Schneesturm ist für unsere Ohren nicht unbedingt ein einladender
Titel für ein Restaurant. Aber, so wird uns versichert, in
der direkten Umgebung Russlands würde man bei dem Namen "Meteliza"
sofort verstehen, dass es sich hier um ein russisches Spezialitäten-Restaurant
handelt. In Moskau gäbe es nämlich einen weit über
die Hauptstadt hinaus bekannten Kasino- und Restaurant-Komplex gleichen
Namens. Wir stellen mit einigem Erstaunen fest, dass es in Tbilissi
derzeit wenig russische Restaurants gibt - nur drei, wird uns schliesslich
erklärt - und beschliessen, uns vom kulinarischen Schneesturm
überraschen zu lassen.
Das Meteliza liegt im Ortsteil Ortatschala vielleicht Hundert
Meter vom Obelisken für die 300 Aragver entfernt. Es war
bis vor kurzem eines der vielen übriggebliebenen Sowjet-Cafes,
bis es von seinen Besitzern, einer Ärztin und zwei weiteren
Partnern, vor einem Monat umgebaut und als neues Restaurant eröffnet
wurde. Das Interieur ist nicht von der Design-Klasse, die die
Generation neuer georgischer Restaurants auszeichnet, hie und
da ein Samowar, ein paar Matrioschka-Puppen, dazu Fotoreproduktionen
mit russischen Motiven an den überwiegend in Pink gehaltenen
Wänden. Im Nebenzimmer finden wir allerdings eine kleine
Kostbarkeit: Ein sicher rund 100 Jahre altes Klavier einer Pianofortefabrik
"A.Kopp/Tiflis".
Sowieso interessieren wir uns mehr für die Speisekarte.
Es gibt Blinis in allen Arten, Piroschki, hausgemachte Pilmeni,
verschiedene Gerichte vom Stör, die Russenklassiker Soljanka,
Borschtsch und Stroganoff, dazu Aufläufe und eine ganze Reihe
von Salaten und Vorspeisen. Eine kleine Auswahl dieser Speisen
haben wir gestestet und waren durchaus angetan. Sicher, das Essen
ist schwer, es wird grundsätzlich kräftig mit Sahne
gearbeitet, verständlich, dass in diesem Restaurant mehr
Wodka und Kognak zum Essen getrunken wird als Wein.
Besonders zu empfehlen, meinen wir, ist der Stör Monasteria,
ein schönes Stück Fischfilet, angebraten, überbacken
mit einer mächtigen Schicht, bestehend aus gekochtem Ei,
Tomate, Kräutern und natürlich Smetana, umlegt mit gebratenen
Kartoffelscheiben und zu einem an einen Schiffsrumpf erinnernden
Gebilde aufgebaut. Oder die Pilmeni, die in einem kleinen Tonkrug,
der von einer Brotkruste abgeschlossen ist, in einer Sahnecreme
aufgebacken werden. Oder die Wareniki mit Pilzfüllung. Oder
der Schweinefleischauflauf "Zapekamka", eine ebenso
schmackhafte wie nahrhafte Veranstaltung. Zum Dessert gibt es
flambierte Blini mit Schokoladensauce - nach der Art der Zaren,
heisst es im Meteliza -, Blini mit gebratenem Obst oder einfach
ein mit Rosinen und Nüssen gefüllter Bratapfel in einer
Vanillecreme.
Die Preise sind zivil. Vorspeisen und Desserts kosten meist nicht
mehr als 5 GEL, Hauptspeisen in aller Regel unter 10 GEL nur wenige
darüber. Ein ausgezeichneter, samtiger georgischer Kognak
wird für 3 GEL für 100 gr angeboten, bester russischer
Wodka bis zu 5 GEL für 100 gr. Interessant ist das Angebot
an russischen Bieren, wobei uns neben den Sorten Baltikum, Stari
Melnik und Klinskaja insbesondere die Sorte "Doktor Diesel"
auffiel. Für eine Flasche in Russland abgefüllten Gerstensaftes
verlangt das Meteliza 3 GEL.
Das Meteliza ist erst einen Monat alt, noch viel zu früh,
um ein endgültiges Urteil über den Erfolg des Restaurants
abzugeben. Für den Beginn ist die Chefin des Hauses, Marina
Dapkwiaschwili, jedoch recht zufrieden, die Nachfrage nach original
russischem Essen scheint so gross zu sein, dass die Neu-Gastronomen
mit ihrem russischen Küchen- und Servicepersonal mehr als
nur zuversichtlich sind.
Adresse: Gorgasali-Str. 37
Telefon: 722489
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