Die neue Regierung unter dem designierten Staatspräsidenten
Michael Saakaschwili hat nach der Weihnachts- und Neujahrpause recht
schnell Flagge gezeigt und eines der wichtigsten Probleme des Landes
angepackt. Am 14. Januar entschied das Parlament, die bisherige
schwerz-weiß-weinrote Nationalflagge durch die weiß-rote
sogenannte Fünf-Kreuze-Flagge zu ersetzen. Vorausgegangen war
dieser Entscheidung allerdings ein jahrelanger Glaubenskrieg. Bereits
1999 hatte sich das Parlament dazu durchgerungen, die Fahne mit
den christlichen Symbolen zur Staatsflagge zu erheben, aber Eduard
Schewardnadse verweigerte sich dieser Reform, weil er fürchtete,
die nicht-christliche Bevölkerung Georgiens würde diese
Flagge als Zumutung ablehnen.
Beide Flaggen haben ihre historische Berechtigung. Die Fünkreuz-Fahne,
die von Michael Saakaschwili geschickt als nationales Symbol für
seine Partei "Nationale Bewegung" und zum Zeichen der
Opposition gegen Schewardnadse instrumentalisiert wurde, geht
zurück auf das Mittelalter, wo sie die Fahne georgischer
Könige war und in Europa als Fahne Georgiens anerkannt wurde.
Die weinrot-schwarze Fahne stammt aus den ersten Jahren des 20.
Jahrhunderts, als Georgien für kurze Zeit als selbständiger
Staat auch von Russland anerkannt war. Schon in der Unabhängigkeitsbewegung
am Ende der Sowjetunion wurde diese Fahne als Symbol georgischen
Freiheitsdranges verwendet, sodass sie vom ersten Präsidenten
Swiad Gamsachurdia selbstverständlich als nationales Symbol
der wiedererlangten Freiheit übernommen wurde. Jetzt hat
sie wohl endlich ausgedient, es sei denn, mit dem Michael`schen
Flaggenwechsel begründet sich eine neue Tradition, nach der
jeder neuen Präsident dem Land seine eigenen Nationalsymbole
verpasst. Denn für viele ist der Übergang zur neuen
Flagge auch gleichbedeutend mit dem Ende der Ära Schewardnadse,
obwohl dieser die Nationalflagge von seinem Vorgänger übernommen
hatte.
Hochzeit für Symboldeuter und Exegesen nationaler Identität
in Georgien: Die neue Flagge symbolisiere die feste Verwurzelung
des Landes in seiner christlichen Tradition, aber auch die Hoffnung
auf eine demokratische Zukunft. Selbst im muslimischen und diverser
sezessiver Gelüste verdächtigen Adscharien soll die
Flagge des neuen-alten Georgiens mittlerweile ungehindert wehen.
Weitaus unbeliebter sind dort die Fahnen der Studenten-Opposition
"Kmara - Genug", die durchaus zur Verunsicherung des
dortigen Provinzherrn Aslan Abaschidse beigetragen haben. Denn
der Anfang vom Ende Schewardnadses fing ähnlich an: Kmara.
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