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Ausgabe 04/04
17. März
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Parlamentswahlen am 28. März
Droht ein Einparteien-Parlament?

Der Ausgang der Wiederholungswahl für das georgische Parlament steht eine Woche vor dem Urnengang bereits fest. Etwas anderes als ein überwältigender Erfolg der Rosen-Koalition Saakschwili-Schwania-Burdschanadse, die in der Partei "Nationale Bewegung-Demokraten" antritt, ist nicht zu erwarten. Ja es ist sogar fraglich, ob es einer anderen Partei überhaupt gelingen wird, die 7-%-Barriere zu überwinden.

Trotzdem wird es im Prinzip kein Ein-Parteien-Parlament geben, da bereits 85 der 235 Abgeordneten über die gültigen Direktwahlen in den 75 Wahlkreisen des Landes und zehn Plätzen für die Exil-Abchasen feststehen. Unter ihnen befinden sich Abgeordnete anderer Parteien, aber auch viele Unabhängige. Sie werden jedoch, sollte das derzeitige Regierungsbündnis am kommenden Sonntag alle noch ausstehenden 150 Sitze gewinnen, kaum etwas an der Tatsache ändern können, dass die Regierung über eine stabile Mehrheit von mehr als 2/3 der Parlamentsmitglieder verfügen wird.

Die spannende Frage, wie lange diese große Koalition, die in vielem an die frühere Bürgerunion Schewardnadses erinnert, halten kann, wird sich dann in den nächsten Jahren erst beantworten lassen. Im Vorfeld der Nominierungen zeigten sich erhebliche Risse zwischen Saakaschwili und Schwania auf der einen und Nino Burdschanadse auf der anderen Seite. Die Parlamentspräsidentin muss sich angesichts der Dominanz der "Männerfreunde" Mischa und Surab an den Rand der Ereignisse gedrängt fühlen. Sie gilt als eine Ausstiegskandidatin aus der Dreier-Rosen-Koalition, hat aber bisher jeden Eindruck, zur Opposition wechseln zu wollen, vermieden. Allerdings fällt auf, dass bei der Vereinigung der Parteien "Burschanadse-Demokraten" und der "Nationalen Bewegung" Saakaschwilis zur neuen Partei :"Nationale Bewegung - Demokraten" der Anteil Nino Burdschanadses unter den Tisch fiel. Die Parlamentspräsidentin, die viel zum Sympathiesieg der Rosenrevolution beigetragen hat, war mit der Platzierung ihrer Kandidaten auf der Liste der neuen Partei nicht zufrieden.

Vollkommen unvorhersehbar ist das Abschneiden der "Partei der Nationalen Wiedergeburt", die Partei des adscharischen Führers Aslan Abaschidse. War sie bisher durch die manipulierten sozialistischen Wahlergebnisse aus Adscharien dank des Bevölkerungsanteils Adschariens automatisch immer im Parlament, dürfte - einigermaßen faire Wahlen in Adscharien vorausgesetzt - diese Position ins Wanken geraten. Der Abschied der Aslan-Partei aus dem georgischen Parlament erscheint nicht ausgeschlossen, was wirklich eine Zäsur in der jungen georgischen Demokratie bedeutet. Denn Aslan hatte sich zur Absicherung seiner feudalen Machtbasis am schwarzen Meer stets eine Sperr-Minorität im georgischen Parlament zusammen gemogelt. In Tbilissi regierte er damit immer irgendwie mit, obwohl er - jeweils auf Platz eins seiner Liste gewählt - das georgische Parlament niemals betreten hat.

Ein großes Fragezeichen steht auch hinter dem Abschneiden der "Arbeiterpartei" Schalwa Natelaschwilis, die lange Zeit als die einzige Oppositionspartei gegen die Schewardnadse-Administration galt und bei den Kommunalwahlen im Mai 2002 in Tbilissi das georgische Establishment mit einem Traumergebnis schockte. Im November galt Natelaschwili noch als einer der Favoriten der Parlamentswahl und wurde etwa gleichauf mit Saakaschwilis "Nationaler Bewegung" geführt. Während der "Rosen-Revolution", bei der Natelaschwili durch Abwesenheit glänzte, ist seine Partei zweifelsohne ins Hintertreffen geraten. Natelaschwili hatte die Revolution als ein abgekartetes Spiel der politischen Kräfte um Schewardnadse gewertet und die Rechtmäßigkeit der neuen Regierung bestritten. Langjährige Beobachter der politischen Szene sehen in ihm den eigentlichen Verlierer der Entwicklung der Parteien-Landschaft in den letzten drei Jahren. Hätte die Bürgerunion Schewardnadses mit Saakaschwili und Schwania als Reform orientierten Nachfolgern des alten Fuchses gehalten, dann wäre ein Siegeszug Natelaschwilis kaum aufzuhalten gewesen. Denn die Stimmung gegen die Schewardnadse-Regierung war dermaßen massiv, dass kaum jemand aus dem Schatten des großen Meisters heraus in der Lage gewesen wäre, Wahlen zu gewinnen. Am 28. März wird sich entscheiden, ob Natelaschwili noch eine politische Zukunft hat. Allzu groß sind seine Chancen nicht. Die Arbeiterpartei ist auf dem populistischen linken Spektrum anzusiedeln.

Auf der rechten haben sich die beiden Wirtschaftsparteien "Industrialisten" und "Neue Rechte" nach der Machtübernahme durch Saakaschwili zu einem Wahlblock "Industrialisten-Novas" zusammengeschlossen. Die beiden Frontmänner sind Gogi Topadse, der Bierkönig, und Davit Gamkrelidse, Gründer der Versicherungsgesellschaft "Aldagi". Beide stehen für einen wirtschaftsfreundlichen Kurs, fordern schon seit Jahren eine Änderung der Steuergesetze und haben die "revolutionären" Ereignisse des vergangenen Winters mit einiger Distanz beobachtet. Bei den November-Wahlen waren Topadses Industrialisten wie die Neuen Rechten von Davit Gamkrelidse in den Umfragen bei 5 - 7 % gehandelt worden. An dieser Einschätzung dürfte sich auch für diesen Urnengang nicht viel geändert haben. Beobachter zweifeln, ob es den vereinten Rechtsparteien gelingen wird, bei diesem Urnengang die 7-%-Hürde zu überwinden.

Den zahlreichen übrigen Parteien und Wählerblocks werden kaum nennenswerte Chancen auf einen Einzug ins Parlament eingeräumt, zumal die finanziellen Ressourcen nach dem Kraftakt des letzten Novembers aufgebraucht sind. Die meisten Parteien finanzieren sich von den Zuschüssen einzelner Sponsoren, eine staatliche Parteien-Finanzierung oder ein starkes Beitragsaufkommen durch Mitglieder gibt es in Georgien nicht. Die Parteien sind auch in aller Regel mehr Netzwerk- oder Clan-Parteien, weniger Programm-Parteien. Eine Materialschlacht, wie sie Georgien im November vergangenen Jahres erlebt hatte, findet offensichtlich nicht statt.

Eine Parteien-Neugründung mit dem Namen "Freiheit" machte in den letzten Tagen auf sich aufmerksam, wenngleich auch dieser nur wenige Chancen eingeräumt werden, die 7-%-Barriere zu überwinden. Der älteste Sohn des früheren Präsidenten Gamsachurdia, Konstantin Gamsachurdia, steht an der Spitze dieser Liste. Er lebte die letzten zehn Jahre im politischen Asyl in der Schweiz und kam erst am Mittwoch in seine Heimat zurück, um in einer Eineinhalb-Wochen-Kampagne für seinen Einzug ins georgische Parlament zu kämpfen.

Alle anderen Parteien und Wählerblocks können unter ferner liefen oder auch folkloristischen Aspekten abgelegt werden.


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