Newsletter
Währungskurse
Wetterprognose
E-Mail an GN
Ausgabe 02/04
4. Februar


Während Michael Saakaschwili in Deutschland noch Befürchtungen äußerte, im neuen Parlament Georgiens könnte die für eine Demokratie dringend benötigte Opposition zu schwach repräsentiert sein, hat das neue Regierungslager längst eine innenpolitische Frontbegradigung vollzogen. Surab Schwania und Michael Saakaschwili wollen ihre beiden Parteien - "Nationale Bewegung" und "Vereinigte Demokraten" - zu einer gemeinsamen Partei zusammenzuführen: Elefantenhochzeit. Einen überwältigenden Erfolg bei den Parlamentswahlen im März vorausgesetzt, woran kaum jemand zweifelt, hätten beide wieder das parlamentarische Mehrheits- und Machtinstrument, das sie vor drei Jahren schon einmal besaßen, diesmal aber ohne die alten Betonköpfe und Apparatschicks der Schewardnadse-Fraktion.

Kritiker sprechen bereits davon, die Bürgerunion - "selbstgereinigt" durch interne Machtkämpfe, Zerschlagung und revolutionären Machtwechsel - feiere eine Art Wiederauferstehung in neuer Formation, unter neuem Label und unter Ausschluss bzw. Wegschluss einiger Leute, die, nach innen wie nach außen, niemandem mehr als einigermaßen anständige Regierungsleute zu vermitteln waren. Und die Revolution, die weltweit den Eindruck eines wirklichen Machtwechsels zu vermitteln verstand, reduziere sich im Nachhinein auf nichts anderes als eine mittlere Palastrevolution, blendend inszeniert und exzellent verkauft.

Dass dieses Manöver nicht ganz ohne Verwerfungen abgehen wird, zeigt sich an ersten Reaktionen aus dem neuen Regierungslager. So hat Koba Davitaschwili, immerhin der politische Sekretär von Saakaschwilis Nationaler Bewegung erklärt, er werde die Partei verlassen, wenn diese Vereinigung mit Schwanias Demokraten zustande käme. Schwania warf er vor, während der vergangenen Jahre für viele Fehlentscheidungen im Lande verantwortlich zu sein. Davitaschwili erklärte auch seinen Widerstand gegen die zwischen Saakaschwili, Schwania und Nino Burdschanadse ausgehandelten Verfassungsänderungen, die einzig und alleine den Zweck verfolgten, Schwania zum Premierminister zu machen. Es sei für ihn nicht akzeptabel, "Schwanias Partei-Knecht" zu sein.

Kritik an den geplanten Verfassungsänderungen, kam auch von Co-Autorin Nino Burdschanadse persönlich, die mittlerweile wieder ihren angestammten Platz als Parlamentspräsidentin eingenommen hat. Für sie sind die Verfassungsänderungen "nicht ideal" und unter anderen politischen Umständen als den derzeitigen hätte sie diesem Gesetzesentwurf nie zugestimmt. Soweit Saakaschwili und Schwania bislang durchblicken ließen, sollen die Rechte und Pflichten von Regierung und Parlament gleichzeitig gestärkt werden. Das Parlament erhält das recht, die Regierung mit 3/5 seiner Stimmen jederzeit und ohne Begründung entlassen zu können. Dafür erhält die Regierung die zentrale exekutive Verantwortung. Trotzdem bleibe die Haupt-Verantwortung für alle Entwicklungen im Lande beim Präsidenten. Wie dies alles bewerkstelligt werden soll, ist bislang nur den Autoren und damit dem Dreigestirn der Revolution bekannt. In ein paar Tagen schon sollen die entsprechenden Gesetzesentwürfe vom Präsidenten im Parlament eingebracht werden. Verfassungsänderungen werden in Georgien wohl ebenso unkonventionell und rasch bewerkstelligt wie die Einführung neuer Staatssymbole.

Ärger gibt es auch zwischen Nino Burdschanadse und dem neuen stellvertretenden Innenminister Peter Tsiskarischwili (Nationale Bewegung). Tsiskarischwili war jetzt auf Vorschlag Saakaschwilis berufen worden, während seine Interims-Vorgängerin Nino Burdschanadse eben jene Berufung zu Ihrer "Präsidialzeit" nicht gegenzeichnen wollte, anscheinend um einen Verwandten auf diesem Posten nicht zu gefährden. Tsiskarischwili rächte sich denn jetzt auch mit massiven Vorwürfen gegen Burdschanadses Mann, zu Schewardnadses Zeiten noch stellvertretender Generalstaatsanwalt. Burdschanadse giftete dagegen und wurde prompt von Michael Saakaschwili zurückgepfiffen, der sich hinter seinen Vertrauensmann im Innenministerium stellte. Die Solidarität der Rosen-Revolutionäre scheint die politische Existenz des gemeinsamen Feindbildes Schewardnadse nicht lange zu überdauern.

Dafür fühlen sich neuerdings wieder Leute umworben, die man längst auf dem politischen Altenteil vermutete. Nemo Burchuladse, einer der Führer der "Nationalen Union für Konsens und Gerechtigkeit" erklärte, seine Partei werde die Einladung von "Nationaler Bewegung" und "Vereinigten Demokraten" überlegen, bei den kommenden Parlamentswahlen Vertreter auf der Regierungsliste kandidieren zu lassen. Burchuladse war während der Gamsachurdiazeit Parlamentssprecher und setzt sich jetzt vor allem für eine Amnestie für noch inhaftierte Anhänger Gamsachurdias ein. Die Suche nach sicheren neuen Wähler-Mehrheiten scheint in vollem Gange. Und wieder ist es das gemeinsame Feindbild Schewardnadse, das diese Gruppierungen einigt. Unter Schewardnadses Regierung, so Burchuladse, sei eine Kandidatur seiner Leute auf einer Mehrheitswahlliste der Regierung unmöglich gewesen. Jetzt aber…… Noch wenig Struktur ist bei den Oppositionsparteien zu erkennen, bei denen noch immer um die richtige Formierung verhandelt wird. Aber zu Hause wird sich Michael Saakaschwili wohl weniger Sorgen um das Wohl der Opposition machen als bei den Freunden im fernen Europa.


Copyright © 2003 ERKA-Verlag E-mail Impressum Kontakt Webmaster