Mikrofinanzbank
fest in deutscher Hand
Georgische Gesellschafter geben ihr Engagement in der MBG auf
Die von der deutschen KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau)
geführte georgische "Mikrofinance Bank of Georgia"
hat keine georgischen Gesellschafter mehr. Die TBC-Bank und die
Intellektbank, die 17 % und 2 % der Aktiengesellschaft hielten,
sind im Herbst diesen Jahres ausgeschieden. Ihre Anteile wurden
von der deutschen Internationale Micro Investitionen AG (IMI)
übernommen, die bereits 10 % der Aktien besass und nun grösster
Anteilseigner der MBG ist. Mit dieser Transaktion verabschieden
sich die Bankgründer zumindest von einem ihrer entwicklungspolitischen
Ziele, nämlich die Bank früher oder später einmal
in georgische Mehrheit zu überführen. Zusammen mit den
Anteilen der KfW (20 %) und der Commerzbank (15 %) ist die MBG
jetzt fest in deutscher Hand. Die übrigen Anteilseigner sind
die Weltbank-Tochter IFC (International Finance Corporation -
16 %), die niederländische FMO (Nederlandse Financierings
Maatschappij voor Ontwikkelingslanden N.V. - 10 %) und die Londoner
EBRD (European Bank for Reconstruction and Development - 10 %).
Aufgrund ihrer Kapitalstruktur und ihres überwiegend deutschen
Managements hat die MBG in Georgien den Ruf der "deutschen
Bank".
Hinter dem neuen Mehrheitseigner IMI verbergen sich unter anderen
auch drei der direkten Anteilseigner der MBG, die deutsche KfW
über ihre DEG (Deutsche Entwicklungs Gesellschaft), der IFC
und die FMO mit jeweils 13,6 %. Gleichzeitig verdoppelten die
Gesellschafter der MBG ihre Kapitaleinlage von 10.000 Mio GEL
auf 20.000 Mio GEL. An dieser Kapitalerhöhung haben alle
Gesellschafter, also auch die Commerzbank als einziger privater
Anteilseigner teilgenommen. Mit diesem Zufluss an liquiden Mitteln
hat sich die Bank nach eigener Auskunft für weitere Expansionen
auf dem Kreditmarkt gewappnet und die Reputation der Bank hinsichtlich
ihrer Risikovorsorge erhöht. Es darf auch davon ausgegangen
werden, dass mit dieser Kapitalerhöhung die notwendigen Barmittel
beschafft wurden, um die angeschlagene AGB (Agro Business Bank
of Georgia) zu übernehmen. Über diesen Deal scheint
hinter den Kulissen im Grundsatz bereits Einigkeit zu herrschen,
wenngleich sich die MBG - verständlicherweise - noch ziert,
die ABG zu übernehmen. Die MBG ist zehnmal grösser als
die von der EU initiierte ABG und es hat den Anschein, als warte
man bei den MBG-Gesellschaftern nur auf ein günstiges Angebot.
Der Deal müsse für die MBG wirtschaftlichen Sinn machen,
lautet das offizielle Statement der MBG, die ABG-Verantwortlichen,
die Europäische Union und die Republik Georgien, müssen
der MBG den ungeliebten Brocken wohl noch ein wenig versüssen.
Der politische Druck für diese Fusion dürfte allerdings
stärker sein als die Bedenken der MBG.
Mit der Kapitalerhöhung antwortet die Bank auch auf einen
Vorfall vom vergangenen Jahr, als ihr durch kriminelle Machenschaften
einiger Mitarbeiter ein Schaden von 700.000 US-$ entstanden ist.
Trotz des dadurch notwendig gewordenen erhöhten Wertberichtigungsbedarfs
konnte die MBG im letzten Jahr ihren Gewinn nach Steuern von 19.000
GEL im Vorjahr auf 465.000 GEL steigern. Mit der Kapitalerhöhung
haben die Gesellschafter der Bank ein deutliches Zeichen gesetzt,
dass die Glaubwürdigkeit der Bank durch diesen Vorfall nicht
in Mitleidenschaft gezogen werden kann und dass vor allem die
Spareinlagen durch die Gesellschafter abgesichert werden. Die
Bank verfügt derzeit über Einlagen auf laufenden Konten
oder Sparkonten von rund 9 Millionen US-$. In diesem Jahr prognostiziert
das MBG-Management einen Gewinn von 650.000 US-$.
Deutlichere Spuren hat der Betrugsfall jedoch im Management der
Bank hinterlassen. Alexander von Gleich, Generaldirektor der Bank
seit ihrer Gründung, musste auf Anraten der Deutschen Botschaft
mit seiner Familie das Land verlassen, da es Hinweise auf eine
erhebliche Gefährdung der Sicherheit von Gleichs und seiner
Familie gab. Alexander von Gleich hatte gegenüber den etwas
trägen georgischen Ermittlungsbehörden immer wieder
auf eine effektive Strafverfolgung der Täter, die bekannt
sind und bankseitig entlassen wurden, bestanden. Bis heute erfolglos.
Nach den Erfahrungen mit dem britischen Bankenberater Peter Shaw,
der entführt und 141 Tage lang gefangen gehalten worden war,
hielten es die deutschen Anteilseigner der Bank - meist Bundesunternehmen
- für angeraten, den gefährdeten Bankmanager geräuschlos
nach Deutschland abzuziehen. Die frühere Leiterin der Kreditabteilung,
in deren Zuständigkeit der Betrugsfall wohl lag, wurde vor
Monaten bereits geräuschlos aus dem Management abgezogen
und durch einen Schweizer Banker ersetzt.
Nicht ganz so geräuschlos wickelte anscheinend Alexander
von Gleich seinen Rückzug aus Georgien ab. In der georgischen
Presse tauchten angebliche Briefe des Bankmanagers auf, in denen
er mehr oder weniger direkt den georgischen Bankenwettbewerb für
die Sicherheitsprobleme der MBG und seiner Person verantwortlich
machte. Georgischen Geschäftsbanken, so ein Bericht in der
englisch sprachigen Georgian Times, soll der Erfolg der MBG etwas
die Stimmung verdorben haben, weshalb gewisse Kreise alles unternommen
hätten, die Bank und ihren Manager unter Druck zu setzen.
Auf einer wohl eilig einberufenen Pressekonferenz stellten die
Gesellschafter der Bank in der letzten Woche klar, dass sie sich
diese Lesart nicht zu eigen machen wollen. "Wir glauben nicht,
dass andere Banken hinter den Aktivitäten gegen Alexander
von Gleich stehen", erklärte Dirk Haboeck vom Mehrheitsgesellschafter
IMI. Man pflege gute wettbewerbliche Beziehungen zu allen anderen
Banken und Wettbewerb sei ja schliesslich gut für die Entwicklung
eines Bankenwesens. Der Bankensektor insgesamt könne nicht
funktionieren, wenn jede Bank für sich alleine arbeite. Vom
angeblichen Brief Alexander von Gleichs wollte Dirk Haboeck nichts
wissen.
Gleichwohl reagierten die Gesellschafter und entbanden Alexander
von Gleich von seiner Funktion als Generalmanager, die er zunächst
einmal mit vorübergehendem Arbeitssitz Frankfurt weiter wahrnehmen
sollte. Am 27. November wurde der Schweizer Philip Sigwart, bisher
Leiter der Kreditabteilung, interimistisch zum Generalmanager
bestellt. Alexander von Gleich soll im nächsten Frühjahr
eine neue Funktion innerhalb des osteuropäischen Netzwerkes
der Mikrofinanzbanken, an denen die IMI beteiligt ist, übernehmen.
Die MBG wurde 1999 mit dem Ziel gegründet, kleine und mittlere
Unternehmen mit den notwendigen Krediten zu versorgen, ein Geschäft,
dem sich die georgischen Banken kaum widmen wollten. In nur drei
Jahren hat die Bank ein Filialnetz von 16 Niederlassungen aufgezogen.
Ende Oktober 2002 hatte die MBG ein Kreditportfolio von 33 Millionen
$ bei über 8.000 Einzelkrediten an kleine und mittlere Unternehmen,
ein deutlicher Hinweis auf die wachsende Bedeutung des Mittelstandes,
vorwiegend Handel und kleineres Gewerbe, in Georgien.
Angefangen hatte das Geschäft nur mit der Ausgabe von Krediten,
mittlerweile hat sich die MBG zu einer Bank mit einem vollen Kundenservice
entwickelt. Derzeit auf Platz sechs des georgischen Bankenplatzes
peilt man für das Jahr 2004 einen Platz unter den drei grössten
Banken des Landes an. Der Ausstieg der georgischen Minderheitsgesellschafter,
vor allem der TBC-Gruppe, hat wohl für beide Seiten, TBC
und MBG, die strategischen Positionen im Wettbewerb deutlicher
werden lassen und gibt beiden Banken mehr Möglichkeiten,
ihr eigenes Profil am Markt zu entwickeln.
|