Michael Saakaschwili wird voraussichtlich der Nachfolger von Eduard
Schewardnadse im Amt des Staatspräsidenten. Nachdem das amtierende
Parlament am Dienstag Nachmittag den Wahltermin für den 4.
Januar festgelegt hatte, einigte sich am Mittwochmorgen das Rosen-Dreigestirn
Burdschanadse-Schwania-Saakaschwili auf den Vorsitzenden der Nationalen
Bewegung als gemeinsamen Kandidaten für die Präsidentenwahl.
Alle drei Politiker betonten, dass sie ungeachtet der Unterschiede,
die sie vor den Parlamentswahlen am 2. November gehabt hätten,
auch bei den kommenden Parraments-Neuwahlen als gemeinsamer Wahlblock
antreten werden.
Damit zeichnet sich für die nächsten Jahre zunächst
einmal eine stabile politische Führung des Landes ab. Michael
Saakaschwili als Präsident, Schwania wird dann vermutlich
das Amt des Regierungschefs, Staasminister genannt, während
Nino Burdschanadse weiterhin das Parlament präsidieren wird,
vorausgesetzt, der Wahlvorschlag der drei kann beide Wahlgänge
erfolgreich gestalten. Daran zweifelt im Augenblick allerdings
niemand.
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärten alle drei
übereinstimmend, dass die Zeit der Ein-Mann-Regierung vorbei
sei und kündigten Verfassungsänderungen an, die dann
wohl einen Teil der Macht des Präsidenten auf das Parlament
übertragen. Nach der derzeitigen Verfassung liegt die Exekutivmacht
nahezu alleine beim Präsidenten.
Mit dieser politischen Konstellation hat das neue Führungstrio
zunächst einmal alle Spekulationen über eine Spaltung
beendet und im Grunde genommen die Personalkonstellation wieder
hergestellt, die vor vier Jahren den Reformerflügel der Bürgerunion
Eduard Schewardnadses gebildet hatte. Aus Unmut über dessen
Unwillen, das Land in einen demokratischen Rechtsstaat zu reformieren,
hatten Saakaschwili, Schwania und Burdschanadse nacheinander das
Regierungslager verlassen und eigene Oppositions-Formationen gebildet.
Beobachter hatten bis zuletzt daran gezweifelt, ob des dem Trio
gelingen würde, seine Aktionsfähigkeit für die
nächsten Jahre zu erhalten. Es muss auch abgewartet werden,
inwieweit sich die persönlichen Ambitionen des Trios auf
Dauer der gemeinsamen Verantwortung unterordnen lassen. Saakaschwili
hat diesen Spekulationen vorerst eine Abfuhr erteilt, in dem er
erklärte: "Die Zeit der Ein-Mann-Herrschaft in Georgien
ist vorbei."
An der erfolgreichen Wahl Saakaschwilis wird nach seiner bemerkenswerten
und dominierenden Rolle beim unblutigen Machtwechsel nicht gezweifelt.
Aussichtsreiche Gegenkandidaten sind nicht zu erwarten. Einige
der bisher gehandelten Rand-Kandidaten fallen bereits aus. Schalwa
Natelaschwili ließ erklären, dass seine Arbeiterpartei
nicht an Wahlen teilnehmen werde, die von den Besetzern der Staatsgewalt
organisiert würden. Natelaschwili erkennt die Interims-Präsidentschaft
von Nino Burdschanadse nicht an, ebenso wenig die Kompetenz des
am Dienstag Nachmittag zusammengetretenen alten Parlaments. Grundsätzliche
Protesthaltung oder nur verklausuliertes Eingeständnis, gegen
die Helden der Revolution keine Chancen zu haben? Und Dschumber
Patiaschwili, der Dauerivale von Eduard Schewardnadse, hat sich
nach dessen Rücktritt auch aufs Kandidaten-Altenteil zurückgezogen.
Spielen andere Kandiaten eine Rolle? Schwerlich. Temur Schaschiaschwili,
von sich selbst überzeugter Gouverneur von Imereti hat seine
Kandidatur bereits erklärt. Mehr als ein Außenseiter
wird er nicht sein. Ob der Regierungsblock einen passablen Kandidaten
präsentieren kann? Kaum denkbar, jedenfalls lässt sich
im Restkader Schewardnadses niemand erkennen, der das Format hätte,
Saakaschwili oder Burdschanadse ernnsthaft zu gefährden.
Gemunkelt wird viel über Niko Lekischwili, den einflussreichen
und politisch mittlerweile unabhängigen Vorsitzenden der
Steuerzahlerunion und des Business-Councils. Er war Oberbürgermeister
von Tbilissi, später Staatsminister Schewardnadses. Seit
seinem Rücktritt hält er sich im Hintergrund und gilt
als ein Mann des Kompromisses zwischen den Lagern, ein Mann mit
Verwaltungserfahrung und Absicherung in der Wirtschaft des Landes.
Es gibt nicht wenige, die ihm als einzigem eine echte Außenseiterchance
zutrauen.
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