Es war wohl etwas ehrgeizig von der EXPO Georgia, die vierte Internationale
Lebensmittelmesse in Georgien ausgerechnet auf dasselbe Datum zu
legen wie eine gleiche Veranstaltung in Moskau. Ein Teil der georgischen
Lebensmittelindustrie entschied sich für die wichtigere und
vor allem für marktnähere Messe in der russischen Hauptstadt,
sodass in der Messehalle in Didube gerade einmal 31 Stände
besetzt waren. Und dabei glänzte die georgische Lebensmittelindustrie,
ein Wirtschaftszweig mit Zukunft, durch nahezu kollektive Abwesenheit.
Lediglich zwei Brauereien, zwei Eiscreme-Hersteller, zwei Weinanbieter
und ein Kognak-Klassiker zeigten ihre Produkte. So war denn auch
in der Messehalle selbst bei der offiziellen Eröffnung eher
gähnende Leere statt der dringend nötigen Aufbruchsstimmung
zu verzeichnen.
Agro-Food-Drink-Tech (AFDT) nennt sich diese als international
angekündigte Messe etwas vollmundig und verspricht Agrarerzeugnisse,
Lebensmittel, Getränke, Verpackungen und Ausrüstung
zur Lebensmittelverarbeitung. Von letzterem war recht wenig zu
sehen, wenn man einmal von einer türkischen Firma absieht,
die Ausrüstungen für Getreidemühlen anbietet. In
Georgien hat sie bereits vier Kunden, die insgesamt rund eine
Million $ investiert hätten. Mit der Präsenz bei der
4. AFDT erhofft man sich Kontakte zu neuen Investoren.
Etwas kleinere Brötchen will der Importeuer der italienischen
Marke Ferrari backen, der sich auf Ausrüstung für kleine
Weinbaubetriebe spezialisiert hat. Wer rund 1.500 - 2.000 $ investieren
kann, ist dann in der Lage, seinen "Bauernwein" zu filtrieren,
abzufüllen und zu verkorken und kann sich so am wachsenden
Weinmarkt wie die großen Profis präsentieren. Wieviele
der Tausende kleiner Privatwinzer im Lande, die sich den lokalen
Markt an offenen Weinen teilen oder auch nur für den Hausgebrauch
arbeiten, für dieses Angebot interessieren, war nicht zu
erfahren. Der Importeur ist erst seit ein paar Monaten im Geschäft
und ausserdem mangelt es ihm am nötigen Kleingeld für
die Werbung. Die Messe solls dann eben richten. Ähnlich ergeht
es einer Gruppe französischer Hersteller von Wein-Zubehör,
hauptsächlich Etiketten und Korken zum Beispiel. Mit der
erstmaligen Beschickung der wichtigsten georgischen Messe will
man einfach einmal den Markt ausloten. Einen Kunden hat man bereits.
In Georgien ansässig ist die Firma Agritechnics, die überwiegend
als Importeur von Früchten und tiefgefrorenen Hühnern
bekannt ist. Agritechnics will aber in einem eigenen Department
auch zur Entwicklung in der georgischen Landwirtschaft beitragen,
Pflanzenschutzmittel (u.a. BASF) und vor allem Tröpfchenbewässerungen
sollen für Wachstum auf dem Boden und in den Geschäftsbüchern
von Agritechnics sorgen. Immerhin ein interessanter Ansatz, da
durch die Zerstörung der grossflächigen Bewässerungssysteme
aus der Sowjetzeit manch eine landwirtschaftliche Kultur nur durch
individuelle Bewässerungsmassnahmen erfolgversprechend angegangen
werden kann.
Recht gut im Geschäft ist bereits ein österreichischer
Hersteller von Gewürzmischungen und Essenzen für die
Lebensmittelherstellung. Metzgereien, Saft- und Weinhersteller
sind seine Kunden.
Das Biergeschäft ist weitgehend ausgereizt, der Markt ist
aufgeteilt zwischen den früheren Partnern ARGO und Kasbeghi
und ein paar Importeueren. Beide präsentieren sich mit einigen
Neuheiten, Argo zum Beispiel mit einem hellen und alkolhoarmen
Bier, das speziell für Frauen gebraut werden soll, während
Kasbeghi seine Produktlinien ausbaut und mittlerweile auch Röstkaffee,
Mineralwasser und seine Eistee-Mischungen anbietet. Mit letzteren
sei man im Export recht erfolgreich, vor allem in den USA und
im Irak. Trotzdem bestätigen beide, dass auch der Inlandsmarkt
nach wie vor steige, ein Zeichen dafür, dass Kaufkraft und
Konsum kräftig ansteigen.
Vom wachsenden Konsumverhalten der Georgier profitiert auch die
CARTU-Gruppe, die auf der Messe verschiedene Eiskreationen und
Kekse vorstellte, alles im oberen Qualitätssegment. CARTU
produziert ausschliesslich für den heimischen Markt und berichtet
ebenso von gewaltigen Umsatzsteigerungen der letzten Jahre.
Mit den massenhaften Eiereinfuhren aus der Türkei soll es
bald ein Ende haben, verspricht eine Eierfarm aus Bolnisi, die
1999 angefangen hat und derzeit rund 100.000 Eier pro Tag in den
georgischen Markt liefert. Zwei weitere Betriebe dieser Art gibt
es schon, beide etwas doppelt so gross, und der Besitzer von 120.000
Legehennen, die zwar in Käfigen gehalten werden aber mit
ökologisch sauberem Futter gefüttert werden, erklärt,
dass man zu Dritt vielleicht 20 % des georgischen Verbrauchs wieder
Produkten beliefere, die im Inland erzeugt würden.
Bliebe noch der Kognak-Klassiker Saridjischwili, der mit einer
umfangreichen Produktpalette eher sein Image pflegen wollte, denn
wirklich Geschäfte machen. Zum Geschäfte machen ist
der Messeplatz Tbilissi eher weniger geeignet. Die Destille verkauft
denn auch über 60 % im Ausland, allerdings fast nur in Russland,
wo man nach wie vor mit dem Begriff Kognak arbeitet. Da sind Westexporte
kaum möglich.
Völlig abwesend waren zum die gesamte Weinwirtschaft, die
Ost- und Gemüsewirtschaft, die Fleisch- und Wursterzeugung,
obwohl all diese Branchen durchaus steigende Markterfolge verzeichnen.
Die Messe in Didube scheint aber nicht der Ort zu sein, diese
zu präsentieren oder neue anzugehen.
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