Er ist zweifelsohne einer der schillernsten Figuren in Georgiens
Gesellschaft und - meist hinter den Kulissen agierend - eine der
einflussreichsten: Badri Patarkatsischwili. Denn Badri Patakatsischwili
hat Geld, viel Geld. Soviel Geld, dass er in Tbilissi den früheren
Hochzeitspalast kaufte und zu einer standesgemässen Privatresidenz
ausbaute. Oder dass er den Zirkus privatisierte und diesen derzeit
renovieren lässt. Oder dass er einen Medienkonzern mit TV-Station,
Tageszeitung und Nachrichtenagentur sein eigen nennen darf. Und,
und, und .... Und trotzdem ist Badri Patarkatsischwili eine Art
Gefangener seines eigenen Reichtums, der auf Hunderte von Millionen
Dollar geschätzt wird, erworben in Russland als Partner von
Boris Beresowski. Beide Herren werden in Russland steckbrieflich
gesucht, weil ihnen nach Ansicht dortiger Staatsanwälte beim
Ansammeln der immensen Reichtümer die eine oder andere Unregelmässigkeit
untergekommen sein soll. Beide haben Russland verlassen müssen,
Beresowski ist in England, Patarkatsischwili fand in der georgischen
Regierung eine Art Schutzschirm gegen russischen Auslieferungsbegehren.
Und dafür revanchiert er sich mit allerhand guten Taten für
das Land.
Im Schwarzmeer-Badeort Ureki hat Patarkatsischwili im Sommer
seine neueste Wohltat für Georgien errichtet, ein mittelgrosses
Restaurant mit Freilichtbühne und Springbrunnen, zu dessen
Einweihung der Staatspräsident höchstpersönlich
anreiste und Patarkatsischwili als glühenden Patrioten und
leuchtendes Beispiel für eine moderne
georgische Gesellschaft herausstellte, in der nicht nur der Staat
sondern auch der Einzelne aufgefordert seien, Verantwortung und
Initiative zu übernehmen. "Imedi - Stadt der Hoffnung"
nannte der Tycoon seinen gastronomischen Vorzeige-Betrieb, der
sich einmal zu einem riessigen touristischen Areal mit einigen
Hotels, Yachthäfen und vielerlei
Vergnügungsbetrieben auswachsen soll. Ein eindrucksvolles
Modell dieser patriotischen Zukunftsvision steht in der Mitte
des derzeit noch durchaus überschaubaren Geländes, das
sich vom improvisierten Badebetrieb des übrigen Ureki deutlich
abhebt. Wann und mit welchen Mitteln das ganze Projekt realisiert
werden kann, erscheint vorderhand noch unklar, ist aber auch gar
nicht so wichtig, Hauptsache, ein Anfang ist gemacht und die Hoffnung
hat in Georgien nicht nur einen Namen sondern auch einen festen
Platz. Da machte es sich gut, dass die georgische Eisenbahn in
Ureki am elben Tag einen neue Bahnhof
einweihen konnte, dessen für Georgien futuristische Architektur
das Staatsoberhaupt zu der Bemerkung verleitete, dieser "Bahnhof
sei ein zentraler Bestandteil einer neuen, modernen Infrastruktur
in Georgien". 50.000 Menschen, so eine angesehene englisch-sprachige
Tageszeitung in Tbilissi, sollen am 16. August dem Epoche-machenden
Ereignis in Ureki zugeschaut haben, als der Präsident und
sein Tycoon die Hoffnung für Georgien entdeckten.
Ureki hat sich mit seinem schwarzsandigen Badestrand Magnetiti
in den letzten Jahren zu einem Zentrum des inländischen Sommertorusimus
entwickelt, wenngleich dem Durchreisenden kaum erklärbar
ist, wo denn die 50.000 Besucher des Imedi-Spektakels rein räumlich
gesehen, untergekommen sein sollen. Das alte Hotel aus sozialistischer
Zeit ist nach wie vor in einem unsäglichen Zustand und der
Strand bedarf dringend einer Reinigungskolonne. Aber rund um den
Betonklotz sind
eine Reihe von kleineren Privatunterkünften entstanden samt
Restaurants und Verkaufsbuden, die den touristischen Inlandsmarkt
mit seiner zwar deutlich steigenden aber im internationalen Vergleich
noch immer recht bescheidenen Kaufkraft entsprechen, dem Wettbewerb
mit Badeorten anderer Schwarzmeerländer zum Beispiel jedoch
nicht einmal in Ansätzen standhalten. Wenn der georgische
Bade-Tourismus wieder Märkte im Ausland erschliessen will,
das können in erster Linie Märkte in Russland und der
GUS sein, dann sind, ungeachtet der Realisierbarkeit des Patarkatsischwili-Projektes
"Imedi", Investitionen von Hunderten Millionen von US-$
notwendig. Da braucht es schon einer gehörigen Portion an
Hoffnung, wenn, so Eduard Schewardnadse in seiner Imedi-Lobrede,
"Ureki eine bedeutende Rolle in der Entwicklung des Landes"
spielen soll.
Dass der Tycoon gerade in diesem Jahr mit seiner Vision herauskam,
hat sicher auch mit dem Wahltermin am 2. November zu tun. Der
in Russland steckbrieflich gesuchte Dollarzar sucht die Nähe
zur georgischen Regierung. In dieses Raster passen auch die personellen
Überrraschungen, mit denen Schewardnadses Regierungs-Block
im Vorfeld der Parlamentswahlen aufwarten liess. So meldete sich
mit Wascha Lordkipanidse, einem ausgewiesenen persönlichen
Freund von Patarkatsischwili, ein früheres Schwergewicht
der Schewardnadse-Mannschaft im Rampenlicht der Regierung zurück.
Er soll den ersten Listenplatz im Regierungsblock "Für
ein neues Georgien" bekommen und Kenner der georgischen Politik
führen dies auch auf den Einfluss Patarkatsischwilis zurück,
der als einer der Hauptfinanziers des Schewardnadse-Wahlkampfes
gilt. Lordkipanidse werden ausgezeichnete Beziehungen zur russischen
Politikelite nachgesagt, von denen, so heisst es in Tbilissi,
am Ende auch Patarkatsischwili profitieren könnte. So hat
die Hoffnung in Georgien nicht nur einen Namen und einen Ort sondern
auch viele Facetten.
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