Pankisi
Der Seifenoper nächster Teil?
Die Meldung kam vor wenigen Tagen aus Paris, wo der französische
Innenminister Nicholas Sarkozy beim Treffen der G-8 Innenminister
feststellte, dass das Terrornetzwerk der Al Qaida seine operative
Basis vermutlich nach Tschetschenien und Georgien verlagert habe.
Unterstützung erhielt der Franzose von seinem russischen
Amtskollegen Boris Gryslow, der zwei Tage zuvor nach einem Besuch
im Pankisital noch in einer Pressekonferenz in Tbilissi erklärt
hatte, mit der Situation im Pankisital äusserst zufrieden
zu sein.
In der georgischen Hauptstadt registrierte man diese Nachrichten
mit einigem Erstaunen. Wie der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates,
Tedo Tschaparidse, in einem Gespräch mit GN erklärte,
seien sich alle Experten der beteiligten Länder einig, dass
die Probleme im Pankisital zu 90 % gelöst seien. Es gäbe
noch ein paar Kriminelle im Tal, derer man habhaft werden müsse,
aber es könne ausgeschlossen werden, dass sich tschetschenische
Kämpfer oder gar Al-Qaida-Terroristen im Pankisital befänden.
Dies seien die Ergebnisse der Sicherheitsdienste Georgiens, Amerikas
und Russlands, die im Pankisital äusserst vertrauensvoll
zusammenarbeiteten. Nicht nur die Geheimdienste der drei Länder
kooperieren im Pankisi, nach den wilden Propagandaschlachten des
vergangenen Jahres stehen, so Tedo Tschaparidse, alle georgischen
Behörden in engem Erfahrungsaustausch mit ihren Kollegen
in Moskau: neben dem Sicherheitsminister auch der Innenminister,
der Verteidigunsminister und die Grenzschutztruppen. Auf der Arbeitsebene
sei das Vertrauen hergestellt, was aber nicht unbedingt bedeute,
dass sich dies auch auf die politische Ebene oder die Medien-Darstellung
übertragen lasse.
Völlig überrascht war man in Georgien, als man am Wochenanfang
von einem russischen TV-Bericht erfuhr, wonach Russland noch immer
terroristische Gefahren vom Pankisital zu gewärtigen hätte.
Dass dies ausgerechnet der amerikanische Botschafter in Russland,
Alexander Vershbow, auf einer Tagung in Moskau erklärt habe,
hat in Tbilissi zunächst nur Kopfschütteln hervorgerufen.
Auf diplomatischem Wege wurde die Verwirrung rasch beigelegt,
die Amerikaner siganlisierten auf vertraulichen Kanälen Entwarnung.
Der US-Botschafter hatte genau das Gegenteil von dem erklärt,
was in den russischen Medien berichtet wurde.
Tatsächlich sprach der amerikanische Botschafter am 12.
Main in Moskau auf einer Tagung zum Thema "Die Rolle Russlands
in der neuen Weltordnung". Der Wortlaut der Rede liegt GN
vor. In einem Absatz, in der sich der US-Diplomat mit den Erfolgen
im Kampf gegen den internationalen Terrorismus seit dem 11. September
beschäftigt, widmet er sich mit einem kurzen Satz dem Thema
Pankisi, nachdem er zuvor die Erfolge der von Amerika angeführten
Koalition in Afghanistan und andernorts geschildert hatte: "And
we have made great strides, working with Georgia, to root out
terrorist forces and camps with links to Al Qaida in the Pankisi
Gorge." - "Wir haben in Zusammenarbeit mit Georgien
große Fortschrittebei der Ausrottung terroristischer Kräfte
und Lager mit Verbindungen zu Al Qaida im Pankisital erzielt."
Aus diesem Satz machte die Moskauer Nachrichten Nowosti folgende
Meldung:
Nach Meinung des amerikanischen Botschafters in Moskau bedrohen
internationale Terroristen Russland aus Georgien
"Die Gefahr des internationalen Terrorismus geht für
Russland insbesondere von Georgien aus, erklärte der US-Botschafter
in Moskau, Alexander Vershbow, auf der Konferenz "Russland
in der globalen Politik". In Georgien hat man Lager für
die Vorbereitung der Terroristen entdeckt, insbesondere befanden
sie sich im Pankisital."
"As usual the Novosti version is a bit exaggerated"
kommentierte die amerikanische Botschaft in Moskau mit diplomatischem
Understatement in einer e-mail an den georgischen Sicherheitschef
die recht freizügige Nachrichtengebung durch russische Medien.
Tedo Tschapardise übersetzt diesen Kommentar ganz einfach:
"Die haben wieder einmal gelogen."
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