Zugegeben, nach den Edelrestaurants, die wir in unserer Serie bisher vorgestellt haben, stellt das Chinkali-Zentrum am Rustaweli-Prospekt ein Kontrastprogramm dar. Kein Edelschuppen, keine Parkplätze für große Karossen, keine schwarz bejackte Security. Dafür Georgien im Original, das heißt sechs verschiedene Sorten von Chinkali, natürlich auch Chatschapuri, Katleti und Mzwadi.

Die Kellerkneipe ist nicht leicht zu finden. Sie ist in dem großen Jugendstilkomplex, in dem sich der Supermarkt „Semel“ und verschiedene Abteilungen des Kulturministeriums befinden. Der genaue Standort: Rustaveli-Prospekt 37. Der Eingang, schwer zu erkennen, findet sich unter einer Arkade in der Mitte des Hauses, ein kleines Transparent unterhalb der Werbung für das Cafe Montmartre mach auf das „Khinkal-Center“ aufmerksam. Eine Treppe führt zu den drei Restauranträumen im Keller.



Die Ausstatung ist einfach, so wie man es in einer Chinkalnaja eben gewohnt ist: überwiegend Holztische und -stühle, kahle Wände, kaum Gemütlichkeit oder Wärme. Rund 120 Sitzplätze hat das Chinkali-Zentrum, das vor einem Jahr erst eröffnet wurde und bei Georgiern sehr beliebt ist. Es sollen sich aber auch schon einige Ausländer hierher verirrt haben, angelockt von den verschiedenen Chinkali-Variationen, die es hier gibt. Normalerweise wird nur eine Chinkali-Art angeboten, die mit Schweine- und Rinderhackfleisch. Chinkali bestellt man im Stück, wobei ein ernährungsbewusster europäischer Magen neben einem Salat oft genug Probleme hat, fünf Chinkali zu verarbeiten. Ein normal ausgestatteter kaukasischer Magen fühlt sich mit weniger als fünf Chinkali mehr oder weniger geärgert, ein Chatschapuri als Vorspeise und Mzwadi als Hauptgang nicht eingerechnet. Ein Chinkali kostet im Chinkali-Zentrum 30 – 40 Tetri, da kann man also für wenig Geld durchaus vernünftig satt werden. Die Qualität ist überdurchschnittlich gut, ein entsprechend vorgebildetes Testerteam von Georgien-News hat sich davon überzeugt.

Chinkali ißt man mit der Hand, indem man die Nudeltasche an der Seite anbeißt, den würzigen Fleischsaft auszuzelt – wie man in Bayern sagen würde – und dann den Rest, Teig und Fleischfüllung, aufisst. Den dicken Knoten, mit dem die kunstvoll gefalteten Teigtaschen geschlossen werden, darf man auf dem Teller liegen lassen. Niemals isst man Chinkali mit Messer und Gabel, der eigentliche Genuß der Chinkali, der Fleischsaft, würde sich nur auf dem Teller verteilen und nicht im Gaumen. Wem die Chinkali zu heiß sind, um sie mit der Hand zu essen, der kann mit der Gabel vorsichtig in den Knoten einstechen und den Chinkali mit dieser kleinen technischen Hilfe zum Mund führen. Danach bleibt es dabei: an der Seite anbeißen, auszuzeln und dann die Festmasse essen. Vorsicht, wenn Sie von Georgiern begleitet werden, normalerweise werden die Chinkali, die immer tischweise auf einem großen Teller serviert werden, heftig mit gemahlenem Pfeffer bestreut. Wer`s weniger scharf mag, sollte sich seine Portion vorher auf seinen Teller legen.



Im Chinkali-Zentrum kann man unter folgenden Sorten wählen, wobei sich vor allem Vegetarier freuen, für sie gibt es drei verschiedene Sorten. Man/frau ist also nicht unbedingt auf Fleischverzehr festgelegt, wenn man sich an der georgischen Nationalspeise erfreuen möchte. Hier die Auswahl aus dem Chinkali-Zentrum:

Chinkali Nagdi
Das sind die echten Chinkali, gefüllt mit scharf gewürztem Hammelfleisch. Die graue Farbe kommt vom dunklen Mehl, das für diese Chinkali verwendet wird.

Chinkali Mocheuri
Der Teig wird aus weißem Mehl gemacht, die Füllung besteht aus Rinder- und Schweinefleisch.

Chinkali Tbilisuri
Wie Chinkali Mocheuri, aber mit viel Grünzeug gewürzt.

Chinkali Kwelit (mit Käse)
Wie der Name schon sagt, sind das vegetarische Chinkali, gefüllt mit Käse.

Chinkali Sokoti (mit Pilzen)
Auch leicht zu erklären, die Füllmasse besteht aus Pilzen.

Chinkali Kartopilit
Die dritte vegetarische Variation ist mit einer ansprechenden Kartoffelfüllung ausgestattet.

Die übrige Speisekarte ist georgisch und überaus preiswert, ein Riesenchatschapuri für sechs Personen kostet 2,50 GEL, eine Portion Schaschlik 4 GEL. Gute Tafelweine gibt es zwischen 3 und 10 GEL pro Liter.

Das Chinkali-Zentrum beschäftigt rund 25 Personen pro Tag, allein elf in der Küche,das zeigt, dass sich das Restaurant eines guten Zuspruchs erfreut. Das Falten der Chinkali ist arbeitsintensiv, eine georgische Hausfrau, die etwas auf sich hält, wird nicht weniger als 19 Falten in die Teigtaschen knubbeln. Die Chinkali vom Rustaweli-Chinkali-Zentrum würden jeder georgischen Hausfrau zur Ehre gereichen, wie unser Foto beweist. Verbesserungsbedürftig, das wissen auch Inhaber und Manager, ist lediglich der Service. Aber da hat man angesichts der Konkurrenz an prestige-trächtigeren Arbeitsplätzen seine Probleme. Übrigens: Chinkali aus dem Chinkali-Zentrum soll es künftig auch im Home-Service geben, allerdings sollte es schon eine Gesellschaft von mindestens zehn Personen sein, damit sich die Sache für das Restaurant auch lohnt. Reservierungen, falls Sie in Kompaniestärke einfallen wollen, und Bestellungen für den Home-Service werden unter der Telefonnummer 877 – 425819 entgegengenommen.



Text und Fotos: Irina Epitaschwili

Georgien-News wird in seiner nächsten Ausgabe im Rahmen der Serie „Neue georgische Küche“ ein paar zusätzliche Chinkali-Variationen ausprobieren. Ein paar Ideen vorab: Lachs-Chinkali, Gemüse-Chinkali, Chinkali als Dessert. Wenn Sie eine gute Idee für neue Chinkali-Variationen haben, schreiben Sie uns unter erka@wanex.net . Wir werden die besten Ideen vorstellen und mit einem üppigen Chinkali-Essen für fünf Personen im Chinkali-Zentrum prämieren.
























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