Newsletter
Währungskurse
Wetterprognose
E-Mail an GN
Ausgabe 01/04
21. Januar


Mit dem Sieg der Rosenrevolution hat ein Thema plötzlich wieder internationale Beachtung gefunden, bei dessen regelmäßiger Wiederkehr in den Nachrichten nur noch eingefleischte Georgien-Kenner aufhorchten: der Abzug der beiden russischen Militärbasen in Achalkalaki und Batumi. Mit den neuen Machthabern in Georgien haben sich vor allem die USA dieses trilateralen Dauerbrenners angenommen und auf einem OSZE-Gipfel Ende letzten Jahres dermaßen Druck auf Moskau ausgeübt, dass Russland erstmals seit vielen Jahren wieder eine gemeinsame Schlusserklärung platzen .ließ.

Dem Abzug russischer Truppen aus Georgien hatte Boris Jelzin auf dem OSZE-Gipfel 1999 in Istanbul zugestimmt, auch der Zielsetzung, noch vor dem Jahre 2001 mit Georgien eine dementsprechende Vereinbarung zu treffen. Seither wird verhandelt, ergebnislos. Russland fordert eine elfjährige Frist zum Abzug seiner Verbände, Georgien besteht auf drei Jahren, nahezu fünf Jahre sind mittlerweile vergangen.

Dabei ist die Bedeutung der russischen Militärbasen in Georgien durchaus umstritten. Das militärische Hauptquartier Russlands im Kaukasus - ein großer, trister Verwaltungsbau in Tbilissi - erscheint nur noch wenig belebt. Offensichtlich ist ein Teil des früher bedeutenden Militärstabes bereits abgezogen, was zumindest der georgische Verteidigungsminister im Detail wissen müsste. Er hat sein Domizil in direkter Nachbarschaft, das gemeinsame Pförtnerhaus verbindet die mittlerweile heftig zerstrittenen militärischen Führungen. Das russische Hauptquartier sollte unbestätigten Berichten zufolge aus finanziellen Gründen schon vor zwei Jahren nahezu aufgelöst werden. Mit dem Anwachsen der georgisch-russischen Spannungen im Kodori- und Pankisital und der zumindest teilweise in den Propaganda-Kampagnen ausgemalten möglichen militärischen Konfrontationen zwischen beiden Ländern wurde der Befehl zum Umzug aber anscheinend zurückgenommen. Trotzdem mutet angesichts der real existierenden, recht bescheidenen russischen Militärpräsenz im Kaukasus - nur in Armenien sind noch ernst zu nehmende russische Kräfte stationiert - das Hauptquartier in Tbilissi eher anachronistisch an.

Auch die strategische Bedeutung der beiden noch verbliebenen Militärbasen Batumi und Achalkalaki erscheint nicht sonderlich groß. In Achalkakali rekrutiert sich ein Grossteil der Soldaten aus den jungen Männern der umliegenden Dörfer, die allesamt armenisch besiedelt sind. Nahezu völlig abgeschnitten von einer vernünftigen Logistik mit dem Mutterland dürfte die militärische Präsenz Russlands in dieser Region Georgiens nur noch deklamatorischen Charakter haben. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die russische Militärbastion in der strukturschwachen Region der einzige nennenswerte Arbeitgeber ist. Würde er abziehen, hinterließe er der georgischen Regierung ein nahezu unlösbares wirtschaftliches Problem. Ein Aufflammen an ethnischen Spannungen wäre unausweichlich.

So ist denn auch die armenische Minderheit in dieser Gegend schon aus wirtschaftlichen Gründen dringend an einer längerfristigen militärischen Präsenz Russlands interessiert. Hinzu kommt, dass sich die Armenier unter dem Schutz Russlands sicherer fühlen vor eventuellen nationalistischen Rückfällen georgischer Politik. Und: Da schon kurz nach dem Abzug der Russen aus der Militärbasis Vaziani bei Tbilissi dort türkische Soldaten einzogen, um das völlig heruntergekommene Terrain einigermaßen zu sanieren, befürchtet die armenische Bevölkerung Dschawachetis auch einen sofortigen Einzug des Erbfeines Türkei in die frei gewordene Kaserne von Achalkakali, sollten die Russen dort wirklich abziehen. Eine schwierige Gemengelage an Interessen also und nicht wenige in der georgischen Hauptstadt wissen, dass derzeit der Status quo - also russisches Militär in Achalkalaki - nicht unerheblich zur Stabilität und Ruhe in der Grenzregion zu Armenien beiträgt.

Ähnlich ist die Situation in Batumi, wo die russische Garnison von Aslan Abaschidse ganz offensichtlich dazu instrumentalisiert wird, seine spezielle Form einer autonomen Republik abzusichern, zumindest bis heute war dies einer gewissen Stabilität durchaus zuträglich. Für beide Militärbasen gilt, dass sie für Russland wohl eher politisch-propagandistischen Nutzen haben als einen wirklich militärisch-strategischen.

Trotzdem ist das Thema seit dem erzwungenen Regierungswechsel erneut auf der politischen Agenda. Außenminister Tedo Tschaparidse wurde jüngst in dieser Frage in Moskau vorstellig, wo man beschied, es mit der Heimkehr der Soldaten nicht annähernd so eilig zu haben wir seinerzeit in Deutschland. Ein Verlegung nach Russland koste viel Geld und Finanzminister würde entsprechende Mittel erst dann freigeben, wenn ein völkerrechtlich gültiger Vertrag vorliege. Von 500 Millionen $ war die Rede und davon, dass man mit einer solchen Summe das Verfahren beschleunigen könne. Eine überaus dezente Reaktion auf ein Angebot der USA, dem Rückzug Russlands aus Georgien finanziell nachhelfen zu wollen. Ob man in Washington allerdings mit Summen dieser Größenordnung rechnet, darf dahingestellt bleiben. Trotzdem rechnet Tschaparidse fest mit einem Kompromiss, die Gespräche würden hart, aber es gäbe da keinen Ausweg.

Michael Saakaschwili, der designierte Präsident, erklärte in einem Interview, die russische Militärpräsenz in Georgien diene eher dem imperialen Gehabe Russlands denn seiner Sicherheit. Es gäbe andere Wege, die Sicherheit der russischen Grenzen zu garantieren als die verbliebenen 2.000 Mann. Eines hat Georgien mittlerweile immerhin erreicht. Die russischen Soldaten erhalten seit kurzem ihren Sold nicht mehr in Rubel sondern in georgischen Lari ausbezahlt. Dies bringt der Nationalbank regelmäßigen Dollarzufluss und verhilft der georgischen Währung wohl auch in Achalkalaki endgültig zum Durchbruch. Dort war in den letzten Jahren der russische Rubel die dominierende Währung.


Copyright © 2003 ERKA-Verlag E-mail Impressum Kontakt Webmaster