Mit dem Sieg der Rosenrevolution hat ein Thema plötzlich wieder
internationale Beachtung gefunden, bei dessen regelmäßiger
Wiederkehr in den Nachrichten nur noch eingefleischte Georgien-Kenner
aufhorchten: der Abzug der beiden russischen Militärbasen in
Achalkalaki und Batumi. Mit den neuen Machthabern in Georgien haben
sich vor allem die USA dieses trilateralen Dauerbrenners angenommen
und auf einem OSZE-Gipfel Ende letzten Jahres dermaßen Druck
auf Moskau ausgeübt, dass Russland erstmals seit vielen Jahren
wieder eine gemeinsame Schlusserklärung platzen .ließ.
Dem Abzug russischer Truppen aus Georgien hatte Boris Jelzin
auf dem OSZE-Gipfel 1999 in Istanbul zugestimmt, auch der Zielsetzung,
noch vor dem Jahre 2001 mit Georgien eine dementsprechende Vereinbarung
zu treffen. Seither wird verhandelt, ergebnislos. Russland fordert
eine elfjährige Frist zum Abzug seiner Verbände, Georgien
besteht auf drei Jahren, nahezu fünf Jahre sind mittlerweile
vergangen.
Dabei ist die Bedeutung der russischen Militärbasen in Georgien
durchaus umstritten. Das militärische Hauptquartier Russlands
im Kaukasus - ein großer, trister Verwaltungsbau in Tbilissi
- erscheint nur noch wenig belebt. Offensichtlich ist ein Teil
des früher bedeutenden Militärstabes bereits abgezogen,
was zumindest der georgische Verteidigungsminister im Detail wissen
müsste. Er hat sein Domizil in direkter Nachbarschaft, das
gemeinsame Pförtnerhaus verbindet die mittlerweile heftig
zerstrittenen militärischen Führungen. Das russische
Hauptquartier sollte unbestätigten Berichten zufolge aus
finanziellen Gründen schon vor zwei Jahren nahezu aufgelöst
werden. Mit dem Anwachsen der georgisch-russischen Spannungen
im Kodori- und Pankisital und der zumindest teilweise in den Propaganda-Kampagnen
ausgemalten möglichen militärischen Konfrontationen
zwischen beiden Ländern wurde der Befehl zum Umzug aber anscheinend
zurückgenommen. Trotzdem mutet angesichts der real existierenden,
recht bescheidenen russischen Militärpräsenz im Kaukasus
- nur in Armenien sind noch ernst zu nehmende russische Kräfte
stationiert - das Hauptquartier in Tbilissi eher anachronistisch
an.
Auch die strategische Bedeutung der beiden noch verbliebenen
Militärbasen Batumi und Achalkalaki erscheint nicht sonderlich
groß. In Achalkakali rekrutiert sich ein Grossteil der Soldaten
aus den jungen Männern der umliegenden Dörfer, die allesamt
armenisch besiedelt sind. Nahezu völlig abgeschnitten von
einer vernünftigen Logistik mit dem Mutterland dürfte
die militärische Präsenz Russlands in dieser Region
Georgiens nur noch deklamatorischen Charakter haben. Dabei ist
allerdings zu berücksichtigen, dass die russische Militärbastion
in der strukturschwachen Region der einzige nennenswerte Arbeitgeber
ist. Würde er abziehen, hinterließe er der georgischen
Regierung ein nahezu unlösbares wirtschaftliches Problem.
Ein Aufflammen an ethnischen Spannungen wäre unausweichlich.
So ist denn auch die armenische Minderheit in dieser Gegend schon
aus wirtschaftlichen Gründen dringend an einer längerfristigen
militärischen Präsenz Russlands interessiert. Hinzu
kommt, dass sich die Armenier unter dem Schutz Russlands sicherer
fühlen vor eventuellen nationalistischen Rückfällen
georgischer Politik. Und: Da schon kurz nach dem Abzug der Russen
aus der Militärbasis Vaziani bei Tbilissi dort türkische
Soldaten einzogen, um das völlig heruntergekommene Terrain
einigermaßen zu sanieren, befürchtet die armenische
Bevölkerung Dschawachetis auch einen sofortigen Einzug des
Erbfeines Türkei in die frei gewordene Kaserne von Achalkakali,
sollten die Russen dort wirklich abziehen. Eine schwierige Gemengelage
an Interessen also und nicht wenige in der georgischen Hauptstadt
wissen, dass derzeit der Status quo - also russisches Militär
in Achalkalaki - nicht unerheblich zur Stabilität und Ruhe
in der Grenzregion zu Armenien beiträgt.
Ähnlich ist die Situation in Batumi, wo die russische Garnison
von Aslan Abaschidse ganz offensichtlich dazu instrumentalisiert
wird, seine spezielle Form einer autonomen Republik abzusichern,
zumindest bis heute war dies einer gewissen Stabilität durchaus
zuträglich. Für beide Militärbasen gilt, dass sie
für Russland wohl eher politisch-propagandistischen Nutzen
haben als einen wirklich militärisch-strategischen.
Trotzdem ist das Thema seit dem erzwungenen Regierungswechsel
erneut auf der politischen Agenda. Außenminister Tedo Tschaparidse
wurde jüngst in dieser Frage in Moskau vorstellig, wo man
beschied, es mit der Heimkehr der Soldaten nicht annähernd
so eilig zu haben wir seinerzeit in Deutschland. Ein Verlegung
nach Russland koste viel Geld und Finanzminister würde entsprechende
Mittel erst dann freigeben, wenn ein völkerrechtlich gültiger
Vertrag vorliege. Von 500 Millionen $ war die Rede und davon,
dass man mit einer solchen Summe das Verfahren beschleunigen könne.
Eine überaus dezente Reaktion auf ein Angebot der USA, dem
Rückzug Russlands aus Georgien finanziell nachhelfen zu wollen.
Ob man in Washington allerdings mit Summen dieser Größenordnung
rechnet, darf dahingestellt bleiben. Trotzdem rechnet Tschaparidse
fest mit einem Kompromiss, die Gespräche würden hart,
aber es gäbe da keinen Ausweg.
Michael Saakaschwili, der designierte Präsident, erklärte
in einem Interview, die russische Militärpräsenz in
Georgien diene eher dem imperialen Gehabe Russlands denn seiner
Sicherheit. Es gäbe andere Wege, die Sicherheit der russischen
Grenzen zu garantieren als die verbliebenen 2.000 Mann. Eines
hat Georgien mittlerweile immerhin erreicht. Die russischen Soldaten
erhalten seit kurzem ihren Sold nicht mehr in Rubel sondern in
georgischen Lari ausbezahlt. Dies bringt der Nationalbank regelmäßigen
Dollarzufluss und verhilft der georgischen Währung wohl auch
in Achalkalaki endgültig zum Durchbruch. Dort war in den
letzten Jahren der russische Rubel die dominierende Währung.
|