Gemeinsame
Justizstandards
GTZ-Konferenz der obersten Gerichte Georgiens, Armeniens und Aserbaidschans
Anfang Dezember haben die hochsten Richter der drei sudkaukasichen
Lander in einer Konferenz, die von der deutschen GTZ veanstaltet
wurde, gemeinsame Empfehlungen fur die "Endgultigkeit der
richterlichen Entscheidung und die Durchsetzung ihrer Rechtskraft"
beschlossen. Hinter diesem etwas droge anmutendten Titel verbirgt
sich nichts anderes als der endgultige Abschied vom Justizsystem
der Sowjetunion. In diesem unterlagen selbst hochstrichterliche
Entscheidungen der Revision durch den Prasidenten des Verfassungsgerichts
oder den Generalstaatsanwalt und damit der politischen Willkur.
In den drei sudkaukasischen Landern ist die Reform des Justizsystems
unterschiedlich fortgeschritten, wobei Georgien auf diesem Gebiet
eine fuhrende Rolle in allen Staaten der ehemaligen Sowjetunion
einnimmt.
Die Empfehlungen der Konferenz, an der auch Experten aus der
Bundesrepublik, u.a. der ehemalige Prasident des BGH Dr. Geiss
Karlmann und der ehemalige Vizeprasident des BGH Burkhard Jahnke
teilnahmen, sehen vor, dass Prozesse in nicht mehr als drei Instanzen
zu einer endgultigen Entscheidung gebracht werden sollen. Die
Entscheidung der letzten Istanz hat Rechtskraft, sie darf keiner
keiner weiteren Kontrolle unterliegen.
Die Verhandlung vor der dritten Instanz, also dem oberste Gerichtshof,
sollte auch als kontradiktorisches Verfahren ablaufen, sich allerdings
nur auf die Beurteilung von Rechtsfragen beschranken. Die dritte
Instanz sollte das Recht haben, ein Urteil zu fallen, wenn festgestellt
wurde, dass die Vorinstanzen in ihrer Beweiserhebung keine Fehler
begangen haben und die Tatsachenlage eindeutig ist. Ein Verweis
an ein unteres Gericht zur Neuverhandlung widerspricht dem Grundsatz
der Prozessokonomie und soll vermieden werden.
Eine klare Definition der Rolle des Richters, die sich deutlich
von der des fruheren Rechtssystems unterscheidet, wurde ebenfalls
gemeinsam festgelegt. Danach ist es die selbstverstandliche Aufgabe
des Richters, das Gesetz in eigener Verantwortung und nach seiner
inneren Uberzeugung auszulegen. Diese Auslegung muss sich wahrend
des Prozesses bilden. Eine Unterscheidung zwischen offizieller
und nicht-offizieller Rechtsauslegung, wie sie im sowjetischen
System ublich war, und die Delegation dieser Auslegung an Gremien
ausserhalb des prozessualen Vorgehens, widersprechen den Grundsatzen
einer rechtsstaatlichen Gewaltenteilung und sollten deshalb aufgegeben
werden.
Desweiteren fordern die Richter, dass die Gerichtssysteme in
einer angemessenen Frist zu endgultigen Entscheidungen zu kommen
hatten. Dies wird als wichtiger Beitrag zum Rechtsfrieden bewertet.
Zudem musse der Staat dafur Sorge tragen, dass armen Bevolkerungskreisen
der Zugang zu den Gerichten nicht aus finanziellen Grunden verbaut
werde.
Ein Gro?teil dieser Reformen ist in Georgien bereits umgesetzt,
wie Lado Tschanturia, der Prasident des Obersten Gerichtshofes
Georgiens, in einer Stellungnahme erklarte. Die gemeinsame Konferenz
sollte, wie die Experten der GTZ erklarten, die Integration der
drei Kaukasus-Lander auch auf juristischem Gebiet voranbringen.
|