Neuer
Parteienblock?
Burgerunion und Sozialisten wollen gemeinsam marschieren
Auf der Suche nach neuen Koalitionspartnern ist Awtandil Dschorbenadse,
der Vorsitzende der Schewardnadse nahestehenden Burgerunion, auf
einen Partner gestossen, der bisher vor allem als Kritiker des
Prasidenten hervorgetreten ist: Wachtang Rcheulischwili und seine
Sozialistische Partei. Bei den vergangenen Parlamentswahlen sind
die Sozialisten zusammen mit der Aslan-Abaschidse-Partei "Aghorzineba
- Wiedergeburt" angetreten, die damals in strenger Opposition
zu Schewardnadse stand. Rcheulischwili, Vizeprasident des georgischen
Parlaments, selbst wollte fur die Burgerunion Schewardnadses damals
einen Platz im "Mulleimer der Geschichte" finden. Jetzt
scheint er selbst unter das Dach der Prasidenten-Partei geschlupft
zu sein, nachdem ihn dieser zu seinem "Personlichen Beauftragten
fur die Regelung des Sudossetien-Konflikts" ernannt hatte.
Solche ehrenvollen Aufgaben haben anscheinend von Zeit zu Zeit
Konjunktur. Vor einem Jahr, als Schewardnadse seiner Parlamentsmehrheit
verlustig wurde, ernannte er seinen Erzrivalen Aslan Abaschidse
aus Adscharien zum Personlichen Beauftragten im Abchasienkonflikt,
um sich damit, wenigstens kurzzeitig, die Unterstutzung der Parlamentarier
aus Abaschidses Partei im Parlament zu sichern.
Beide Parteichef, Rcheulischwili und Dschorbenadse, vereinbarten
eine enge Kooperation, wenngleich es derzeit eher den Anschein
hat, als wurden beide getrennt zu den nachsten Wahlen antreten.
Rcheulischwili, der in jungster Vergangenheit mehrfach die Burgerunion
gegen die parlamentarische Opposition unterstutzt hatte, nannte
die neue Parteienfreundschaft kurz und bundig "Partnerschaft
fur den Frieden". Bei den vergangenen Parlaments-Nachwahl
im Tbilisser Stadtbezirk Saburtalo, wo die Sozialisten zugunsten
eines Burgerunions-Mannes auf einen eigenen Kandidaten verzichteten.
Mit Erfolg, der Kandidat Schewardnadses gewann den Wahlkreis.
Mit den Sozialisten, der Allianz fur ein neues Georgien und der
Einheitspartei hat die stark geschrumpfte Regierungspartei Burgerunion
jetzt wieder eine starkere parlamentarische Basis, wenngleich
sie noch nicht uber die Mehrheit der Stimmen verfugt. Auch wenn
ein paar weitere Koalitionskandidaten bereitstehen, wird es kaum
reichen, die erforderlichen 118 Stimmen auf die Beine zu bringen.
So muss Awtandil Dschorbenadse, sofern er das Parlament zum Regieren
benotigt, sich seine Mehrheiten im Einzelfalle zusammen sammeln.
Eine effektive Gesetzgebungsarbeit, die das Parlament noch vor
zwei Jahren ausgezeichnet hatte, ist derzeit kaum zu erwarten.
Trotz dieser chaotischen Situation ist es dem Prasidenten immer
wieder gelungen, wichtige Vorhaben, wie etwa den Etat, durchs
Parlament zu bringen. Georgische Losung - hinter den Kulissen,
nennt man diesen Vorgang.
Mit der Allianz von Burgerunion und Sozialisten kristallisiert
sich ein Gegenblock zur Opposition unter Surab Schwania und Michael
Saakaschwili heraus. Unklar ist derzeit noch, auf welche Seite
sich letztendlich die Neuen Rechten und die Industrialisten schlagen.
Wachtang Rcheulischwili ist mittlerweile zu seiner ersten Mission
als prasidialer Beauftragter nach Moskau abgeflogen. Dort will
er das Sudossetien-Problem ansprechen und sich danach sofort mit
dem Separatisten-Prasidenten Eduard Kochoyti treffen. Dieser hat
bereits angekundigt, mit jedem reden zu wollen, der eine positive
Einstellung zur Sache mitbringe. In diesem Stil hat vor einem
Jahr auch die Mission von Aslan Abaschidse in Sachen Abchasien
angefangen.
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