Ausgabe 6/03
16. April
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Ausländische Fluggesellschaften haben es in Georgien besonders schwer, klagen derzeit die Manager zweier nicht-georgischer Carrier: British Mediterranean (BM) und Turkish Airlines (TA). Sie haben ihre liebe Mühe und Not und zwar gleichzeitig mit der georgischen zivilen Luftfahrtbehörde, den georgischen Steuerbehörden und dem georgischen Parlament. Dagegen behauptet man in Georgien, dass man nichts als Ärger habe mit den ausländischen Airlinern und überdies auch daran denken müsse, die Interessen des nationalen Carriers AIRZENA gegen die übermächtige ausländische Konkurrenz zu schützen. Dabei werden, wieder einmal, alle Register gezogen, um Druck auf die ausländischen Fluggesellschaften auszuüben. Beiden Airlines wurde zwischenzeitlich einer von drei wöchentlichen Flügen nach Tbilissi gestrichen und Türken wie Briten rückte das Finanzministerium mit nachträglich ermittelten Steuerforderungen in Millionenhöhe zu Leibe. Alle Seiten wollen zwar ein gutes Ende der Streitigkeiten, möglicherweise droht aber für BM und TA das endgültige Aus über dem Himmel von Georgien, wenn nicht noch in letzer Minute ein Kompromiss gefunden wird. Denn am gestrigen 15. April liefen die aktuellen Landerechte aus und bis Redaktionsschluss wurde beiden Airlines keine neuen in Tbilissi Landerechte gewährt. Unter dem Streit leidet wieder einmal das eh schon angegratzte Image Georgiens als Investitionsstandort. BM, das unter der Lizenz von British Airways operiert, hat bereits deutlich gemacht, dass man sich überlege, ob Georgien in die langfristige Strategie des Unternehmens passe. Werden die Flüge mit dem heutigen Tag unterbrochen, sei dies das Ende. Ein Unding, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Flugaufkommen auf der Strecke London-Tbilissi mit Beginn des von British Petroleum geführten Baus der Pipeline Baku-Tbilissi-Ceyhan mit Sicherheit steigen wird.

Lizenzzahlungen an georgischen Airliner gefordert

Die Situation ist, wie immer, reichlich kompliziert, denn es wird gleichzeitig auf drei Ebenen gestritten, auf der Ebene der Steuerverwaltung, der Ebene zwischenstaatlicher Regierungsverhandlungen und auf der Ebene von Gesprächen zwischen privaten Fluggesellschaften der betreffenden Länder. Letzteres, weil nach einem Dekret des georgischen Staatspräsidenten aus dem Jahr 1999 jede ausländische Fluggesellschaft, die Tbilissi anfliegen will, gezwungen ist, vorab ein sogenanntes "kommerzielles Abkommen" mit der führenden georgischen Airline abzuschliessen. Dabei geht es im wesentlichen um einen finanziellen Ausgleich, den die georgische Airline dafür verlangt, dass sie - aus welchen Günden auch immer - ihren Anteil am bilateralen Luftverkehr nicht wahrnimmt. Nach internationalem Luftverkehrsrecht müssen sich Fluggesellschaften der jeweiligen Länder das Verkehrsaufkommen teilen. Deshalb ist im britisch-georgischen Luftverkehrsabkommen festgelegt, dass jede Seite auf der Strecke Tbilissi-London jeweils drei Flüge pro Woche durchführen kann.

Während BM diese Flüge seit 1997 regelmässig anbietet, hat sich bislang noch keine georgische Airline gefunden, die London anfliegen möchte. Dies wird in Georgien damit erklärt, dass man auf dem überlasteten Londoner Flughafen keine wettbewerbsfähigen Slots erhalte. Dagegen verlautet auf britischer Seite, dass bislang noch keine georgischer Antrag auf Landerechte in London eingegangen sei, sodass diese Behauptung jeglicher Grundlage entbehre. Und die BM-Manager, die in der vergangenen Woche in Tbilissi zu Krisenverhandlungen weilten, nahmen nicht unbedingt den Eindruck mit nach Hause, als ob die georgische Luftlinie ernsthaft daran interessiert wäre, London regelmässig anzufliegen. AIRZENA, so der Eindruck der Briten, bevorzuge stattdessen ein direktes kommerzielles Abkommen mit BM und damit einen direkten finanziellen Ausgleich für ihren Verzicht auf Flüge nach London.

Daran wiederum haben die Briten wenig Interesse. Wenn die georgische Seite von sich aus darauf verzichte, die ihr zustehenden Flüge nach London aufzunehmen, warum müsse dann die britische Airline "Royalties" an ihren georgischen Wettbewerber bezahlen. Trotzdem schliesst man auf britischer Seite ein privatwirtschaftliches Abkommen zwischen BM und AIRZENA nicht grundsätzlich aus. Es müsse nur, so verlautet aus britischen Verhandlungskreisen, beiden Seiten Vorteile bringen und nicht nur einer. Einseitige Lizenzgebühren an einen georgischen Wettbewerber werden grundsätzlich abgelehnt. Ein enstsprechender Vertragsentwurf liege AIRZENA vor, bis gestern habe die georgische Linie darauf nicht reagiert.

Zwischenstaatliche Luftfahrtabkommen

Die zweite Ebene, auf der gestritten wird, ist die der bilateralen staatlichen Verhandlungen und Abkommen. Es gibt zwar ein georgisch-britisches Luftverkehrsabkommen, das von beiden Regierungen unterschrieben wurde, jedoch bislang von den Parlamenten nicht ratifiziert wurde. Der Entwurf für ein neues Abkommen liegt bereits vor. Er wird von der britischen Regierung akzeptiert, allerdings hat die georgische Seite anscheinend noch nachträglichen Korrekturbedarf. Und dabei geht es wieder um die Frage der direkten Kompensation an eine georgische Fluggesellschaft. In der britischen Botschaft wird jeder Gedanke an eine regierungsamtlich verordnete Pflicht der Airliner, gegenseitige Lizenzabkommen abzuschliessen, abgelehnt. Es sei nicht Sache der Regierungen, der privaten Wirtschaft Vorschriften zu machen. Wenn die Airliner dies freiwillig täten, sei nichts dagegen einzuwenden. Nur könne man nicht damit rechnen, dass die britische Regierung diese Pflicht in einen Vertrag mit der georgischen Regierung aufnehme. Das entsprechende Dekret des georgischen Präsidenten wird von britischer Seite als international nicht rechtskräftig bezeichnet.

Die Tatsache, dass das bisherige Luftverkehrsabkommen zwischen London und Tbilissi noch nicht ratifiziert wurde, hat zu einer weiteren Eskalation im Kampf um die Lufthoheit über dem Kaukasus geführt. Gegen alle internationalen Regeln hat sich im Februar das georgische Parlament in den Streit eingeschaltet und - wie auch im Falle des georgisch-türkischen Luftverkehrsabkommens - dieses einfach für ungültig erklärt, da es dem Parlament nie zur Ratifizuerng vorgelgen hätte. Das Parlament forderte die Zivile Luftfahrtverwaltung Georgiens auf, beiden ausländischen Airlinern die Verlängerung der Flugrechte über den 15. April hinaus nur dann zu genehmigen, wenn diese zuvor ein Lizenzabkommen mit AIRZENA, dem Flaggschiff der georgischen zivilen Luftfahrt, abgeschlossen hätten. Über einen derartigen direkten Eingriff eines Parlaments in Vorgänge der Wirtschaft rümpfen sich nicht nur in London und Ankara Wirtschaftsexperten und Diplomaten die Nase. Beide Partnerländer gehen davon aus, dass nach internationalem Recht beide Verträge auch ohne parlamentarische Ratifizierung gültig sind, entsprechende Noten wurden zwischen den Regierungen schon vor Jahren ausgetauscht.

Nachträgliche Steuerforderungen

Mit Rückendeckung des Parlaments eröffneten dann die georgischen Steuerbehörden eine weitere Front gegen TA und BM. Weil die in den früheren Luftverkehrsabkommen zugesagten Steuerpriviliegien beim Verkauf von Tickets in Georgien wegen der fehlenden parlamentarischen Ratifizierung der Abkommen nicht rechtens seien, wurden die Bücher beider Airlines für den gesamten Zeitrum ihrer Operationen in Georgien noch einmal nachträglich geprüft, obwohl die Steuerverwaltung in beiden Fällen regelmässig jährliche Steuerprüfungen vorgenommen und dabei keine Steuernachzahlungen gefordert hatte. Bei BM wurde jetzt eine Nachforderung von 13 Millionen GEL aufaddiert, bei TA sind es sogar 17 Millionen GEL. In beiden Fällen wird die Berechtigung der Forderungen bestritten. TA hat bereits Klage gegen die georgische Steuerverwaltung eingereicht.

Während die Briten eine Lizenzahlung an AIRZENA ablehnen, hat TA anscheinend über viele Jahre hinweg diese Zahlungen geleistet. Man spricht auf türkischer Seite von rund 3 Millionen $, die in den vergangenen Jahren an die georgische Linie geflossen seien. Nachdem im vergangenen Jahr eine weiter Luftlinie nach Georgien kam und ihre Landerechte durchsetzte, ohne das Präsidialdekret nach direkter Subventionierung des georgischen Luftfahrtflaggschiffs zu erfüllen, wurden anscheinend auch die Türken hellhörig und stellten ihrerseits die Zahlungen ein. Jetzt sollen sie angeblich bereit sein, anstelle von Lizenzzahlungen einen der drei wöchentlichen Flüge an die AIRZENA abzutreten. Eine ähnliche Regelung hat AIRZENA bereits mit der österreichischen Luftlinie AUA, in deren Namen sie einen Flug pro Woche nach Wien operiert.

Sind ausländische Carrier unerwünscht?

Der massive Angriff verschiedener georgischer Behörden auf die internationalen Fluglinien und deren Landerechte für den Sommerflugplan 2003 erscheint Beobachtern als eine Art konzertierte Aktion, um von ausländischen Fluggesellschaften eine direkte Subvention der privaten georgischen zivilen Luftfahrt zu erreichen. Dabei wird von georgischer Seite übersehen, welcher fast irreparable Schaden für das internationale Renomee des Landes bereits jetzt entstanden ist. Dicle Kopuz, türkische Botschafterin in Tbilissi, erklärte, dass die Behandlung dieser Frage nicht den ansonsten konstruktiven und partnerschaftlichen Beziehungen der beiden Länder entspreche. Auch in Georgien wird das konzertierte Vorgehen der Behörden kritisiert. "Klar wird", schreibt Civil Georgia, "dass am georgischen Himmel die grossen ausländischen Carrier nicht erwünscht sind." Dies, so Civil Georgia weiter, würde die Glaubwürdigkeit des Landes untergraben, dessen offizielle Politik darin besteht, sich als Transit-Land zwischen Europa und Asien zu profilieren.

Auch zwischen der deutschen Linie Germania und georgischen Behörden tobte in den letzten Wochen ein heftiger Kampf. Während die georgische Linie AIRZENA zweimal in der Woche Frankfurt anfliegt, bedient Germania ebenfalls zweimal in der Woche die Strecke Düsseldorf-Tbilissi. Germanias Antrag auf zwei weitere Flüge von Frankfurt nach Tbilissi wurden von der georgischen Seite abgelehnt mit der Begründung, bei jeweils zwei Flügen pro Linie nach Deutschland sei die Parität zwischen den Fluglinien beider Länder gewährleistet.

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Neueste Entwicklung in der Flugzeug-Krise

British Mediterranean weicht auf Charterflüge aus
Die Tbilissi-Flüge voon Brithish Mediterranean werden bis Ende April fortgesetzt, allerdings nicht als Linienflug. British Mediterranean hat das Kompromissangebot der georgischen Zivilen Luftfahrtverwaltung angenommen, um in diesem Zeitraum vielleicht doch noch einen Kompromiss für eine Weiterführung der Linienflüge zu finden.
Eigenmeldung/18.4.

Turkish Airlines
Die Linienflüge von Turkish Airlines von und nach Tbilissi sind vorläufig eingestellt. Nach Auskunft der Fluglinie gehen die Verhandlungen mit den georgischen Behörden um eine Lösung der landerechte zwar weiter, es werden jedoch keine neuen Buchungen angenommen. Bereits gebuchte Flüge werden zurückerstattet oder übr andere Airlines abgewickelt.
Eigenmeldung/18.4.

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