Newsletter
Währungskurse
Wetterprognose
E-Mail an GN
Ausgabe 05/04
31. März
www.zaliko.com


Großer Bahnhof in einer Seitenstraße in Achalziche. Thorben Holtze, Botschafter der Europäischen Kommission in Georgien, eröffnete ein neues Jugendzentrum, das mit Mitteln der EU finanziert wurde und von World Vision, einer internationalen Hilfsorganisation, organisiert und betreut wird. Nach Achalziche sollen in drei weiteren Städten Südgeorgiens - voraussichtlich Achalkalaki, Marneuli und Gardabani/Rustawi - weitere Jugendzentren dieser Art entstehen. Zielgruppe sind Jugendliche zwischen 12 und 20 Jahren.



Die Konzentration auf Südgeorgien hat vor allem mit der ethnischen Situation dieser Region zu tun, denn eine der Hauptaufgaben der Zentren ist die Integration verschiedener Volksgruppen und die Überwindung von ethnischen Vorurteilen und Spannungen. In Achalziche, Achalkalaki und Marneuli leben neben Georgiern viele Armenier und Azeris, denen ein wesentlicher Teil der Aufmerksamkeit der Jugendzentren gewidmet sein wird.

Daneben geht es in Achalziche, einer Grenzstadt der früheren UdSSR, die ihre Funktion als Militärbasis völlig verloren hat, auch darum, der Jugend Beschäftigung und Perspektiven zu bieten, die das öffentliche Schulsystem und die Gesellschaft derzeit nicht bieten. Einen Tag vor der Eröffnung fand deshalb eine Podiumsdiskussion mit Vertretern lokaler Organisationen statt, in der die künftige Rolle des Jugendzentrums besprochen wurde.



Geleitet wird das Zentrum von Lela Bekauri, einer Lehrerin aus Achalziche. Ihr zur Seite stehen weitere Lehrer und Sportrainer, denn auch das Thema Sport spielt im Konzept des Jugendzentrums eine große Rolle. Organisiert werden alle Jugendzentren von World Vision Deutschland und Oliver Reisner, der eigens für dieses Projekt angeheuert wurde. Reisner, der vor Jahren in Georgien die Landessprache und Geschichte studiert hatte, spricht zeichnet georgisch und überraschte viele der Besucher am Eröffnungstag mit einer Rede in der Landessprache.



Georgisch wird auch im Mittelpunkt des Unterrichts vor allem für die armenische Minderheit stehen. Zur Sowjetzeit war russisch die alle Ethnien des Riesenreiches verbindende gemeinsame Sprache, jetzt ist Georgisch alleinige Staatssprache. In Achalziche ist das kein allzu großes Problem, da die meisten der armenischen Schüler in Georgisch unterrichtet werden. In einigen der ausschließlich von Armeniern bewohnten Dörfer rund um Achalziche hat das World-Vision-Team bei seiner Werbe-Tournee für das Jugendzentrum aber auch Jugendliche angetroffen, die weder Georgisch noch russisch verstanden. Sie zu motivieren, im Jugendzentrum Georgisch zu lernen, wird eine der Hauptaufgaben sein. In der ersten Woche haben sich bereits 50 Jugendliche für den Nachmittagsunterricht in Georgisch eingetragen.



Für viele Jugendliche aus den Dörfern wird es aber schwer sein, das Angebot des Jugendzentrums zu nutzen. Die nur auf Subsistenzlandwirtschaft ausgerichteten Familien haben oft genug nicht das nötige Kleingeld, um ihre Kinder zwei oder drei Mal pro Woche mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Achalziche fahren lassen zu können. Das Jugendzentrum sucht deshalb nach Sponsoren, die für interessierte Kinder aus finanzschwachen Familien diese Fahrtkosten übernehmen. Mit nur 15 GEL im Monat kann ein Kind drei Mal in der Woche einen Kurs im Jugendzentrum besuchen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist der Computerunterricht. Ein knappes Dutzend an PC`s stehen im Computerraum des Zentrums, an denen Jugendliche in die Grundfunktionen moderner Informationstechnologie und deren Nutzung eingeführt werden. Ziel ist es, die Kommunikationsdefizite der Provinz-Regionen auszugleichen und junge Menschen an die Chancen der Informationsgesellschaft heranzuführen. Über 150 Jugendliche aus Achalziche und Umgebung haben sich in der ersten Woche für den dreimonatigen Grundkurs eingeschrieben. Das Jugendzentrum wird also angenommen.



Auf dem sportlichen Sektor hat sich das Zentrum schwerpunktmäßig an den Rugby-Verband angelehnt, der eine beispielhafte Breitenarbeit aufgezogen hat und in der Region einige Jugend-Rugby-Teams aufgebaut hat. Beim sportlichen Programm der Eröffnung stand demnach auch ein Rugby-Turnier mit Jugend-Mannschaften aus Tbilissi und anderen Städten Georgiens im Mittelpunkt des Geschehens. GN wird in Kürze über die Aktivitäten der Rugby-Jugend in Georgien berichten. Daneben wird vor allem Volleyball angeboten.

Das Sport-Programm wurde im städtischen Sportzentrum von Achalziche aufgezogen, einem Platz, der den diplomatischen Besuch aus Tbilissi in Erstaunen versetzte. Die Stadion-Tribünen sind aufgebrochen und die Beton-Armierung herausgerissen. Die Sporthalle bietet ein Bild der Verwüstung. Das Jugendzentrum will seinen Budget-Anteil für Sport in eine gemeinsame Anstrengung einbringen und mithelfen, Teile des Sportzentrums zu sanieren, wenn georgische Partner, die Kommune und die staatliche Schulverwaltung, ihren Anteil an der Sanierung erbringen.



Die Region rund um Achalziche ist selbst im wirtschaftsschwachen Georgien noch deutlich schwächer strukturiert als der Rest des Landes. Die Armee, die dem Landstrich während der Sowjetzeit Funktion und Einkommen gesichert hat, ist abgezogen. Industrie gibt es wenig, die Landwirtschaft kommt vom Kartoffelanbau abgesehen über die Subsistenzwirtschaft kaum hinaus. Der Pipelinebau spült jetzt zwar vorübergehend einiges an Geld in die Region, ein dauerhaftes Einkommen ist für die Region mit der Pipeline aber nicht zu erwarten. Deshalb kommt es für World Vision darauf an, Jugendlichen neben Sprache und Sport auch möglichst viele Informationen im Bereich Wirtschaft und Gesellschaft mitzugeben. Auch darum will man sich in Achalziche kümmern.

Vielleicht, das ist das Ziel von World Vision, schält sich aus der älteren Gruppe der betreuten Teenager dann der eine oder andere Kandidat heraus, der geeignet ist, einen Mikro-Kredit aus dem World-Vision-Programm aufzunehmen und damit in jungen Jahren schon eine eigene geschäftliche Existenz aufzubauen. Möglichkeiten bietet die Region ihrer Strukturschwäche zum Trotz allemal. Neben dem Jugendzentrum und dem Kleinkredit-Programm betreut World Vision in der Gegend von Achalziche auch ein Food-for-Work-Programm, in dem dörfliche Gemeinschaften mit Lebensmitteln entlohnt werden, wenn sie in Eigenarbeit die dörfliche Infrastruktur im Straßenbau oder der Bewässerung verbessern. Im Zusammenspiel der drei Programm erhofft sich World Vision einen effektiven Einsatz der Hilfsgelder, die teilweise aus eigenen Mitteln, also Spendengeldern, stammen oder aus öffentlichen Programmen wie dem der Europäischen Kommission, für die World Vision als Implementierungs-Organisation auftritt. Nach dem erfolgreichen Start des Jugendzentrums Achalziche sollen die drei anderen jetzt zügig in Angriff genommen werden.



















































Copyright © 2003 ERKA-Verlag E-mail Impressum Kontakt Webmaster