar entwendet worden, teilten Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft in Tiflis mit. Der georgische Innenminister sagte hingegen, man könne bis jetzt nicht davon ausgehen, daß Dröge entführt oder ermordet worden sei. Vor gut zwei Wochen war der britische Bankenberater Peter Shaw, der die Agro-Bussiness-Bank Georgia leitete und von der Europäischen Union bezahlt wurde, in Tiflis von in Polizeiuniformen gekleideten Männern auf offener Straße entführt worden. Als offenbar echte Polizisten zufällig zu dem Überfall hinzukamen, eröffneten die Entführer das Feuer aus Maschinengewehren und fuhren mit Shaw in dessen eigenem Wagen davon. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Im vergangenen Dezember war der Deutsche Günter Beuchel, der wie Shaw für die Europäische Union in Tiflis tätig war, ermordet worden. Die Ermittlungen der georgischen Polizei sind bisher auch in diesem Fall ergebnislos geblieben. Der nun verschwundene Dröge war seit 1992 für das große deutsche Speditionsunternehmen Militzer und Münch in Tiflis und Baku tätig, das nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Leute suchte, die Russisch sprachen. Zwei Jahre später machte er sich selbständig mit einer Firma namens LLT Forwarders, als deren Geschäftsführer und Inhaber er fungierte. Dröge, der in der DDR nichts mit dem Transportgeschäft zu tun hatte, arbeitete seit 1994 als Partner für verschiedene deutsche Speditionsunternehmen, doch war er als Geschäftsmann nicht erfolgreich. Die deutschen Transportfirmen stellten ihre Zusammenarbeit stets nach einiger Zeit ein, weil sie mit den Leistungen Dröges unzufrieden waren. Sein letzter Partner, die "Groupage"-Service Speditions-GmbH in München, legte die Kooperation mit ihm auf Eis, da Dröge seit Jahresbeginn Zahlungsrückstände in Höhe von 20 000 Euro hatte. Dröge habe immer schleppend gezahlt und sei oft monatelang nicht erreichbar gewesen, sagte ein Mitarbeiter der Firma dieser Zeitung. Wovon Dröge gelebt habe, sei unklar gewesen, so ein ehemaliger enger Mitarbeiter von ihm; in seiner Geschäftsstelle in Tiflis habe es keine Aktivitäten gegeben. Er soll unter anderem ein Büro in der armenischen Hauptstadt Eriwan unterhalten haben. Zwischenzeitlich soll er sich auch erfolglos im Handel mit Fruchtsäften und Wodka versucht haben. Eine Entführung Dröges, um Lösegeld zu erpressen, scheint daher wenig wahrscheinlich. Der verschwundene Geschäftsmann war auch Mitgesellschafter der deutschen Ölförderungsfirma GWDF Öl und Gas, die von einigen Privatpersonen aus Ostdeutschland gegründet wurde und die im Rahmen eines deutsch-georgischen Gemeinschaftsunternehmens namens GeoGerOil in Westgeorgien Öl fördert. Angeblich wollte der ermordete Beuchel in diese Firma wechseln. Beuchel soll zu DDR-Zeiten für die Staatssicherheit unter anderem in Petersburg, Kuba und Moçambique tätig gewesen sein. Dröge ist nach Meinung eines ehemaligen engen Mitarbeiters "unglaublich durchsichtig" gewesen, doch habe er, so dessen Einschätzung, sicherlich nicht für die Staatssicherheit gearbeitet. Eine Verbindung
zwischen dem Verschwinden Dröges und der Entführung des Bankers Shaw,
der unmittelbar vor seiner Abreise aus Tiflis gestanden hatte, scheint
es offenbar nicht zu geben. Allerdings sind sich die Vertreter deutscher
Firmen in Georgien einig, daß es dort sehr leicht ist, es sich mit Kreisen
der korrupten und mafiösen Cliquenwirtschaft des Landes zu verscherzen.
"Hier wird immer noch vieles mit der Kalaschnikow geregelt",
heißt es etwa oder: "Wenn man hier jemandem auf die Füße tritt,
und das geht schnell, muß man schon damit rechnen, aus dem Weg geräumt
zu werden. Die fackeln da nicht lange."
SZ
28.6.02 |
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