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Ausgabe 02/04
4. Februar


Die Ikone ist tot, es lebe die Ikone. Kaum hat Eduard Schewardnadse, dem in der deutschen Politik-Landschaft eine nahezu ikonenhafte Verehrung zuteil wurde, das Feld geräumt, kam mit Michael Saakaschwili, dem Rosen-Revolutionär, ein Politiker nach Berlin, der alles Zeug dazu hat, als neue georgische Polit-Ikone zu reüssieren und dies nicht nur an der Spree. Als Neuling und Youngster unter den Staatschefs gleich beim ersten Auftritt in Berlin vom Bundespräsidenten, Bundeskanzler, Parlamentspräsidenten und Außenminister empfangen zu werden, das muss dem neuen Mann von der Kura erst einmal einer nachmachen. Dazu noch ein Pflicht-Date mit der Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und zwei politische Vorträge samt einer Reihe von Interview-Terminen mit führenden Blättern und TV-Stationen - das war ein mehr als respektables Programm für einen nicht einmal 48-stündigen Antrittsbesuch. Da hat sich einer auf Schewardnadses ureigenstem Terrain, dem wiedervereinten Deutschland, den Lorbeer für den friedlichen Machtwechsel abgeholt. Und er hat es sichtlich genossen.

Begleitet wurde Georgiens neuer Staatschef von seiner Frau Sandra Roelofs, die mal als seine Dolmetscherin auftrat, sich mal - im Damenprogramm der deutsch-georgischen Hauptstadtszene - einfach als die "Ich bin die Sandra"-First-Lady vorstellte und damit die Herzen der BerlinerInnen fast im Sturm eroberte. Eine neue "First Lady der Herzen" - die andere, die Königin der Herzen, müsste vor Neid fast erblassen, hätte sie noch die Chance, die Charme-Offensive der gebürtigen



Niederländerin für ihre neue Heimat zu erleben. Sandra Roelofs, das ist nach diesem Kurz-Abstecher an die Spree offensichtlich, wird ihrem Mischa nicht nur in der georgischen Bevölkerung mit viel Charme zur Seite stehen. Sie wird auch ihre Rolle als Sonderbotschafterin Georgiens in den Medien der Welt zu spielen verstehen, und dies nicht nur im Boulevard. Pfunde, mit denen der Präsident wird wuchern können.

Michael Saakaschwili wird diese Hilfe brauchen. Denn der überaus freundliche Empfang in der deutschen Hauptstadt darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei dem Lorbeer von Berlin wohl eher um einen großen Vorschusslorbeer für Saakaschwilis Amtszeit und die Zukunft des neuen Georgien handelte. Denn ähnlich wie seine Heimat setzt auch Europa große Hoffnungen auf den politischen Senkrechtstarter. Aber dass er für den nächsten Winter nicht noch einmal so viele Sponsoren in der Welt wird finden können wie in den vergangenen Wochen, das dürfte auch Saakaschwili klar sein. Falls nicht, das war am Rande seines Berlin-Besuches deutlich zu spüren, wird ihm das schon beim nächsten Auftritt an gleicher oder anderer Stelle beigebogen werden. Ohne einen spürbaren Eigenbeitrag Georgiens zu seiner Gesundung werden die Hilfsleistungen aus dem Ausland schneller wieder ins Stocken geraten als sie nach den November-Ereignissen zu sprudeln begannen. In Georgien - und das ist die jetzt schon erkennbare Crux für Saakaschwili - wird er wohl eher daran gemessen werden, was er an Hilfe akquirieren kann.


Dabei hat Saakaschwili sich in Berlin mit seinem unkonventionellen Auftreten nicht nur Freunde gemacht. Sicher ist nach den ausgestanzten Stereotypen, mit denen sein Vorgänger die Welt zu langweilen beliebte, die lustvolle Sprachgewalt des Neuen mehr als erfrischend. Es gab aber auch deutliche Kritik vor allem an der einen oder anderen Formulierung in Richtung Russland, welche die diplomatische Routine vermissen ließ, die seinen Vorgänger dann doch auszeichnete. Ob er damit mehr Erfolg haben wird als jener, wird man schon bald erkennen. Saakschwili will noch Anfang Februar seinen Antrittsbesuch in der Höhle des Löwen, im Moskauer Kreml machen. Dort wird das Parkett ungleich rutschiger sein als im winterlichen Berlin. Im März wird dann Außenminister Fischer in Tbilissi erwartet, vermutlich gerade noch rechtzeitig zu den Parlamentswahlen. Dann wird Saakaschwili noch einmal deutsche Lorbeeren zum Vorschuss ernten dürfen, denn der raschen Terminierung von Fischers Trip nach Georgien kann der Aspekt einer deutschen ministeriellen Wahlkampfhilfe für die neue Regierung in Georgien nur schwerlich abgesprochen werden. Spätestens nach dieser Wahl aber kommt für Saakschwili und seine Regierung dann die Stunde der Wahrheit. Und dann will man vor allem in Europa nur noch eines, nämlich Taten sehen.


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