Da müssen den Präsidenten-Kollegen von Michael Saakaschwili
die Ohren aber ganz schön geklingelt haben, als dieser vor
wenigen Tagen seine erste Regierungsmannschaft vorstellte. "Die
fortschrittlichste Regierung in ganz Ost-Europa" lobte der
Reform-Präsident das Kabinett, das jetzt noch vom Parlament
bestätigt werden muss. Saakaschwili gab seinen Ministern aber
nicht nur diese Vorschusslorbeeren mit auf den Weg. Er drohte ihnen
gleichzeitig mit Entlassung, sogar mit Arrest, falls ihm zu Ohren
kommen sollte, dass sich einer auf unsaubere Geschäfte einlasse,
Verwandten Posten zuschustere und die Menschen dadurch traktiere,
dass sie für ein kleines Dokument gar sieben Mal in einer Behörde
vorzusprechen hätten. Harte Zeiten kündigte Saakaschwili
auch für die Söhne seiner Minister und anderer hoher Offizieller
des Landes mit der Bemerkung bei der Amtseinführung des neuen
Verteidigungsministers an, es sei eine Schande, dass bisher keiner
der Söhne einflussreicher Leute aus der Regierung den Dienst
in der Armee hätte antreten müssen.
Auch sonst wird der Dienst in einem "einzigartigen Team"
kein Zuckerschlecken. Denn der Präsident fordert von all
seinen Ressortchefs einen wöchentlichen Bericht über
die Probleme, die sie gelöst oder wenigstens einer Lösung
näher gebracht hätten. Lange Kabinettssitzungen will
er sich dafür ersparen. Gerne hätte er an der Spitze
des Kabinetts eine Frau gesehen, konnte sich Saakaschwili eine
Spitze gegen seinen mächtigen Regierungschef nicht verkneifen,
"aber lassen wir es, wie es ist."
Neben dem Premier-Minister Surab Schwania als Regierungschef
werden dem neuen Kabinett 15 Fachminister und vier Staatssekretäre
angehören. Den Verteidigungsminister präsentierte der
Präsident höchstpersönlich, er untersteht dem Staatsoberhaupt
direkt. Nach General Davit Tevsadse, der als Botschafter zur NATO
nach Brüssel abkommandiert wird, wird erstmals ein Zivilist
das Verteidigungsministerium führen, Gela Bezhuaschwili,
bisher schon stellvertretender Minister dieses Ressorts.
Für das übrige Kabinett fällt zunächst einmal
auf, dass sich das Revolutions-Duo Saakaschwili-Schwania außerhalb
der Parteien, vornehmlich bei den sogenannten NGO's, den Non Governmental
Organizations, bedienten. Drei von ihnen entstammen der "Stiftung
Offene Gesellschaft Georgien", die vom amerikanischen Milliardär
George Soros finanziert wird, und zwei aus dem Georgischen Institut
für öffentliche Verwaltung. So fällt diese Regierung,
was Ausbildung und Berufserfahrung ihrer Mitglieder angeht, durch
einen jungen Professionalismus auf, der sich positiv auf das Management
des Landes auswirken soll. George Soros hatte in den vergangenen
Wochen schon einmal auf sich aufmerksam gemacht, als er der neuen
Regierung eine Million US-$ zur Begleichung von Gehaltsschulden
bei ihren Staatsdieners zukommen ließ.
Fünf Ressortchefs, die von der Übergangspräsidentin
Nino Burdschanadse in ihre Ämter berufen wurden, werden ihre
Positionen behalten. Giorgi Baramidze (Innenminister),
Tedo Tschaparidse (Außenminister), Surab Noghaideli
(Finanzminister), Irakli Rechwiaschwili (Wirtschaftsminister)
und Eter Asterimova (Ministerin für Flüchtlinge
und Unterbringung).
Der derzeitige Interims-Justizminister Surab Adeischwili
soll das Sicherheitsministerium übernehmen. Dass diese sensible
Position mit einem Zivilisten und nicht mit einem Uniformträger
besetzt werde, sei ein wichtiges Signal dafür, dass das Ministerium
für Staatssicherheit fundamentalen Reformen entgegensehe,
erklärte Surab Schwania diese Personalie.
Die Position des Justizministers übernimmt Giorgi Papuaschwili,
der in der Soros-Stiftung das Thema Rechtsstaat bearbeitete und
am Verwaltungsinstitut lehrte. Der bisherige Repräsentant
der Soros-Stiftung in Georgien, Kacha Lomaia, soll das
Ministerium für Bildung und Wissenschaft übernehmen.
Er und seine Stiftung, so der designierte Premierminister, hätten
viel für die Reform des Bildungssystems in Georgien geleistet.
Dritter im Bunde der Soros-Leute ist Giorgi Gabaschwili,
Sohn des georgischen Botschafters in Berlin, und Generalsekretär
der Vereinten Demokraten Surab Schwanias. Er soll das Ministerium
für Kultur und Sport führen.
Gigi Tsereteli, einer der Führer der Vereinten Demokraten
und während der Interimspräsidentschaft von Nino Burdschanadse
kurzzeitig Parlamentspräsident, wird Gesundheitsminister.
Als studierter Mediziner ist ihm dieses Fach geläufig.
Die neue Umweltministerin Tamar Lebanidse ist ebenfalls
vom Fach. Die Biologin war Direktorin der Constanza-Stiftung.
Tamar Suluchia (Ministerin für Infrastruktur) darf
das neu geschaffene Ressort führen, indem die Kompetenzen
für Städtebau, Straßenbau und Kommunikation zusammengefasst
wurden. Sie leitete das Zentrum für lokale Selbstverwaltung
am Institut für öffentliche Verwaltung.
Nikolos Gilauri, der neue Energieminister hat sein Studium
in Dublin absolviert. Er wisse genau, sagte Surab Schwania bei
seiner Vorstellung, wie die Probleme auf dem Energiesektor zu
lösen seien. Ausreichend Erfahrung in seinem neuen Amt besitzt
auch Landwirtschaftsminister Davit Scherwaschidse. Er war
bisher stellvertretender Minister des Hauses.
Anstelle von vier stellvertretenden Staatsministern werden dem
Kabinett vier Staatssekretäre mit besonderen Aufgaben angehören.
Tamar Beruchaschwili ist für die Integration in europäische
Strukturen zuständig. Unter Schewardnadse war sie zunächst
Außenhandelsministerin, dann stellvertretende Wirtschaftsministerin
mit derselben Aufgabe. Derzeit koordiniert sie die ausländischen
Finanzhilfen für Georgien. Guram Absandse soll sich
um die Politik der nationalen Aussöhnung kümmern. Er
war Finanzminister unter Swiad Gamsachurdia und soll vor allem
die Anhänger des früheren Präsidenten in Westgeorgien,
um die sich Michael Saakaschwili intensiv gekümmert hatte,
für die neue Regierung pflegen.
Eine weitere wichtige Wählerklientel soll Jambul Bakuradse
bedienen. Er ist zuständig für die Entwicklung von kleinen
und mittleren Unternehmen. Um die Konfliktlösungen in Abchasien
und Südossetien kümmert sich ab sofort ein früherer
Filmregisseur und wichtiger Aktivist der November-Ereignisse,
Goga Chaindrawa.
Die Zeit der Feiern sei jetzt vorbei, versprach Saakaschwili
bei der Präsentation seiner neuen Ministerriege. "Von
Morgen an werden wir beginnen, hart zu arbeiten." Die ersten
Aufgaben, die der Präsident seiner Regierung auftrug: Steigerung
der Staatseinnahmen, Steuerreform, Erhöhung der Pensionen.
Im März will er erste Ergebnisse sehen und nach einem halben
Jahr die Arbeit der Regierung auf den Prüfstand stellen.
Das fortschrittlichste Kabinett in Ost-Europa hat keine Sekunde
Zeit, sich auszuruhen.
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