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Ausgabe 03/04
18. Februar
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Der Besuch des georgischen Staatspräsidenten Saakaschwili in Moskau wird nicht nur in den georgischen Medien als überwiegend positiv bewertet. Auch in Moskau, wo man der Rosen-Revolution und ihren Machern eher reserviert gegenüber stand, hat der neue Mann von der Kura anscheinend einen guten Eindruck hinterlassen. Jedenfalls sprach Putins außenpolitischer Berater Sergej Prichodko nach dem außergewöhnlich langen Vieraugengespräch zwischen den beiden Präsidenten von Saakaschwili als "einem Partner, mit dem man offen und an der Sache orientiert reden kann." Fürs erste, so lassen alle Auguren durchscheinen, hat sich Saakaschwili in Moskau wohl bestens eingeführt. Ob und wie lange diese positive Stimmung anhält, wird sich zeigen. Beim ersten Treffen Putin-Saakschwili wurde naturgemäß keines der Probleme zwischen den beiden Ländern gelöst. Offensichtlich ist jedoch, dass sich die Atmosphäre zwischen den beiden Ländern spürbar entspannt hat. Putin will schon im Herbst nach Georgien kommen und dann den seit langer Zeit ausstehenden Rahmenvertrag über die Beziehungen der beiden Länder unterschreiben.

Geschickt hat Saakaschwili den Gesprächen jegliche Spitze genommen, als er ankündigte, das Reizthema Nr. 1, der Rückzug der russischen Truppen aus den georgischen Stützpunkten, müsse nicht sofort gelöst werden. Klar sei, dass diese Militärstützpunkte auch für Russland keinen militärischen Nutzen brächten und nur der Psychologie wegen aufrecht gehalten würden. Deshalb könne man sich ganz sicher zu einem späteren Zeitpunkt über den Rückzug einigen. Keinen Zweifel ließ Saakaschwili allerdings an der Tatsache, dass Russland seine Istanbuler OSZE-Verpflichtungen erfüllen und die Militärbasen abziehen müsse. Als Hintergrund der neuen georgischen Geschmeidigkeit in dieser Frage kann auch vermutet werden, dass dieses Thema bereits im Vorfeld des Treffens von Außenministern Powell und Iwanow übernommen wurde. Russland fordert für seinen Rückzug finanzielle Entschädigungen, die vom klammen georgischen Finanzminister ohnehin nicht aufzubringen sind. Da wird schon Amerika einspringen müssen, was ja bereits angekündigt wurde. Und damit, so scheint es, sind die Georgier in dieser Frage kaum mehr als Zuschauer. So muss es Saakaschwili nicht allzu schwer gefallen sein, die Luft aus diesem Ballon abzulassen, wobei er seinen Gastgebern zusicherte, dass nach Verlassen der Militärbasen kein neuer ausländischer Nutzer dort einziehen werde. Ähnliches muss auch Colin Powell wenige Tage zuvor in Moskau versichert haben, womit eine der größten Befürchtungen Russlands ausgeräumt werden konnte. Dort sah man nämlich schon jede Menge an US-Boys in den Startlöchern sitzen, sollten Moskau seine Mannen zurückgeholt haben.

Geschickt zeigte sich Saakaschwili als ein Freund des großen Bruders im Norden des Kaukasus: "Ich sage es ganz offen, ich bin hierher gekommen, um Freundschaft zu schließen", sagte er jedem, der es vernehmen wollte, und löste damit eine von Stunde zu Stunde spürbar positivere Berichterstattung in den russischen Medien aus. Russland sei eine große Macht, gab er zunächst einmal artig zu Protokoll, und Georgien ein kleines Land. "Aber wir haben unsere eigenen Interessen, unseren Stolz und unsere Geschichte", fügte er zur Warnung vor allzu nostalgischem russischen Großmachtgehabe hinzu. Putin gab die Druschba-Beschwörungen mit der Bemerkung zurück, Rußland sei bereit, Georgien "praktisch in allen Fragen entgegenzukommen". Das gelte sowohl für die Schulden Georgiens, die man restrukturieren wolle, als auch in der Frage der Energieversorgung. Ein dezenter Wink mit dem Zaunpfahl, denn Putin weiß zu gut, auf welchen Feldern der Georgier mangels eigener Stärke kaum auftrumpfen kann. Putin erinnerte seinen Gast daran, dass Moskau die Energielieferungen fortgesetzt habe, obwohl 160 Millionen $ offen stünden, und auch daran, dass Russland Handelspartner Nr. 1 des Kaukasus-Landes sei.

Geschickt warb Saakaschwili deshalb um russische Investitionen in Georgien. Das Land brauche dringend russisches Kapital und Management, wenn es wirtschaftlich gesunden wolle. Dabei versprach der Präsident, sich persönlich für die Sicherheit russischer Investitionen einzusetzen und jedes einzelne Investment genau zu verfolgen.

Um all diese Probleme zu lösen, dürfe man sich nicht von den Konflikt-Themen Abchasien und Süd-Ossetien zu sehr beeinflussen lassen, erklärte Saakaschwili diplomatisch, ließ sich aber vom Standpunkt, dass beide Gebiete unverzichtbarer Bestandteil Georgiens seien nicht abbringen. Beide Präsidenten beschlossen, das Suchumi-Abkommen von Schewardnadse und Putin mit seinen verschiedenen Arbeitsgruppen wieder in Gang zu setzen. Dabei geht es um die Rückführung georgischer Flüchtlinge in die Gali-Region im Gegenzug für eine Wiederbelebung des Eisenbahnverkehrs zwischen Russland und Georgien. Ob damit auch wirklich realistische Ansätze zur Lösung des Abchasienproblems gefunden wurden, wird sich erst zeigen. Auch Schewardnadse war nach seinem Sotschi-Treffen mit Putin guter Dinge, musste sich später dann aber eines besseren belehren lassen.

Auch beim Thema tschetschenische Grenze kam Saakaschwili seinen russischen Gesprächspartnern verbal entgegen. Beide Länder hätten dieselben Interessen an sicheren Grenzen, die nicht von bewaffneten Gruppen ständig verletzt würden. Gemeinsame Grenzkontrollen sollen das Problem lösen. In diesem Bereich habe sein Vorgänger schwere Fehler begangen, räumte Saakaschwili auch in öffentlichen Interviews und Stellungnahmen ein. Natürlich konnte es Saakaschwili in diesem Zusammenhang nicht lassen, sich deutlich von Eduard Schewardnadse zu distanzieren, den man in Moskau wegen seiner Verantwortung für die Auflösung des Warschauer Paktes ohnehin kaum leiden konnte. Er sei nicht wie sein Vorgänger, erklärte er, der eines sagte, das andere dachte und ein drittes schließlich machte.

Auch in der russischen Öffentlichkeit machte Saakaschwili eindeutig Punkte gut. Während eines Radio-Interviews erklärten 70 % der Zuhörer, die sich an einer Befragung beteiligten, sie glaubten, dass der neue georgische Präsident ernsthaft an einer Verbesserung der Beziehungen zu Russland interessiert sei. Den Menschen in Russland hatte er vorher schon mitgeteilt, ihr meist kritisches Bild vom heutigen Georgien entspringe nicht der Realität sondern vielmehr der einseitigen Darstellung in den russischen Medien.

Die erste Hürde im langen Rennen um eine Verbesserung der georgisch-russischen Beziehungen hat Saakaschwili mit Bravour genommen. Bis zum Ziel, einer wirklichen Freundschaft zwischen Moskau und Tbilissi stehen allerdings noch viele weiteren Hürden auf der Strecke. Es wird wohl mehr an Putin und an der politischen Großwetterlage zwischen den USA und Russland liegen, ob der sportliche Draufgänger von der Kura, der sich in Moskau durchaus diplomatisch geschickt präsentierte, noch weitere Hürden wird nehmen können.


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