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Ausgabe 12/03
13. August


In der georgischen Regierung geht es manchmal zu wie auf dem Olymp des alten Griechenland, wo Gottervater Zeus, wenn ihn der Zorn packte, mit Blitz und Donner herumfuhrwerkte, dass es Gottern wie Sterblichen Angst und Bange wurde. Der Hausherr auf dem georgischen Olymp unserer Zeit genehmigt sich, so will es scheinen, hin und wieder einen ahnlichen Zornesausbruch, schleudert Blitz und Donner gegen alles, was sich ihm in den Weg stellt. Das sind hin wieder auch Mitglieder seines eigenen Kabinetts. Und von Zeit zu Zeit muss einer der Minister dann seinen Hut nehmen.

In den vergangenen Tagen traf der Zorn des politischen Patriarchen Georgiens ausgerechnet den Minister, der unter westlichen Beobachtern als einer der Aktivposten in der ansonsten eher lendenlahmen Regierung Schewardnadses gilt: Landwirtschaftminiser David Kirwalidse. Der Staatschef lastet ihm - die alten Zeiten lassen grussen - die Steigerung des Brotpreises an, wahrend dieser erklart, dass sich Georgien nun mal nicht gegen Entwicklungen auf dem Weltmarkt wehren konne, nachdem die staatliche Regulierung des Brotpreises aufgehoben wurde. Dieser Auffassung konnte sich der Staatsprasident nicht anschliessen, dekretierte, dass die Steigerung des Brotpreises nicht mit den Gesetzen der Marktwirtschaft erklart werden konnen und drohte, seinen Minister wegen offensichtlicher "Verbreitung von Falschinformationen" zu entlassen. Keinem einzigen Staatsdiener, auch keinem hochrangigen, konne er solch ein Versagen durchgehen lassen.

Von der theatralisch angekundigten Entlassung Kirwalidses hat Eduard Schewardnadse vorerst abgesehen und Regierungsinsider bezweifeln auch, dass es dazu kommen wird. Denn das Echo der Offentlichkeit auf den Regierungsstreit ums Brot war verheerend. Vor allem amerikanische Diplomaten und Wirtschaftsleute hatten auf den unerklarlichen prasidialen Zornesausbruch mit offen dargestellter Verwunderung reagiert und dem angeschlagenen Minister demonstrativ den Rucken gestarkt.

Was war geschehen? Aufgrund der Preissteigerung fur Weizen auf dem Weltmarkt um bis zu 35 %, stieg der Brotpreis in Georgien um rund 10 %. Georgien produziert nur fur etwa zwei Monate im Jahr eigenen Weizen, der Rest muss zugekauft werden, vornehmlich aus Russland oder der Uraine. Die Preissteigerung wurde aber nicht offen gelegt, die Brotindustrie hatte sich heimlich darauf geeinigt, die gestiegenen Mehlkosten durch eine Verringerung der Brotgewichte oder die Verwendung schlechterer Mehlsorten aufzufangen: Ein Kilo-Laib wog fortan nur noch 900 gr und der Minister, von Schewardnadse nach der Steigerung des Brotpreises befragt, konnte zunachst einmal erklaren, der Preis furs Brot sei gleich geblieben, bevor er dann den Mengentrick der Brotindustrie eingestehen und mit marktwirtschaftlichen Mechanismen erklaren musste.

Schewardnadse erklarte daraufhin, dass der Brotpreis ein Thema der Grundversorgung der Menchen sei, egal ob arm oder reich, und dass deshalb die Regierung bei einer Brotpreiserhohung gefragt sei, Gehalter und Pensionen zu erhohen. Da dies angesichts der real existierenden Haushaltslocher und bevorstehender Budgetkurzungen unmoglich ist, scheint der Prasident einen Schuldigen zu suchen, auf den er in Wahlkampfzeiten schlagen kann. Den fand er im Landwirtschaftsminister und dessen kleiner Notluge, wobei der Prasident grosszugig ubersieht, dass sein Minister in einem marktwirtschaftlichen System nun mal den geringsten Einfluss auf die Preisentwicklung fur Mehl- und Weizenimporte hat. Es war ubrigens die Regierung selbst, die mithalf, den Mehlpreis in die Hohe zu treiben, als sie im Fruhjahr damit begann, gegen die illegalen und damit billigen Mehleinfuhren aus Russland vorzugehen - Fluch einer guten Tat.

Die Drohung Schewardnadses, seinen Landwirtschaftsminister wegen der Brotpreisentwicklung zu entlassen, rief alle auf den Plan, die mit Kirwalidse auf dem Gebiet der Agrareformen zusammenarbeiten, zuallererst Michael Fabman, den Missionschef der amerikanischen Entwicklungshilfeagentur USAID. Er bescheinigte dem Minister Kompetenz und Zielstrebigkeit bei der Entwicklung einer privatwirtschaftlich orientierten Landwirtschaft. Seine Entlassung ware ein gro?er Ruckschlag fur die Reformen im Lande. Ahnlich au?erte sich auch der durchaus einflussreiche Prasident der Amerikanischen Handelskammer in Georgien - AmCham - Fady Asly, der offen erklarte, ein Rucktritt Kirwalidses brachte dem Land nichts Gutes. Die Botschaft scheint beim Prasidenten angekommen zu sein, es hat jedenfalls den Eindruck, als wurde der Landwirtschaftsminister die Attacke des Staatschefs uberleben.

Dagegen wittert die Opposition finstere Geschafte und beruft sich dabei auf durchaus pikante politische Hintergrunde. Der georgische Brotmarkt wird von einem Clan einflussreicher Backereifursten beherrscht, als deren Oberhaupt ausgerechnet der Vater von Parlamentsprasidentin Nino Burdschanadse, Ansor Burdschanadse, gilt. Die Opposition reicherte die Vorwufe Schewardnadses an seinen Minister mit dem Verdacht an, dieser wolle zusammen mit dem Brotkonig Burdschanadse mit der kunstlich erzeugten Brotpreiserhohung klammheimlich eine Wahlkampfkasse speisen. Die Tochter des Brotkonigs, ansonsten durchaus gesprachig, halt sich bisher aus dem seltsamen politischen Brotpreiskrieg heraus.



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