Ausgabe 9/03
28. Mai
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Politische Erpressung
Der Airlinestreit geht weiter

"Jetzt reicht es wirklich" - erklärte der Präsident der amerikanischen Handelskammer Fahdi Asly, als er auf einen offenen Brief seiner Organisation an den georgischen Präsidenten und das Parlament in Sachen British Mediterranean und Turkish Airlines angesprochen wurde. Beiden Luftfahrtgesellschaften waren die Landerechte in Tbilissi nach einer konzertierten Aktion von Parlament, Steuerprüfung und Ziviler Luftfahrtverwaltung nicht verlängert worden (siehe ...). Seither ist die georgische Hauptstadt weder aus London noch aus Istanbul per Flugzeug direkt erreichbar. Die georgische Seite, Präsident und Parlament inbegriffen, verlangt von beiden Airlines direkte Kompensationszahlungen an das "Flaggschiff der georgischen Luftfahrt" und garnierte dieses Ansinnen mit nachträglichen Steuerforderungen in Millionenhöhe. Gleichzeitig wurden die Anfang der 90-er Jahre abgeschlossenen bilateralen Luftverkehrsabkommen infrage gestellt.

Die amerikanische Handelskammer bezeichnete diese Aktionen, die zum Abbruch des Flugbetriebes beider internationaler Airlines geführt haben, als eine "politische Erpressung" und forderte den Präsidenten wie auch das Parlament auf, dieser Erpressung Einhalt zu gebieten. Die Parlaments-Resolution vom 27. Februar, auf deren Grundlage die Massnahmen georgischer Behörden gegen die ausländischen Luftfahrtgesellschaften eingeleitet wurden, bezeichnete die Handelskammer als "einen klaren Beweis dafür, dass private Wirtschaftsinteressen Vorrang haben vor der allgemeinen Entwicklung und der Wohlfahrt des Landes". Das Aussetzen der Flüge der türkischen und britischen Airliner habe nur dazu geführt, das Invstitions- und Geschäftsklima in Georgien zu verschlechtern, die Glaubwürdigkeit Georgiens bei internationalen Besuchern, Geschäftsleuten wie ernsthaft interessierten Investoren, zu untergraben und das derzeit existierende internationale Geschäft im Lande zu lähmen, das einen regelmässigen Luftverkehr von und nach Georgien braucht.

Die Kammer mahnte in ihrem Schreiben die georgischen Behörden an, internationale Geschäftspraktiken anzuwenden oder die zuständigen Gerichtsbehörden anzurufen, sollten berechtigte Klagen gegen die beiden Luftfahrtgesellschaften vorliegen.

Zur gleichen Zeit äusserte sich die türkische Botschafterin Dicle Kopuz in Georgien in einem erstaunlich offenen Gespräch vor dem Tbilisser Rotary Club zur Situation im Steit um die Landerechte. Frau Kopuz erklärte, dass ihr Land an dem 1992 abgeschlossenen Luftfahrtabkommen festhalten werde, das nach Austausch diplomatischer Noten rechtskräftig geworden ist. Das Abkommen wurde vor Verabschiedung der neuen georgischen Verfassung abgeschlossen, auf die sich das georgische Parlament beruft, als es eine nachträgliche Ratifizierung des Abkommens durch das Parlament forderte. Weil diese Ratifizierung durch das Parlament nicht erfolgt sei, sei das Abkommen null und nichtig, erklärten die georgischen Parlamentarier.

Nach dem Abkommen von 1992 geniessen die Airlines beider Länder im jeweiligen Gastland gewisse Steuerbefreiungen, wovon sowohl die Türken in Georgien als auch eine frühere georgische Luftlinie in der Türkei Gebrauch gemacht haben. Die Steuerbefreiuung beruht demnach auf Gegenseitigkeit, weshalb nach türkischer Ansicht die jetzt von der Steuerverwaltung aufgrund des Parlamentsentscheids vom 27. Februar nachträglich erhobenen Steuerforderungen rechtlich nicht haltbar sind. Diese Frage ist derzeit Gegenstand eines Gerichtsverfahrens in Georgien, dessen Ausgang vor weiteren Entscheidungen abgewartet werden muss. Die Botschafterin unterstrich, dass die Verhandlungen auch zwischen den beiden betroffenen Airlines, Turkish Airlines und Airzena, noch nicht endgültig gescheitert seien. Es sei noch nicht klar, ob der türkische Carrier das Land endgültig verlasse oder ob doch noch ein Weg gefunden werde, den Markt mit AIRZENA vernünftig zu teilen. Sie unterstrich allerdings auch, dass sie vor einem Monat in dieser Frage noch optimistischer gewesen sei als heute. Die Türkei befinde sich, auch was weitere Investitionen in Georgien angehe, in einer Art Warteposition, bis die Probleme um die Landerechte endgültig vom Tisch seien. Es sei höchste Zeit für Georgien, erklärte die sichtlich frustrierte Diplomatin, dass sich das Land selbst aufraffe und sich auf mehr Koooperation vorbereite. Der Streit um die Landerechte für British Mediterranean und Turkish Airlines hat anscheinend das internationale Geschäftsklima und die diplomatischen Beziehungen Georgiens zu seinem wichtigsten Nachbarn weitaus schwerer belastet, als bis heute öffentlich bekannt wurde.

Unterdessen hat die private georgische Luftlinie AIRZENA ihre dritte Boeing in Dienst gestellt. Sie wurde auf den Namen von Kacha Asatiani getauft, den früheren Teilhaber der Gesellschaft, der im vergangenen Jahr in Tbilissi auf offener Strasse ermordert worden war.


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