Nur wenige, die Georgien bereisen oder dort für
geraume Zeit leben, schaffen es, der abgelegenen Bergprovinz Swanetien
einen Besuch abzustatten. Zum einen ist die Anfahrt über die Ingurischlucht
recht beschwerlich, man muss sich mindestens vier bis fünf Tage Zeit
nehmen, wenn man auch nur die wichtigsten Plätze dieses herrlichen
Landstrichs besuchen will. Für Bildungsreisende mit einem normalen
Zeitkonto ist dies angesichts der Vielfalt der ansonsten im Land vorhandenen
Reiseziele nur selten einzuplanen. Außerdem gilt nach wie vor: Swanetien
ist ein besonderes Revier, das man ohne hinreichend eingeführte und
in der lokalen Gesellschaft vernetzte Führer besuchen sollte. GN
stellt im März und April in zwei ausführlichen Fotostrecken
diesen einmalig schönen Landstrich vor. Bis dahin hatte nur ein kleiner Trampelpfade in die unzugängliche Bergwelt Swanetiens geführt, einer der Gründe dafür, dass sich die Swanen ihre archaische Kultur, ihre in Jahrhunderten gewachsene Clanstruktur bis heute haben erhalten können. Oberswanetien nennt sich stolz das "Freie Swanetien", weil es sich niemals irgendwelchen Feudalherren, weder einheimischen noch fremden, unterwerfen musste, und wenn, dann nur auf dem Papier. Ob dies ganz der historischen Wahrheit entspricht, sei dahingestellt. Tatsache ist zumindest, dass die Swanen, die nicht umsonst die Leibgarde der Königin Tamara gebildet haben sollen, bis 1846 den Russen und ihren Annexionsansprüchen trotzdem, während Ostgeorgien bereits 1801, Westgeorgien 1810 dem Zarenreich eingegliedert wurden. Später mussten sie auch der Sowjetmacht ihren Tribut zollen, wenngleich sie nicht immer alles ausführten, was ihnen die roten Zaren vorschrieben. Noch heute tut sich die Zentralregierung in Tbilissi manchmal recht schwer, sich mit ihren Gesetzen und Normen auch in Swanetien Geltung zu verschaffen. (Fortsetzung am 2. April) |