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Schätze aus dem Land des Goldenen Vlies werden seit November 2002
und bis 1. Juni 2003 im Museum Wiesbaden in einer Sonderschau gezeigt.
Dabei handelt es sich um die Ausstellung, die bereits vom Oktober
2001 bis Mai 2002 im Deutschen Bergbaumuseum in Bochum großes Interesse
gefunden hatte. Diese Information zur Genese der Ausstellung ist
wichtig, um zu verstehen, warum in Wiesbaden nicht nur herrliche
Exponate aus dem schier unermesslichen Bestand georgischer Schatzkammern
gezeigt werden. Das Konzept, das diese Ausstellung mit rund 700
Exponaten aus 90 Fundorten Georgiens so informativ macht, liegt
in der Darstellung des handwerklichen Hintergrundes dieses immensen
Reichtums an uralten Kunstgegenständen. Gezeigt wird für alle Werkstoffe
der gesamte Vorgang vom Gewinnen der Erze über die Veredelung der
Rohstoffe zu gebrauchsfähigen Metallen bis hin zur Nutzanwendung,
zu Werkzeugen also, zu Waffen und zu filigranem Goldschmuck, dessen
Prachtstücke zweifelsohne den Höhepunkt dieser Schau darstellen
und den Titel von den georgischen Schätzen rechtfertigen.
Die Macher der Ausstellung spannen daneben einen großen Informationsbogen
von den großen Mythen der Antike, die im Land zwischen Großem und
Kleinen Kaukasus spielen, bis hin zur Aktualität unserer Tage, wobei
die Informationen über die politische Gegenwart und jüngere Vergangenheit
teilweise mehr als fragwürdig erscheinen. Davon später mehr, bleiben
wir zunächst einmal beim archäologischen Kern der Schau.
Das Museum Wiesbaden schreibt in seiner Internet-Seite (www.museum-wiesbaden.de
) zum prähistorischen Hintergrund:
Das alte Georgien liegt am Fuße des Kaukasus-Gebirges und an der
östlichen Küste des Schwarzmeeres. Zahlreiche Legenden der Antike
spielen in dieser Region: Prometheus, in der griechischen Überlieferung
Schöpfer des Menschen, war dort an den Felsen geschmiedet. Andere
Mythen, wie etwa derjenige um Jason und die Argonauten, die mit
Hilfe der des Heilens kundigen Medea das sagenhafte Goldene Vlies
entführen wollten, erinnern daran, dass der Reichtum des wegen seiner
besonders günstigen natürlichen Bedingungen früh besiedelten Landes
schon in der Antike immer wieder Eroberer anlockte (Das goldene
Vlies war ein Lammfell, welches anstelle eines Siebes zum Auswaschen
von Flussgold benutzt wurde).
Die Ausstellung macht mittels Nachbauten antiker Schiffsarchitekturen,
großformatiger Bildtafeln und Videos aber auch die Legendenbildungen
um diese Region und eine bis ins 10. Jahrtausend vor Christus zurückreichende
Geschichte der Kultur und der Lebensweise dieses Landes lebendig.
Das älteste in der Ausstellung gezeigte Fundstück wird in das 5.
vorchristliche Jahrtausend datiert. Nach jüngsten Erkenntnissen
haben bereits vor mehr als 1,75 Millionen Jahren Menschen in Georgien
gelebt. Der bekannte Schädelfund von Dmanisi stammt vermutlich sogar
vom ältesten Menschen des gesamten westlichen Eurasiens. Primitive
Steinwerkzeuge lassen Rückschlüsse auf seine Lebensweise zu. (Siehe
auch: Vierter
Urzeitschädel in Dmanissi gefunden in georgien-news vom August
2002).
Intensive archäologische Forschungen haben in den vergangenen Jahren reiches Material zur Entwicklung Georgiens von der frühen Steinzeit bis zum späten Mittelalter erbracht. Die Erkenntnis, dass Gold, Silber, Kupfer, Eisen und andere Metalle hier bereits in sehr früher Zeit bergmännisch abgebaut, bearbeitet und gehandelt worden sind, erhellt einen wesentlichen Hintergrund früher gesellschaftlicher Entwicklungen, verweist aber auch auf die engen Beziehungen Georgiens zu den Hochkulturen der Antike in Mesopotamien, Anatolien und der Ägäis. Das "goldreiche Kolchis", dessen Blüte in die Zeit vom 7. - 4. Jahrhundert vor Christus fällt, wird schon bei Herodot, Aristoteles, Plinius und anderen griechischen und römischen Autoren erwähnt.
Besonders eindrucksvoll sind die beiden Säle mit den wichtigsten
Kunstschätzen aus dieser Zeit. Einmal der Saal, in der Stelen artigen
kleinen Vitrinen zu einer Installation angeordnet sind, die der
Architektur des Jason-Schiffs „Argo“ nachempfunden ist - eine Hommage
an den ersten Touristen Georgiens. Oder der erste Saal, in dem unter
anderen die Grabfunde aus dem westgeorgischen Wani ausgestellt sind:
Wunderschöne Goldarbeiten, Diademe, Ketten und Armreife, die normalerweise
in der Schatzkammer des Historischen Museums in Tbilissi oder (in
Kopie) im Museum bei dem auf alle Fälle sehenswerten Ausgrabungsgelände
in Wani zu sehen sind (siehe auch: Die
Schatzkammer des Historischen Museums in Tbilissi, GN vom 6.
November 2002). In diesem wesentlichen Teil besticht
die Ausstellung durch die Qualität der Exponate und deren Präsentation:
unbedingt und uneingeschränkt sehenswert. Die Bilder, die GN mit
einer Sondergenehmigung der Museumsleitung in Wiesbaden hat machen
dürfen, sprechen für sich. Natürlich weiß jeder, der die Museen
der georgischen Hauptstadt Tbilissi gesehen hat, dass da nicht viel
mehr als ein paar Appetithappen den Weg ins alte Europa gefunden
haben. Die Schatzkammern in Georgien quellen über von Grabungsfunden
dieser Qualität.
Umso unverständlicher sind dafür die Schwächen des aktuellen Informationsteils,
zumal diesem mit einem großen halbrunden Saal und gut einem Dutzend
Vitrinen reichlicher und prominenter Platz gewidmet wurde. Man kann
sich des Eindrucks kaum erwehren, dass da noch zuviel des alten
sozialistischen Museumsgeistes waltete, zumindest bei den Vorgaben
der georgischen Macher der Ausstellung. Da werden Farbdias von Georgien
in durchaus bescheidener Qualität gezeigt, also ob es in den Spezial-Archiven
des Landes nicht wirklich brillantes Zelluloid-Material gäbe. Da
wird noch immer die Legende vom größten Teeproduzenten der ehemaligen
Sowjetunion transportiert, als ob der Weltmarkt, dem sich Georgien
nach der politischen Wende stellen musste, nicht schon längst die
Antwort gegeben hätte: kaum konkurrenzfähig. Und da zeigt man in
einer Vitrine mit dem Thema „Gegenwart und politisches System“ ausgerechnet
eine Handvoll georgischer Landser auf ein paar Panzern, als ob das
allseits bekannte völlig unterfinanzierte und heruntergekommene
Militär Georgiens tatsächlich der Nabel der modernen Demokratie
im Lande sei. Und die deutsche Museums-Führerin stellt die leider
ebenso bekannten wie undifferenzierten Klischees von der schwierigen
wirtschaftlichen und sozialen Lage im Lande in direkten Kontrast
zur Armee, als ob es dieser wesentlich besser ginge als dem Rest
der angeblich völlig verarmten Gesellschaft. Das Gegenteil von allem
stimmt, wie jeder weiß, der einmal einen Blick hinter die Verteidigungskulisse
des selbsternannten NATO-Beitrittskandidaten hat werfen können und
um die in den letzten Jahren durchaus gestiegene Kaufkraft, die
der prosperierenden georgischen Schattenwirtschaft zu verdanken
ist, weiß.
Völlig unverständlich und eher peinlich wird dann, wie mit einem Foto vom historischen Strickjacken-Treffen von Kohl und Gorbatschow im (Nord!!)-Kaukasus versucht wird, einen aktiven Bezug Georgiens zur jüngsten politischen Geschichte des deutschen Gastgebers dieser Ausstellung herzustellen. Der wirkliche Beitrag Georgiens zur deutschen Einheit liegt darin, dass der damalige Außenminister der UdSSR zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal im Traum ahnen konnte, dass er wenige Jahre später als Präsident eines unabhängigen Staates Georgien auf die politische und wirtschaftliche Unterstützung seines Freundes Hans-Dietrich Genscher und dessen Landes würde angewiesen sein. Wie lange will man mit dem Pfund Schewardnadse noch hausieren gehen?
Die Informationen georgischer Archäologen über die Jahrtausende vor Christus erscheinen dagegen weitaus glaubwürdiger und präziser als das, was sie zur Gegenwart ihres Landes zusammengetragen haben. Schade nur, dass deutsche Museen dies alles kritiklos übersehen, anstandslos übernehmen und den Besuchern der Ausstellung damit ein völlig schiefes Bild von der georgischen Gegenwart vermitteln. Das soll aber dem unschätzbaren Wert des archäologischen Teils dieser Ausstellung keinen Abbruch tun.
Text und Fotos: Rainer Kaufmann
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Mehr Informationen
Artikel aus www.georgien-news.de
Museum Wiesbaden
www.museum-wiesbaden.de
Katalog
Unbedingt lesenswert ist der üppige Katalog
den das Bergbaumuseum Bochum im Jahr 2001 herausgebracht hat.
500 Seiten mit allen Exponaten und vielen wissenschaftlichen Abhandlungen.
Preis € 25,--.
ISBN: 3-921533-84-8
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Stadtplan Wiesbaden
Musem Wiesbaden
Präsidiales Grußwort
Bronzeschmuck
Bronzeschmuck
Ritualaxt
Metallgegenstände
Gürtelschließen
Sonnenrad
Gürtelschließe
Äxte
Frauenstatue
Fotografischer Fehlgriff: Georgien heute
Geschichtsklitterung: Georgien und die Wiedervereinigung
Goldschmuck aus Wani
Die Großeltern Europas?
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